NBA

NBA: Warum sind die Detroit Pistons so schlecht? Zehn Gründe für die Niederlagenserie

Von Stefan Petri
cunningham-williams
© getty

Die Detroit Pistons haben mit ihrer 28. Niederlage in Folge den saisonübergreifenden Negativrekord der NBA-Historie eingestellt. Wie kann das Team mit dem Nummer-1-Pick Cade Cunningham, mehreren hohen Draft Picks und dem teuersten Head Coach der Liga in Monty Williams so oft in Serie verlieren? SPOX nennt zehn Gründe für die Misere.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Am Sonntag, den 29. Oktober, gewannen die Pistons daheim mit 118:102 gegen die Chicago Bulls. Es war der zweite Sieg im dritten Saisonspiel - niemand hätte sich träumen lassen, dass es in den kommenden zwei Monaten nur noch Niederlagen geben würde, zuletzt in Overtime gegen die Boston Celtics.

Damit steht das Team nicht nur dicht vor dem alleinigen Rekord von 29 Pleiten am Stück, sondern könnte auch die schlechteste NBA-Saison der Geschichte unterbieten: 2011/12 beendeten die Charlotte Bobcats die Spielzeit mit 7 Siegen und 59 Niederlagen.

Vom Teameigner über General Manager Troy Weaver und Head Coach Monty Williams bis zu den Spielern hat jeder seinen Anteil an der Misere - aber auch das öffentliche Interesse arbeitet längst gegen Detroit. SPOX geht auf Spurensuche: Warum sind die Pistons so brutal schlecht?

NBA, Detroit Pistons, Cade Cunningham, Niederlagenserien, San Antonio Spurs, Philadelphia 76ers, Cleveland Cavaliers
© getty

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Das Team ist schlecht

Keine bahnbrechende Erkenntnis, aber sie muss hier zuallererst genannt werden: Die Detroit Pistons sind ein sehr schlechtes Team - und das nicht erst seit der Pleitenserie: Seit dem All-Star Game 2023 im Februar hat das Team von 54 Spielen in der Regular Season unglaubliche 50 verloren. Beschränken wir uns auf die Statistiken in dieser Saison, gibt die Truppe aus Michigan ein erbärmliches Bild ab.

  • Offensive Rating: 107.9 - Platz 28
  • Defensive Rating: 119.0 - Patz 26
  • Net Rating: -11.1 - Platz 29

Schlechter sind in Sachen Net Rating nur die San Antonio Spurs (-11.3), die noch mehr Klatschen kassieren. Aber auch in dieser Hinsicht bekleckern sich die Pistons nicht mit Ruhm: Aus den 28 verlorenen Spielen am Stück verlor man nur sieben mit 6 oder weniger Punkten Differenz. Sechsmal gab es dagegen einen Blowout mit mindestens 20 Punkten Unterschied.

Immerhin zeigte der Trend zuletzt in die richtige Richtung: In den letzten fünf Spielen war man wieder vergleichsweise nah dran (Net Rating: -7.2).

jaden-ivey-dreier
© getty

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Das Team kann nicht von außen werfen

Seit Jahrzehnten steigt die Anzahl der Dreipunktewürfe in der NBA stetig an. Auch wenn zuletzt eine Rückkehr dominanter Bigs wie Nikola Jokic oder Joel Embiid zu beobachten war: Wer den Dreier nicht gut trifft - oder nicht gut verteidigt - wird es mittelfristig schwer haben. Nicht umsonst treffen die besten Teams der Liga ihre Dreier im Schnitt deutlich besser als der Gegner (Minnesota liegt mit +4,1 Prozent auf Rang eins, gefolgt von Milwaukee mit +4,0 und den Sixers mit +3,7).

Wie stehen die Pistons in dieser Hinsicht da?

  • Dreier: 29,9/Spiel - Platz 29
  • Dreierquote: 33,4 Prozent - Platz 30
  • Dreierquote des Gegners: 37,9 Prozent - Platz 24

Heißt: Nur die Magic nehmen so wenige Dreier wie die Pistons und nur die Memphis Grizzlies haben eine genauso schlechte Quote. So trifft Cade Cunningham bei 5,6 Versuchen pro Spiel gerade mal 33,1 Prozent, Jaden Ivey steht bei 29,4 Prozent und Alec Burks bei 32,7 Prozent. Umgekehrt versenken die Gegner fröhlich ihre Würfe von außen.

