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NBA Franchise-Outlook, Atlanta Hawks: Talent alleine reicht nicht

Trae Young ist der designierte Franchise Player bei den Atlanta Hawks.
© imago images / ZUMA Press

Die Atlanta Hawks sind beim NBA-Restart in Disney World nicht dabei, obwohl sie in dieser Saison eigentlich den nächsten Schritt machen wollten. Die Spielzeit 19/20 hat allerdings sehr deutlich aufgezeigt, was ihnen noch fehlt. Können sie nun alle Lücken stopfen?

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Bevor die Saison startete, hatte man in Atlanta durchaus den Anspruch, sich nach einer guten zweiten Saisonhälfte 2018/19 weiter nach oben zu orientieren und somit Stand jetzt mindestens zu den 22 Teams zu gehören, die noch in Disney World um den Titel mitspielen. Daraus wurde jedoch nichts, Atlanta holte sogar nur einen Sieg mehr als die ambitionslosen Cavs (20-47).

Die Gründe dafür sind vielschichtig. Trae Young machte zwar den nächsten Schritt und wurde mit überragenden individuellen Zahlen erstmals All-Star, sein designierter Co-Star John Collins allerdings verpasste direkt mal 25 Spiele aufgrund eines Substanzmissbrauchs. Die Hawks konnten das zu keinem Zeitpunkt kompensieren, auch weil sie im Sommer mehrere Veteranen ersatzlos ziehen ließen.

Die Hawks spielten lange ohne etablierten Center, ohne Backup für Young und ohne Erfahrung auf dem Flügel (die Rookies De'Andre Hunter und Cam Reddish spielten neben Young und Kevin Huerter die meisten Minuten) - folglich passte es hinten und vorne nicht. Atlanta landete auf Platz 26 beim Offensiv- und Platz 28 beim Defensiv-Rating.

Noch im Lauf der Saison wurde versucht, einige dieser Probleme auszubessern. So holten sich die Hawks mit Clint Capela (noch ohne Einsatz) und Dewayne Dedmon im Februar gleich zwei echte Center, dazu kehrte mit Jeff Teague ein alter Bekannter zurück, der Young vertreten sollte.

Die Kavallerie kam jedoch zu spät für Head Coach Lloyd Pierce, um die Tendenz noch umzudrehen und wenigstens zu Washington (24 Siege) aufzuschließen. Durch das frühzeitige Ende aufgrund des Coronavirus bekam auch Legende Vince Carter nicht wirklich den gebührenden Abschied und musste seine Karriere nun offiziell via Podcast beenden.

Vince Carter bei seinem letzten Karriere-Spiel.
© imago images / ZUMA Wire
Vince Carter bei seinem letzten Karriere-Spiel.

Die finanzielle Situation: Welchen Spielraum haben die Hawks?

Kaum ein Team hat in den kommenden Jahren so viel Geld zur Verfügung wie Atlanta, Stand jetzt zumindest. Für die kommenden beiden Jahre sind lediglich knapp über 57 Mio. Dollar an Gehältern eingeplant, was nach den ursprünglichen Salary Cap-Projektionen bedeuten würde, dass Atlanta Platz für mindestens einen, womöglich sogar zwei Maximalverträge hätte.

Noch ist allerdings nicht abzusehen, wie genau sich der Salary Cap etwa für die kommende Saison verändern wird (es sollten aber definitiv weniger als die projizierten 115 Mio. Dollar sein). Hinzu kommt, dass die Hawks relativ bald eine Entscheidung bezüglich der Zukunft von Collins treffen müssen.

Der Big Man könnte ab der kommenden Offseason eine vorzeitige Vertragsverlängerung unterzeichnen. Collins produziert offensiv wie ein All-Star (21,6 Punkte, 10,5 Rebounds), verteidigt aber sehr mäßig und hat gleichzeitig schon angedeutet, dass er selbst der Meinung ist, einen Maximalvertrag wert zu sein. Unklar, ob die Franchise das genauso sieht.

Immerhin zeigten die Trades für Capela und Dedmon, dass sie Collins definitiv nicht als fähig erachten, die Defense als einziger echter Big zu verankern. Offensiv harmoniert er dafür herausragend mit Young. Aber will man sein Team um zwei Jungstars aufbauen, die zu den schlechteren (in Youngs Fall: schlechtesten) Verteidigern auf ihren Positionen gehören?

Hawks 20/21: Diese Spieler stehen unter Vertrag

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Trae YoungKevin HuerterDe'Andre HunterJohn CollinsClint Capela
Brandon Goodwin Cam Reddish Dewayne Dedmon
Bruno Fernando

Draft: Welche Picks haben die Hawks?

Je nach Position müssen die Hawks ihren Zweitrundenpick entweder an Philadelphia oder Boston abgeben, dafür bekommen sie entweder von den Warriors, Rockets oder Heat einen zurück. Ihren Erstrundenpick haben die Hawks sowieso, aufgrund der miesen Bilanz wird dieser wieder ein hoher Lottery-Pick sein. Atlanta hat eine 12,5-prozentige Chance auf den ersten Pick und wird nicht tiefer als an Position an acht auswählen müssen.

Team Needs: Welche Spielertypen braucht Atlanta?

Teagues Vertrag läuft im Sommer aus - sollten die Hawks ihn ziehen lassen, bräuchten sie eine andere Lösung auf der Backup-Position hinter Franchise Player Young. Im Draft werden einige Guards hoch eingeschätzt, darunter Anthony Edwards, LaMelo Ball oder aber auch Killian Hayes. Letzterer könnte mit seiner Länge auch neben Young funktionieren.

Abgesehen davon geht es in erster Linie darum, auf dem Flügel tiefer, erfahrener und vor allem defensivstärker zu werden, nachdem die Center-Position bereits adressiert wurde. Es ist recht wahrscheinlich, dass die Hawks diese Lücke eher via Free Agency zu stopfen versuchen werden als via Draft.

Richtig üppig besetzt ist der Markt in dieser Hinsicht allerdings nicht, die Spieler, die potenziell am besten passen könnten (etwa Chicagos Otto Porter), verfügen teilweise über zu lukrative Optionen. Jae Crowder oder Courtney Lee wären wohl recht günstige Unrestricted Free Agents.

Natürlich könnten die Hawks auch versuchen, sich in der Restricted Free Agency um jemanden wie Brandon Ingram zu bemühen und dessen Team New Orleans damit unter Druck zu setzen.

Ausblick: Was können die Hawks kommende Saison reißen?

Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Hawks im kommenden Sommer den ganz großen Wurf landen können, da der Markt dies nicht hergibt und Atlanta von seiner jetzigen Qualität her einfach noch zu dünn ist. Der Kern um Young, Huerter, Hunter, Reddish, Collins und Capela ist talentiert, abgesehen von Capela aber auch noch extrem grün hinter den Ohren.

Einen gewissen Fortschritt darf man im kommenden Jahr allein durch Capela schon erwarten, der als Pick'n'Roll-Partner und auch als Defensiv-Anker etwas mehr Glaubwürdigkeit nach Georgia bringen sollte. Im (in der Breite) miesen Osten könnten die Hawks damit im Idealfall um die Playoffs mitspielen.

Um dort allerdings ein Faktor zu werden, braucht es noch recht viel Geduld - und wohl noch die eine oder andere hochkarätige Verpflichtung.

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