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Immer noch verdammt gut

Von Philipp Jakob
Dwyane Wade strebt mit den Miami Heat seinen vierten NBA-Titel an
© getty

Zu alt? Zu langsam? Zu kaputt? Dwyane Wade wurde schon oft abgeschrieben und jedes Mal meldete sich der 32-Jährige auf beeindruckende Art und Weise zurück. Auch beim Finals-Rematch gegen die Spurs will Vintage-Wade wieder für Furore sorgen.

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"Er ist einfach nicht mehr derselbe!" Charles Barkley ist nicht unbedingt für seine Zurückhaltung bekannt. Der Chuckster nimmt selten ein Blatt vor den Mund, auch wenn es um absolute Superstars wie einen dreimaligen NBA-Champion, wie einen zehnmalige All-Star geht. Wie einen Dwyane Wade.

"Er verliert langsam seine athletischen Fähigkeiten", so Barkley im November 2012. "Er explodiert nicht mehr so zum Korb, er nimmt eine Menge Fade-Away-Jumper. Das schwierigste für Wade ist, dass er verstehen muss, dass er sein Talent verliert. Wenn du nicht mehr über alles und jeden springen kannst, dann musst du dein Spiel umstellen."

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Zu diesem Zeitpunkt schien es fast so, als befinde sich Wade auf dem absteigenden Ast. Bereits in den Playoffs 2012 agierte DWade nicht mehr auf dem altbekannten Niveau und auch der Start in die neue Saison ließ noch viel Luft nach oben - die Kritik von Barkley war also durchaus berechtigt.

Knieprobleme behindern Wade

Doch Wade wäre nicht Wade, wenn er nicht sofort eine Reaktion zeigen würde. Nach den Kommentaren von Barkley legte der 32-Jährige in zwei aufeinanderfolgenden Spielen 26 Punkte auf, traf in diesen Partien über 75 Prozent aus dem Feld und verhalf den Miami Heat im weiteren Saisonverlauf zu einer Siegesserie von 27 Spielen.

"Das hat ihn mehr aufgeregt als alles andere auf der Welt. Jeder wollte ihn fertig machen und alle meinten, er sei nicht mehr derselbe", erklärte LeBron James die Reaktionen seines Freundes. Schließlich beendete Wade die Saison mit 21,2 Punkten, 5,1 Assists, 5 Rebounds und einer Wurfquote von 52,1 Prozent aus dem Feld (damaliger Karrierebestwert). Die Kritiker waren verstummt - vorerst.

Denn mit den Playoffs kamen die Knieprobleme. Probleme, die Wade - für jeden ersichtlich - extrem einschränkten. In 22 Spielen der Post-Season kam Wade nur auf 15,9 Punkte bei einer Wurfquote von 45,7 Prozent und spielte wohl den schlechtesten Basketball seiner gesamten Karriere.

Motivation durch Sticheleien

Wieder krochen die Kritiker aus ihren Löchern hervor. Wieder wurde Wade abgeschrieben: Zu alt, zu langsam, zu kaputt. Wieder arbeitete DWade den kompletten Sommer an sich und besonders an seinen Knien, um möglichst fit in die Saison starten zu können.

Und wieder musste sich der 1,93 Meter große Guard die Sticheleien der Gegner anhören. Dieses Mal kamen sie von niemand geringerem als Kevin Durant, der Wade nicht mehr als Top-10-Spieler ansah: "Ich denke einfach, dass er ein älterer Spieler ist. Er sollte die Fackel an die Jüngeren weitergeben."

Sofort notierte sich Wade diese Aussage von Durant mit einem eigenen Vermerk: "Bringe ihn dazu, deinen Platz in der Geschichte zu respektieren... schon wieder..."

Im Zeichen der Spurs

Viele Gelegenheit bekam der 32-Jährige dafür aber nicht - zumindest nicht in der regulären Saison. Aufgrund seiner Knieprobleme verpasste Wade 2013/14 insgesamt 28 Spiele und bekam von Head Coach Erik Spoelstra das "Spurs-Treatment".

Ähnlich wie sein Kollege aus San Antonio, Gregg Popovich, ließ auch Spoelstra seinen Superstar oft zu Hause, Kräfte sammeln, während sich die anderen, jüngeren Spieler in der Regular Season abrackerten. Alles natürlich nur im Hinblick auf die Playoffs. Im Hinblick auf eine erneute Finals-Teilnahme und einen möglichen Three-peat. Soweit hat der Plan hervorragend funktioniert.

