NBA

NBA: Michael Jordan vs. Bill Cartwright - wie aus einer toxischen Beziehung eine erfolgreiche Partnerschaft wurde

Von Marcus Blumberg
mj
© getty

Michael Jordan war zwar einer der größten Spieler überhaupt in der NBA, galt aber unter vielen Mitspielern als schwierige Persönlichkeit. Einen hatte er besonders auf dem Kieker, doch Bill Cartwright wehrte sich nicht nur in aller Deutlichkeit, er zwang den GOAT am Ende sogar zur Einsicht und Besserung.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Michael Jordan gilt als einer der größten Basketballspieler in der Geschichte dieses Sports, für viele ist er sogar der Größte überhaupt, also der GOAT. Doch über seine gesamte Karriere hinweg hatte er nicht nur Freunde und Fans und das galt sogar für eigene Teamkollegen.

Jordan galt als großer Anführer, sein Führungsstil allerdings war anstrengend und basierte überwiegend auf Dominanz und Einschüchterungstaktiken. Jordan wollte seine Gegenspieler zerstören, sie vorführen. Und das tat er mit nahezu jedem, gegen den er antrat, ob klein - Muggsy Bogues nannte er mal einen "verdammten Zwerg" . oder groß - Jordan dunkte selbst über dominante Center wie Dikembe Mutombo samt dessen Trademark-Fingergeste im Anschluss. Manchmal versuchte er sogar, seine eigenen Mitspieler zu zerstören.

Die meisten nahmen es hin, weil es Jordan war und keiner den Superstar der Chicago Bulls verärgern wollte. Doch einer wehrte sich, einer trat ihm entgegen und stoppte seine konstanten Anfeindungen gegen ihn. Die Rede ist von Center Bill Cartwright.

Cartwright konnte nicht mal wirklich etwas dafür, dass ihn Jordan vom Start weg im Grunde hasste. Cartwrights Vergehen in Jordans Augen war es, dass er für dessen Kumpel Charles Oakley (Poker-Buddy und persönlicher Bodyguard auf und neben dem Feld) im Jahr 1988 von den New York Knicks nach Chicago getradet wurde. Oakley war einer der wenigen Mitspieler, die Jordan wirklich mochte und ihn abzugeben, sah Jordan als einen Affront gegen ihn selbst. Er nahm es - wie so vieles in seiner Karriere - persönlich.

cartwright
© getty

Michael Jordan vs. Bill Cartwright: "Medical Bill"

Jordan nannte Cartwright nur "Medical Bill", also "Arztrechnung" in Anspielung auf den Fakt, dass Cartwright häufig in seiner Karriere verletzt war. Im Training äußerte sich Jordans Abneigung durch teils extraschwere Pässe in die Richtung des Centers, mit dem Vorhaben, dessen aus Jordans Sicht schlechte Hände zu entlarven.

Im Spiel dann soll Jordan seinen Teamkollegen gesagt haben, dass sie in späten Situationen im Spiel nicht zum Center passen sollen, selbst wenn der damalige Head Coach Doug Collins entsprechende Spielzüge angesagt hatte.

Jordan machte aus seinem Hass auf Cartwright keinen Hehl, nicht einmal öffentlich hielt er sich zurück und äußerte sich herablassend über Cartwright.

Der nahm es als Veteran - vor seiner Bulls-Zeit spielte er bereits acht Saisons in der NBA - zunächst hin, bis ihm offensichtlich auch der Kragen platzte und er Jordan konfrontierte.

jordan-cartwright-2
© getty

Michael Jordan vs. Bill Cartwright: "dann breche ich dir beide Beine"

Cartwright sagte zu Jordan laut eines Auszugs des Buchs "The Jordan Rules" von Sam Smith: "Mir gefällt nicht, was du über mich zu den anderen sagst." Und dann wurde er deutlich: "Wenn ich nochmal höre, dass du den Jungs sagst, dass sie den Ball nicht zu mir passen sollen, dann wirst du nie wieder Basketball spielen." In anderen Medien geht das Zitat noch weiter: "... dann breche ich dir beide Beine", soll Cartwright gedroht haben.

Das war gegen Ende der Saison 1989/90. Anschließend hatte Cartwright einen weiteren operativen Eingriff, der seine Mobilität nach einer langwierigen Fußverletzung, die ihn zwang, die komplette Saison 1984/85 zu verpassen, merklich verbesserte. Und daraufhin wurde er nicht nur beweglicher und aktiver auf dem Platz, Jordan begann sogar, ihn wenigstens zu tolerieren.

Was folgte, war letztlich der erste Threepeat der Bulls von 1991 bis 1993. Jordan und Scottie Pippen mögen die größten Namen dieser legendären Bulls-Truppe gewesen sein, doch Leute wie Cartwright, der unter Phil Jackson sogar Co-Captain neben Jordan war, hatten großen Anteil an den Erfolgen.

Und das sah selbst Michael Jordan eines Tages ein.

jordan-cartwright-1200
© getty

Michael Jordan vs. Bill Cartwright: "Habe mich geirrt"

In seinem Coffee-Table-Book "For the Love of the Game: My Story" widmete Jordan Cartwright später zwei Seiten mit der Überschrift: "Ich habe mich beim Trade von Charles Oakley und Bill Cartwright im Jahr 1988 geirrt." Unten auf der Seite stand: "Ich habe es geliebt, Charles im Team zu haben, aber Bill hat den Unterschied gemacht." Größter Respekt für Cartwright, nachdem Jordan ihn anfangs am liebsten vom Hof gejagt hätte.

Doch mit dem Titel 1993 und Jordans späterem Rücktritt, um seinen Traum von einer Baseballkarriere zu verwirklichen, war noch nicht das Ende dieser ungewöhnlichen Erfolgsbeziehung. Cartwright spielte noch eine weitere verletzungsbedingt verkürzte Saison bei den Bulls, ehe er seine Karriere in der Saison 1994/95 bei den Seattle SuperSonics (in auch nur 19 Spielen) ausklingen ließ. 1996 holte ihn der Zen Master dann als Assistant Coach nach Chicago zurück, wo er dann die drei weiteren Titel nach Jordans Rückkehr miterlebte.

Cartwright war nie ein Superstar in diesem Team, er war jedoch einer der wenigen Spieler, die nicht nur den Mut hatten, Jordan die Meinung zu sagen, sondern dies auch noch gewissermaßen überlebt haben. Dass Jordan dann auch noch zugab, sich in ihm geirrt zu haben, dürfte letztlich aber die größte Errungenschaft von Cartwright gewesen sein.