NFL

Werner: "Ich werde bestimmt irre"

Von Interview: Florian Regelmann
Björn Werner will ab der neuen Saison in der NFL durchstarten
© getty

In der Nacht auf Freitag (2 Uhr im LIVE-TICKER) findet in der Radio City Music Hall zu New York der NFL Draft 2013 statt. Aus deutscher Sicht ein ganz besonderer Draft, denn mit Björn Werner kommt eines der größten Talente aus Berlin. Der 22-jährige Defensive End spricht kurz vor dem Draft im SPOX-Interview über seinen großen Moment, Tafeldienst und den Dirk-Nowitzki-Vergleich.

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SPOX: Björn, unser letztes Interview haben wir kurz vor dem Orange Bowl geführt. Wie haben Sie die Zeit seitdem erlebt?

Björn Werner: Es war viel los. (lacht) Es war und ist natürlich eine aufregende Zeit für mich. Nach dem Orange Bowl war ich erst mal acht Wochen in Florida, um für den NFL Combine zu trainieren. Danach habe ich noch weitere drei Wochen für den Pro Day trainiert. Dazu kamen Besuche bei verschiedenen Teams...

SPOX: Bei welchen?

Werner: Das darf ich euch nicht sagen, streng geheim. Ich hatte Dinner mit verschiedenen Klubs, einige haben mich jetzt noch einmal eingeflogen, um Interviews zu machen. Und ansonsten habe ich einfach in Tallahassee weiter trainiert, um die Zeit zum Draft zu killen. Jetzt sind es zum Glück nur noch ein paar Tage und dann geht das NFL-Abenteuer für mich so richtig los.

SPOX: Sie haben den Combine angesprochen. Eine harte Erfahrung?

Werner: Auf jeden Fall. Ich bin froh, dass ich eingeladen wurde, aber diese vier Tage waren echt erschöpfend. Der Pro Day war auch anstrengend, aber der Combine war härter. Allein wie alle Leute darauf schauen, wie du den 40-Yard-Dash rennst. Das ist schon ein ziemlich großer Druck für die Spieler. Das Anstrengendste war aber vor allem die mentale Seite. Du musst so viele Stationen durchlaufen, du bist bei den NFL-Ärzten, du hast Interviews, du musst psychologische Tests machen - ich war am Abend hundemüde.

SPOX: Wie haben Sie diese Tests erlebt?

Werner: Ich glaube, sie stellen dir 200 Fragen und wollen in erster Linie sehen, ob du dich konzentrieren kannst. Sie sagen dir auch nicht, wie gut du dich geschlagen hast. Aber es war okay, denke ich.

SPOX: Wie sind die Interviews mit den Teams abgelaufen?

Werner: Es waren immer so um die 15 Minuten, von denen ich die eine Hälfte meine Geschichte erzählt habe und die andere Hälfte musste ich wie in der Schule an die Tafel. Da wollten sie, dass ich verschiedene Spielzüge aufmale. Sie wollten meinen Football-Verstand testen. Das Feedback, das ich bekommen habe, war positiv. Ein Pluspunkt ist bei mir auch, dass ich keinerlei Probleme habe, wie es teilweise bei anderen Spielern ja schon einmal vorkam. Ich saß noch nicht im Gefängnis, wurde nicht verhaftet, alles gut. (lacht).

SPOX: In den Mock-Drafts waren Sie lange ein sicherer Top-10-Pick, in letzter Zeit sind Sie aber etwas gefallen. Was ist Ihre Erklärung dafür?

Werner: Meiner Meinung nach ist das einfach eine Mediengeschichte. Die Journalisten wollen es interessant halten, es ist ihr Job, diese Spekulationen anzustellen. Ich weiß, dass ich positives Feedback bekommen habe und bin guter Dinge. Selbst wenn ich etwas später gezogen werden sollte, ist das ja kein Drama. Es wäre immer noch super. Es ist eine Win-Win-Situation für mich, deshalb kann ich ganz entspannt bleiben.

SPOX: Und wie ist Ihre Prognose?

Werner: Ich habe ein sehr gutes Gefühl, dass ich in der ersten Runde meinen Namen hören werde.

