Das Duell der Generationen

Martin Gödderz
02. Februar 201312:51
Blake Griffin (l.) und Kevin Garnett (r.) trennt ein Altersunterschied von 13 JahrenGetty
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Die Highlight-Show gegen Verteidigung und Toughness. Wenn am Sonntag (19 Uhr im kostenlosen LIVE-STREAM bei SPOX) die Boston Celtics (22-23) die Los Angeles Clippers (34-13) im heimischen TD Garden empfangen, dann treffen zwei ganz unterschiedliche Spielstile aufeinander. Deutlich erfolgreicher sind derzeit die Clippers. Das Duell ist trotzdem völlig offen. SPOX vergleicht die Mannschaftsteile im Head to Head.

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Point Guard: Avery Bradley vs. Eric Bledsoe

SPOXGettyBradley (8,4 Punkte, 1,0 Assists): Obwohl er die ersten 30 Spiele verletzungsbedingt aussetzen musste, ist Bradley bereits in seiner dritten Saison in die Riege der absoluten Edelverteidiger aufgestiegen. Eigentlich ist der 22-Jährige allerdings kein Point Guard und hat in der Offensive noch Probleme mit dem Ballvortrag. Auch in den bisherigen zwei Spielen ohne Rondo konnte er nicht als Vorlagengeber glänzen (0 Assists gegen Miami, 2 Assists gegen Sacramento). Sowieso läuft es im Angriff noch nicht rund bei Bradley. Nach der langen Verletzungspause hat er noch Probleme mit seinem Wurf (40,7 FG%).

In der Defensive hat er, auch als Rondo noch auf dem Feld war, häufig den gegnerischen Aufbauspieler abgedeckt. Bradley ist flexibel, schnell und kann einen unglaublichen Druck auf den ballführenden Spieler entwickeln. Sein Einfluss auf die Verteidigung der Celtics ist anhand persönlicher Statistiken nicht zu messen.

Bledsoe (9,0 Punkte, 3,0 Assists): Wie Bradley befindet sich auch Bledsoe in seiner dritten Saison. Und da hat der Vertreter von Chris Paul einen großen Leistungssprung gemacht. Für viele Experten ist Bledsoe der wohl talentierteste Backup Point Guard der Liga. Dabei profitiert er sowohl abseits des Feldes wie auch im Spiel enorm von Paul. Bledsoe legt in jeder Kategorie Bestwerte auf. Der 23-Jährige ist ein Point Guard der neuen Generation: Enorm schnell, athletisch, aber kein Floor General.

Er leistet sich noch immer knapp zwei Turnover im Schnitt, was bei einer Spielzeit von 20 Minuten pro Spiel verhältnismäßig viel ist. In Abwesenheit von Paul muss er vor allen Dingen lernen, das Spiel zu lenken und mit den Mitspielern zu kommunizieren. "Er ist nicht wirklich der Redner. Aber er weiß, dass er die Leute anleiten und uns wissen lassen muss, wo es langgeht", äußerte sich DeAndre Jordan über seinen Mitspieler. Im letzten Spiel gegen die Timberwolves legte er sein erstes Double-Double der Saison auf.

Fazit:Normalerweise würden wir hier eines der elektrisierensten Duelle der NBA sehen. Doch sowohl Rajon Rondo (Kreuzbandriss) wie höchstwahrscheinlich auch Chris Paul (Knieprobleme) fehlen verletzt. Während Rondo und Paul noch klassische Floor Generals sind, glänzen Bradley und Bledsoe mit anderen Stärken. Auch Bledsoe ist ein guter Verteidiger und offensiv deutlich gefährlicher und vielseitiger als Bradley. Daher geht das Matchup hier knapp an die Clippers.

Shooting Guard: Courtney Lee vs. Willie Green

SPOXGettyLee (7,2 Punkte, 33,3 3P%): Lee kam bislang zumeist von der Bank, ist aber nach dem Ausfall Rondos wieder in die Starting Five gerückt. In der Defensive arbeitete er im letzten Spiel gegen die Kings exzellent zusammen mit Bradley.