NBA
© getty

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Das Team schmeißt den Ball weg

Die Pistons sind ein extrem junges Team. Nur vier Spieler im Kader sind älter als 25, darunter der langzeitverletzte Joe Harris (32) und Bojan Bogdanovic, der erst zwölf Spiele absolviert hat. Und was machen junge Teams? Sie fabrizieren Turnover, lassen so Fastbreaks zu - und sie foulen.

  • Ballverluste/Spiel: 16,5 - Platz 29
  • Turnover Ratio: 16,2 Prozent - Platz 29
  • Gegnerische Punkte nach Turnovern/Spiel: 20,3 - Platz 29
  • Fouls/Spiel: 22,9 - Platz 30
  • Gegnerische Freiwürfe/Spiel: 27,6 - Platz 30

Es ließen sich sicherlich noch weitere Statistiken präsentieren, die die Schwäche der Pistons belegen. Andererseits: Viel besser stehen die Spurs oder Wizards in vielerlei Hinsicht auch nicht da. Die Gründe für die Pistons-Misere gehen über die reine Performance auf dem Court hinaus.

killian-hayes
© getty

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Schwächen im Draft

Wer so lange so schlecht ist wie die Pistons - 2018/19 gewann man zuletzt mehr als 23 Spiele in einer Saison -, der sollte am Ende zumindest mit mehreren waschechten Supertalenten oder sogar schon einigen Stars dastehen. Siehe die Philadelphia 76ers vor einigen Jahren, oder auch die Oklahoma City Thunder der Durant/Harden/Westbrook-Ära.

Stattdessen haben die letzten Draft Picks nicht wirklich eingeschlagen, und das obwohl man viermal in Folge in der Top-7 auswählen durfte: Killian Hayes (7. Pick 2020), Cade Cunningham (1. Pick 2021), Jaden Ivey (5. Pick 2022) und Ausar Thompson (5. Pick 2023). Cunningham zeigte zuletzt stark ansteigende Form und hat das Potenzial zum All-Star, bei Thompson käme ein Urteil noch viel zu früh. Aber 2020 hätte man auch Tyrese Haliburton oder Tyrese Maxey haben können. Hayes und Ivey haben derweil noch nicht das gehalten, was man sich von ihnen versprochen hat.

Womöglich bräuchte es nur ein richtiges Puzzlestück, um das Potenzial im Kader zu entfesseln. Aber trotz acht Erstrundenpicks seit 2019 fehlt bislang der über alle Zweifel erhabene Star, der die Franchise in eine bessere Zukunft führen kann.

cunningham-tom-gores
© getty

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Die Kaderplanung

Wer im Draft vor allem nach Talent und weniger nach Fit schaut - was prinzipiell vertretbar ist -, der sollte den Kader zumindest per Free Agency oder in Trades komplettieren. Aber das ist General Manager Troy Weaver (seit 2020 im Amt) nicht gelungen. Der Trade für den früheren Nummer-2-Pick James Wiseman etwa war ein Schlag ins Wasser. Mit Marvin Bagley III holte man einen weiteren Nummer-2-Pick aus Sacramento und gab ihm einen Dreijahresvertrag über 37,5 Mio. Dollar. Auch er ist von einem wirklichen Durchbruch weit entfernt (19 Minuten und 10,5 Punkte pro Spiel).

Prinzipiell fehlt es an Shooting und offenbar auch an alteingesessenen Veteranen, die dem jungen Kern des Teams zeigen, was es zum erfolgreichen NBA-Profi braucht. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, warum man etwa Bogdanovic nicht schon in der Offseason per Trade versilbert hat. Stattdessen hofften Weaver und Co. wohl darauf, mit ihm und einem gesunden Cade Cunningham zumindest die Play-In-Plätze angreifen zu können. Eine fatale Fehlkalkulation.

Bis zur Trade Deadline muss nun gerettet werden, was noch zu retten ist. "Ich erwarte Veränderungen", sagte Teameigner Tom Gores zuletzt gegenüber The Athletic. "Ich erwarte von Troy, dass er Wege findet, die Zusammenstellung des Teams zu verändern und erfolgreicher zu sein. Wenn wir nichts tun, um uns zu verbessern, werde ich enttäuscht sein. Das weiß er."