Denn trotz - oder gerade wegen - der vielen Pausen, lieferte Wade die mit Abstand effizienteste Saison seiner Karriere. In den letzten 3 Saisons ging seine Field-Goal-, True-Shooting- und Effective-Field-Goal-Percentage kontinuierlich bergauf und endete 2013/14 in neuen Karrierebestwerten (54,5 Prozent FG, 58,9 Prozent TS).

Ungemein effektiv

Dabei profitiert Wade natürlich auch von LeBron James. Der viermalige MVP zieht mit seiner Spielweise und Qualität die Aufmerksamkeit der gesamten gegnerischen Defense auf sich, was dem 32-Jährigen erlaubt, ein wenig in den Hintergrund zu treten.

"Ich wollte ein anderes Leben", so Wade über seine etwas reduzierte Rolle im Team. "Und das ist das Leben, das ich mir ausgesucht habe. Manchmal ist es frustrierend, denn ich weiß, dass ich noch mehr drauf habe, aber der Erfolg des Teams ist erfüllender als der persönliche."

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Und auch in anderen Aspekten profitiert er von James und seinen Kollegen. Mit der Unterstützung von LBJ, Chris Bosh und dem Supporting Cast der Heat ist er nicht mehr gezwungen, ein Spiel allein in die Hand nehmen zu müssen. Vielmehr kann sich Wade seine Lieblingspositionen auf dem Parkett herauspicken und fast ausschließlich von dort abschließen.

Das ist der Grund für die immens gesteigerte Effektivität - auch wenn andere statistische Bereiche wie Punkte, Rebounds und Assists dadurch ein wenig leiden. Für Wade ist das allerdings kein Problem. "Ich habe meine Spielweise komplett umgestellt. Ich wollte das machen, was meiner Meinung nach das Beste für das Team war. War es das Beste für mich als Individuum? Vielleicht nicht."

Vintage-Wade schlägt zu

Doch der Erfolg gibt ihm Recht. Die Pausen in der regulären Saison erschufen einige Energiereserven, die jetzt in den Playoffs mehr denn je gefragt sind. "Das war der Plan, ich wollte einfach damit weitermachen", so Wade. "Es ist noch eine Menge Basketball zu spielen, aber ich fühle mich gut."

Das stellte Wade auf dem Weg in die Finals und zum Rematch mit den San Antonio Spurs auch mehrfach unter Beweis. Zum Beispiel in den Eastern Conference Finals gegen die Indiana Pacers - trotz erneuter Provokationen.

"Sein Knie ist ziemlich am Ende, von daher muss ich besonders aggressiv sein und ihn viel laufen lassen", erklärte Lance Stephenson seine Taktik vor dem Aufeinandertreffen mit Wade. "Ich muss ihn herumjagen und sein Knie explodieren lassen. Einfach alles versuchen, was die Spiele für uns einfacher machen könnte."

Das Knie hält

Dass diese Taktik nur eher mäßig erfolgreich war, sah man vor allem in Spiel zwei. Mit 23 Punkten (10 davon im vierten Viertel), hervorragenden Quoten von 62,5 Prozent (10/16 FG), 5 Rebounds und 5 Assists führte Wade die Heat zum so wichtigen Auswärtssieg und legte damit den Grundstein für die vierte Finals-Teilnahme in Folge.

Das Wichtigste dabei: Dwyane Wade scheint extrem fit zu sein. Diskussionen um ein möglicherweise erneutes Auftreten der Knieprobleme beendete der 32-Jährige mit Hilfe eines Put-Back- und eines Reverse-Dunks gegen Ende der zweiten Partie auf beeindruckende Weise - noch bevor sie richtig angefangen hatten.

Es sieht fast so aus, als ob DWade noch nie mit irgendwelchen Knieproblemen zu kämpfen gehabt hätte. Die Form des 32-Jährigen stimmt und auch in den Finals gegen die Spurs wird er wieder eine immens wichtige Rolle einnehmen. Denn es stimmt, Dwyane Wade ist nicht mehr derselbe wie noch vor 4 oder 5 Jahren. Doch er ist immer noch verdammt gut.

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