Er ist der Inbegriff des Rollenspielers: Eine solide bis gute Defensive, Athletik und einen sicheren Dreier aus der Ecke bringt Lee eigentlich aufs Feld. Aber gerade mit dem Dreier hakt es in dieser Saison. Der 27-Jährige trifft gerade einmal 33 Prozent seiner Dreierversuche: Karrieretiefstwert. Auch Lee hat Probleme mit dem Ballhandling und gibt nur wenige Vorlagen (1,4 Assists pro Spiel), so dass sich im Backcourt der Celtics ein Problem beim Ballvortrag auftut.

Green (6,3 Punkte, 40,0 3P%): Green ist ein klassischer Shooter, der sowohl aus der Mitteldistanz wie auch von der Dreierlinie gefährlich treffen kann. Weil auf der Bank mit Jamal Crawford allerdings ein noch potenterer Scorer sitzt, sieht Green nur 18 Minuten pro Spiel. Fällt der Wurf nicht, hat Green relativ wenige andere Dinge zu bieten.

Er ist zwar relativ schnell, allerdings kein guter Verteidiger. Gegnerische Shooting Guards treffen durchschnittlich 58 Prozent ihrer Würfe, wenn Green auf dem Feld steht. Mit 1,91 Meter ist er eigentlich auch zu klein für einen Shooting Guard. Wenn Chauncey Billups wieder fit ist, wird Green wohl wieder auf der Bank Platz nehmen.

Fazit:Das Duell am Sonntag wird wohl nicht auf dieser Position entschieden. Sowohl Lee wie auch Green können einem Spiel nicht den Stempel aufdrücken, sind aber solide Rollenspieler, die ihre Aufgaben gut übernehmen. Lee ist allerdings der deutlich bessere Verteidiger und auch in der Offensive vielseitiger. Daher sind die Celtics hier im Vorteil.

Teil II: Die Forward-Positionen und die Center

Teil III: Die Bank, die Coaches und die Prognose

Small Forward: Paul Pierce vs. Caron Butler

SPOXGettyPierce (18,7 Punkte, 6,0 Rebounds): Der Mister Zuverlässig der Celtics. Pierce ist noch immer die erste Offensiv-Option der Celtics. Der mittlerweile 35-Jährige hat in dieser Saison weder Leistungsausbrüche nach oben noch nach unten.

Nur zweimal punktete er in dieser Saison einstellig, lieferte aber auch nur drei Spiele ab, in denen er mehr als 30 Punkte erzielen konnte. Nach dem Aus von Rondo wird Pierce, der ein sehr gutes Ballhandling für einen Flügel besitzt, wohl noch häufiger die Angriffe einleiten.

Pierce ist vielleicht nicht mehr so schnell und wendig wie früher, gehört aber noch immer zu den cleversten Spielern der Liga und ist ein eiskalter Closer. Bestes Beispiel: Das Match gegen die Heat am letzten Sonntag, als Pierce enorme Probleme hatte und sich zahlreiche Turnover leistete, kurz vor Schluss aber einen schwierigen Wurf aus der Mitteldistanz über die starke Verteidigung von James traf.

Butler (9,8 Punkte, 2,7 Rebounds): Der Ex-Maverick hat eine Wandlung durchgemacht vom ehemaligen Franchise Player der Wizards zum soliden Rollenspieler bei den Clippers. Butler ist immer wieder mal für eine Leistungsexplosion in der Offensive gut, insbesondere wenn der Dreier fällt. Weil er aber gerade in der Defensive abgebaut hat, steht Butler im Schnitt nur noch 24 Minuten auf dem Feld - so selten wie noch nie in seiner Karriere.

Dafür fällt der Dreier aber sehr konstant (39,0 3P%). Lediglich in seiner Meistersaison bei den Mavericks fiel der Distanzwurf besser. Somit ist er enorm wichtig als Floor-Spacer im System der Clippers.

Fazit:Im Veteranenduell zwischen Pierce und Butler ist der Vorteil klar auf Seiten der Celtics. Pierce ist noch immer ein starker Verteidiger und dürfte defensiv keinerlei Probleme mit Butler bekommen, das sieht auf der Gegenseite ganz anders aus. Butler wird Probleme mit Pierces breitem Offensivarsenal haben.