33-pistons
© getty

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Head Coach Monty Williams

Deutlich mehr hatte man sich in Detroit sicherlich auch von Monty Williams erhofft. Der Coach of the Year 2022 hatte mit den Phoenix Suns 2021 die NBA Finals erreicht, war im März 2023 aber nach dem Aus in den Playoffs gegen die Denver Nuggets entlassen worden. Laut ESPN wollte der 52-Jährige eigentlich eine Auszeit nehmen: "Alle anderen Teams wussten, dass Monty sich um seine Familie kümmern und die Saison nicht coachen wollte", vermeldete Reporter Brian Windhorst im Juni. Das Angebot aus der Motor City war dann aber wohl zu gut, um es nicht anzunehmen: Mit einem Sechsjahresvertrag über 78,5 Millionen Dollar machten die Pistons Williams zum bestbezahlten Coach der NBA.

Bezahlt gemacht hat sich das noch nicht. Williams konnte seine bevorzugte Rotation bisher nicht finden. Neben Cunningham setzte er zunächst auf Killian Hayes als Point Guard, der trifft aber kein Scheunentor. Das sorgte für vollgepackte Zonen, die wiederum Cunningham ausbremsten. Auch die Bench Lineups funktionieren nicht. Nach dem 123:131 gegen die Pacers, der 20. Niederlage der aktuellen Serie, erklärte er: "Ich glaube wir lernen gerade, dass wir punkten können, wenn wir richtiges Floorspacing haben. Ich lerne, wie ich bestimmte Spieler des Teams einsetzen kann."

Ist dafür nicht eigentlich die Saisonvorbereitung da? Williams darf sich nicht wundern, wenn früher oder später auch seine Motivation infrage gestellt wird. "Das ist die größte Herausforderung in meiner Karriere als Coach", sagte er kürzlich gegenüber Andscape. "Aber so hat es sich auch in Phoenix angefühlt und wir haben das Ruder herumgerissen. Diesmal dauert es länger, aber wir hatten auch viel mehr Hindernisse."

03-detroit-pistons
© getty

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Verletzungen

Ein Hindernis waren sicherlich die Verletzungen, die das Team im ersten Saisonviertel aus dem Rhythmus brachten. Mit Cade Cunningham hat nur ein Spieler alle bisherigen 31 Saisonspiele absolviert. Dreierspezialist Joe Harris und Jalen Duran mussten mit Verletzungen schon aussetzen, Bogdanovic verpasste mit Wadenproblemen die ersten 19 Saisonspiele und Backup-Guard Monté Morris (Oberschenkel) wartet noch auf sein Saisondebüt.

Im besten Fall wäre das Team also tiefer, hätte einen Point Guard hinter Cunningham und mehr Shooting vom Flügel - Bogdanovic hat das Team nach seiner Rückkehr sofort besser gemacht. "Wir hätten nicht gedacht, dass wir so viele Verletzungen bei so vielen Schlüsselspielern davontragen würden", lamentierte Williams. "Das geht schon die ganze Saison so." Immerhin hat sich die Situation zuletzt deutlich gebessert.

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Pech

Wie bereits geschildert: So viel besser als Detroit sind die San Antonio Spurs oder Washington Wizards auch nicht, oder die Memphis Grizzlies ohne Ja Morant. Dennoch fuhren die Teams immer mal wieder Siege ein, auch gegen stärkere Gegner, wie es in der NBA eben so ist. Weil die eigenen Dreier mal fallen, oder die des Gegners nicht.

Detroit war mehrfach nah dran: Gegen die Bucks (118:120) hatte Cunningham zwölf Sekunden vor Schluss bei einem Punkt Rückstand die Chance zum Sieg, gegen Denver verlor man hauchdünn (103:107), gegen die Celtics ging es bekanntlich in die Overtime. Hier und da ein Wurf und die Serie hätte es nie gegeben.

Aber Pech kann sich auch anderweitig niederschlagen. Etwa im Draft: Zwölfmal landeten die Pistons bislang in der NBA Lottery, fünfmal rutschte man dabei weiter nach unten und nur ein einziges Mal ging es nach oben - 2021 mit Cade Cunningham. Im Draft 2023 hatten die Pistons die geteilt besten Chancen auf Victor Wembanyama, rutschten aber von Rang eins noch auf fünf ab. Schon 2020 und 2022 hatte man in der Lottery jeweils zwei Plätze in der Draft-Reihenfolge eingebüßt.

jalen-duren
© getty

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Der wachsende Druck

Schaut man sich die 28 Niederlagen an, fällt auf: Die ersten zehn oder so Spiele waren vergleichsweise "normale" Niederlagen, mal knapper, dann wieder nicht, aber alles noch im Rahmen einer Pleitenserie, wie sie ein schlechtes Team eben durchmacht. Ab der zweiten Novemberhälfte tauchten dann die Abreibungen auf: 113:142 in Toronto, 113:136 in Indiana, 91:123 in Orlando, drei Klatschen hintereinander gegen die Sixers und Bucks. Das Licht am Ende des Tunnels war nicht zu sehen.