SPOX: Haben Sie in den Gesprächen mit den NFL-Teams gespürt, dass es vielleicht manch Vorurteil gibt? Deutscher, hat erst spät mit Football angefangen, da lassen wir lieber die Finger von.

Werner: Eigentlich gar nicht. Beim Draft werden viele Spieler ausgewählt, die noch weniger Football gespielt haben als ich. Die Teams achten mehr auf das Potenzial, das ein Spieler besitzt. Was sie aus einem Spieler herausholen können, ist entscheidend.

SPOX: Sie haben sich sicher schon in Gedanken vorgestellt, wie es sein wird, wenn Ihr Name genannt wird. Gänsehaut?

Werner: Allein der Gedanke ist der Wahnsinn. Ich werde da sitzen, auf meinen Namen warten und irgendwann wird mein Moment kommen. Ich weiß, dass es verrückt und emotional wird. Das Fernsehen wird ja auch live auf mir drauf sein. Ich werde bestimmt irre. (lacht)

SPOX: Wächst die Anspannung also immer mehr?

Werner: Es ist mehr Vorfreude. Ich kann es einfach kaum abwarten, mein Team zu bekommen, alles kennenzulernen und durchzustarten. Die Mannschaft, die mich draftet, wird mein neues Zuhause.

SPOX: Und die ganze Familie wird live dabei sein, oder?

Werner: Auf jeden Fall. Meine ganze Familie kommt aus Berlin eingeflogen. Die sind alle schon komplett am durchdrehen. Die sind viel nervöser als ich und stressen mich total. (lacht) Ich muss ihnen immer sagen, dass sie mal cool bleiben sollen. Aber sie fiebern einfach alle mit mir mit, auch meine Kumpels in Deutschland, das ist schön.

SPOX: Haben Sie einen Wunsch, was Ihr neues Team angeht?

Werner: Jeder möchte natürlich zu einem guten Team kommen. Und am besten irgendwo hin, wo es sich gut leben lässt. Diese Kriterien erfüllen aber zum Glück die meisten Mannschaften. Gut, ich könnte dort landen, wo es sehr kalt ist, aber das wäre dann eben so. Hauptsache ich kann ab September NFL-Football spielen!

SPOX: Wie geht es nach dem Draft weiter?

Werner: Danach steht erst einmal eine Pressekonferenz mit meinem Team auf dem Programm. Und dann geht es für die Rookies sofort in ein erstes Camp. Mit Urlaub ist da nichts, bis Juli wird durchgepowert. Den Juli haben wir dann frei, ehe ab August die Trainingcamps starten.

SPOX: Wenn ein Deutscher in einer amerikanischen Sportart so für Schlagzeilen sorgt, ist klar, dass ein Vergleich zu Dirk Nowitzki gezogen wird. Wie gehen Sie damit um?

Werner: Es wäre natürlich eine Ehre für mich, wenn ich in seine Fußstapfen treten könnte. Dirk Nowitzki hat es nicht nur in die NBA geschafft, er ist einer der besten Spieler überhaupt geworden. Es ist hart, da an ihn heranzukommen, aber ich werde es versuchen und alles dafür geben. Ich will die NFL in Deutschland populärer machen und helfen, dass Jugendliche wie ich den Weg in die USA machen. In zehn Jahren haben wir hoffentlich einige deutsche NFL-Spieler.

SPOX: Haben Sie sich inzwischen an den Hype um Ihre Person gewöhnt?

Werner: Ich habe zumindest realisiert, dass mein großer Traum jetzt Wirklichkeit wird. Ich habe viele Jahre sehr hart dafür gearbeitet, das zahlt sich jetzt aus. Es gibt mir ein unbeschreibliches Gefühl, dass ich es endlich in die NFL schaffe und dort Football spielen kann. Ich kann das machen, wovon ich immer geträumt habe. Aber jetzt konzentriere ich mich auf den Sport und meine nächsten Ziele: Ich will einer der besten Spieler der NFL werden und den Super Bowl gewinnen. Ich weiß, wie schwer das wird, aber ich werde hart für diese Ziele arbeiten.

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