Power Forward: Jared Sullinger vs. Blake Griffin

SPOXGettySullinger (6,0 Punkte, 5,9 Rebounds): An 21. Stelle gedraftet, scheint sich Sullinger zu einem der Steals des Rookie-Jahrgangs zu entwickeln. Dass er mittlerweile den Starterplatz von Brandon Bass gewonnen hat, ist ein eindeutiger Beweis dafür, insbesondere wenn man bedenkt, dass Coach Doc Rivers seinen Rookies gewöhnlich nicht viel Spielzeit gibt.

Die fehlende Größe (2,06 Meter) für seine Position und die kaum vorhandene Athletik gleicht Sullinger mit Physis, einem guten Gespür für Rebounds und einer großen Palette an Post-Moves aus. In der Defensive hat der Rookie dagegen noch häufiger Probleme. Dennoch ist es zumindest verwunderlich, dass er nicht ins Rookie Team beim All Star Weekend gewählt wurde.

Griffin (18,5 Punkte, 8,6 Rebounds): Auch wenn es die Statistiken auf den ersten Blick nicht vermuten lassen, hat Griffin in dieser Saison noch einmal einen Sprung nach vorne gemacht. Er sammelt zwar durchschnittlich vier Punkte weniger als in seiner Rookie-Saison, das liegt aber zum einen daran, dass er nicht mehr so lange auf dem Feld steht (32 Minuten pro Spiel). Zum anderen ist das aber auch auf seine noch immer unterschätzten Passfähigkeiten zurückzuführen. 3,6 Vorlagen verteilt Griffin pro Spiel, Platz drei unter allen Power Forwards. Vor allen Dingen aufs Doppeln reagiert Griffin mit cleveren Pässen an die Dreierlinie.

Daneben hat sich der erst 23-Jährige auch defensiv gesteigert und sammelt mittlerweile 1,5 Steals im Schnitt. Dass ein Spieler mit seinen Eigenschaften und der monströsen Athletik weniger als einen Block pro Spiel sammelt, ist aber noch immer nicht zu glauben. Dafür hat Griffin aber auch an seinem Wurf aus der Mitteldistanz gearbeitet, was sein gesamtes Spiel weitaus unberechenbarer macht. Dass Griffin der momentan vielleicht beste Dunker der Liga ist, liegt an einer einzigartigen Kombination aus Explosivität, Körpergröße und Physis.

Fazit:Ein Matchup, das eigentlich wie gemacht ist für Griffin. Er ist Sullinger athletisch um Welten voraus und wird den Celtics-Forward wohl vor enorme Probleme stellen. Es wird wichtig für die Celtics, Griffin irgendwie unter Kontrolle zu halten. Klarer Vorteil hier für die Clippers.

Center: Kevin Garnett vs. DeAndre Jordan

SPOXGettyGarnett (14,9 Punkte, 7,3 Rebounds): Selbst wenn der mittlerweile 36-Jährige mit Krücken auf dem Feld stehen würde, könnte er die Defense eine Klasse besser machen. Allein Garnetts Präsenz lehrt die Gegner das Fürchten. Abgesehen davon ist seine Verteidigung trotz nachlassender Athletik und Schnelligkeit noch immer auf einem Top-Level.

Offensiv lebt Garnett mittlerweile eigentlich nur noch vom Jumper aus der Mitteldistanz. Der fällt allerdings sehr sicher. Abgesehen davon gibt es wohl keinen Center, der über ein so exzellentes Ballhandling und so gute Pass-Fähigkeiten verfügt, wie Garnett. Gerade das ist ohne Rondo von großer Bedeutung.

Jordan (9,0 Punkte, 6,9 Rebounds): Jordan hat im Sommer an seiner Offensive gearbeitet, die mittlerweile nicht mehr nur aus Dunks besteht, sondern auch ein paar Post-Moves im Sortiment hat. Der Druckkorbleger ist allerdings noch immer seine bevorzugte Abschlussmöglichkeit.

Während er einen Karrierebestwert in Punkten auflegt, ist die sowieso schon schwache Freiwurfquote noch weiter in den Keller gerutscht. Der Big Man trifft in dieser Saison fürchterliche 42,7 Prozent von der Linie. Das lässt Coach Vinny del Negro keine andere Wahl, als in der Crunchtime mittlerweile vornehmlich auf Odom zu setzen.