In den letzten fünf Spielen (Hawks, Jazz, zweimal Nets, Celtics) waren die Pistons dann aber wieder jeweils bis zum Ende dran. Der Gedanke daran, unrühmliche NBA-Geschichte zu schreiben, schien ein Feuer im Team entfacht zu haben. Nur: Der Fokus der Öffentlichkeit war mittlerweile auf dem Team gelandet. In den sozialen Medien fieberte die NBA-Community live mit: Würde Team-Sponsor Wingstop jemals die bei einem Sieg ausgelobten kostenlosen Chicken Wings bereitstellen müssen? Wie es ein X-User schrieb: "Die gesamte Timeline tweetet das Pistons-Spiel mit. Es fühlt sich an wie bei den 73-9-Warriors, nur sehr viel trauriger."

Das machte es den jungen Spielern im Team natürlich nicht leichter. Auch in der Little Caesars Arena in Detroit machte sich angesichts von zwei Monaten ohne Sieg (!) schnell Verzweiflung breit, sobald der Gegner mal davonzog. Und mit jedem Spiel potenzierte sich der Druck, dem Rekord doch endlich von der Schippe zu springen. Der Tiefpunkt war kurz vor Weihnachten erreicht, als die Menge in der Schlussphase gegen die Utah Jazz buhte und unter anderem von Tom Gores forderte, die Franchise zu verkaufen.

35-pistons
© getty

Detroit Pistons, Gründe für die Niederlagenserie: Hochmotivierte Gegner

Ein unangenehmer Nebeneffekt der Publicity: Auch die Konkurrenz schaut mittlerweile genau auf die Pistons - und niemand will am Ende das Team gewesen sein, gegen welches das die Serie beendet wurde. Die Jazz traten mit einer Rumpftruppe an und schienen die Niederlage in Kauf zu nehmen, nur um das Spiel dann doch noch zu gewinnen. Seitdem sind Pistons-Partien gefühlt Playoff-Spiele. Es ist paradox: Je schlechter Detroit ist, desto härter spielen mittlerweile die Gegner.

Wäre nicht die Serie auf dem Spiel gestanden, wer weiß ob sich die Celtics angesichts eines 19-Punkte-Rückstands zur Pause in der Nacht auf Freitag tatsächlich noch einmal reingehängt hätten. Das sah auch Kyle Kuzma von den Washington Wizards so: "Mittlerweile denkt jeder: 'Bloß nicht das Team sein [das gegen die Pistons verloren hat]'", postete er lachend auf X - und dürfte damit den Gemütszustand in der NBA getroffen haben. Man tauscht sich schließlich untereinander aus.

Detroit Pistons: Wann endet die Serie endlich?

Die komplette NBA-Welt blickt jetzt gespannt auf Samstagnacht: Daheim gegen die zuletzt ebenfalls schwachen Toronto Raptors um den auf die Bank versetzten Dennis Schröder werden die Pistons mit der 29. Niederlage erneut NBA-Geschichte schreiben - oder endlich doch mal wieder gewinnen.

Die Vorzeichen sind nicht so schlecht, schließlich zeigte die Formkurve zuletzt bei Cunningham und Co. nach oben. Andererseits sollte es gegen die Raptors auch endlich klappen, denn sonst droht mindestens eine weitere schmachvolle Woche. Und so richtig schwache Gegner warten dann erst am 11. (daheim gegen die Spurs) und 13. Januar (auswärts bei den Wizards).

Detroit Pistons: Die kommenden Spiele

DatumUhrzeitGegnerOrt
31. Dezember0 UhrToronto RaptorsH
2. Januar2 UhrHouston RocketsA
4. Januar3 UhrUtah JazzA
6. Januar4 UhrGolden State WarriorsA
8. Januar2 UhrDenver NuggetsA
Artikel und Videos zum Thema