Fazit: Dass Garnett vornehmlich aus der Mitteldistanz agiert, wird dem exzellenten Shot-Blocker Jordan, der sich defensiv in der Zone deutlich wohler fühlt, überhaupt nicht passen. Garnett dagegen wird in der Verteidigung schon genau wissen, wie er mit Jordans rohem Offensivspiel umzugehen hat. Deutlich bessere Karten für die Celtics.

Teil I: Die Guard-Positionen

Teil III: Die Bank, die Coaches und die Prognose

Bank: Jason Terry, Jeff Green, Brandon Bass vs. Jamal Crawford, Matt Barnes, Lamar Odom

SPOXGettyCeltics: Gäbe es im Basketball nur vier Positionen, die Celtics wären auf der Bank perfekt besetzt. Dort sitzen ein ehemaliger 6th Man of the Year (Terry), ein noch immer vor Potenzial strotzender Flügel, der stark verteidigen kann (Green), ein starker Shooter (Barbosa) und ein Power Forward mit starkem Spiel aus der Mitteldistanz (Bass).

Was fehlt ist ein Center, der einen Funken Klasse verströmt. Fab Melo tut dies noch nicht, Jason Collins wird es wohl nie in seiner Karriere tun. Das ist gleich doppelt schlecht, weil der Starting Center ja eigentlich auch kein Center ist.

Clippers: Es gibt wohl keine bessere Bank in der Liga. Punkt. Die Clippers sind unglaublich tief und qualitativ hochwertig besetzt. Auf eigentlich jeder Position hat del Negro mindestens einen ebenbürtigen oder besseren (Crawford) Ersatz. Keine Bank in der NBA erhält mehr Spielzeit, keine macht so viele Punkte, keine holt mehr Steals und nur die Bank der Bucks holt mehr Blocks und Rebounds.

Furchterregend ist dabei, dass sie wohl sogar noch besser wird. Lamar Odoms Formkurve zeigt steil nach oben, Chauncey Billups ist bald wieder fit, Grant Hill fehlen auch noch ein paar Prozent. Mit Crawford und Odom kann del Negro zwei ehemalige Sixth Man of the Year bringen.

Fazit: Beide Teams verfügen über eine breite und hochwertige Bank, dennoch sind die Clippers im Vorteil. Mit Crawford und Barnes haben sie gleich zwei Anwärter auf den Titel des besten sechsten Mannes und wenn Odom sich weiter verbessert zeigt, kommt noch ein dritter dazu.

Da kann auch die Celtics-Bank nicht mithalten, vor allem weil Terry und Bass sich im Formtief befinden und durch Rondos Verletzung ein Guard in die Starting Five rücken musste.

Head Coach: Doc Rivers vs. Vinny del Negro

SPOXGettyRivers: Der 51-Jährige steht mittlerweile seit acht Jahren bei den Boston Celtics an der Seitenlinie und ist den Weg von der Loser-Franchise zur Championship mitgegangen. Rivers gilt noch immer als einer der besten Übungsleiter der NBA. Vor allen Dingen sein Locker Room Management, also sein Umgang mit dem Team ist überragend. Rivers schafft es Jahr für Jahr alle Stars zu einer Einheit, die für Defensive und Toughness steht, zusammenzuschweißen.

Gerade in dieser Saison musste Rivers sein Team aber schon vermehrt wachrütteln. Die Playoffs sind alles andere als sicher. Doch auch hier gelingt es Rivers fast immer die richtigen Worte zur richtigen Zeit zu finden.

Del Negro: Für viele ist del Negro der wohl schlechteste Coach der Liga. Etliche Male wurde bereits darüber spekuliert, wann er entlassen wird. Wenn eine Franchise wie die Clippers Titelambitionen hegt, dann braucht sie eigentlich auch einen besseren Trainer.

Del Negro ist taktisch den meisten anderen Übungsleitern deutlich unterlegen, was dadurch kaschiert wird, dass er mit Paul einen Taktikexperten auf dem Feld hat. Paul wirkt sowieso häufig wie der eigentliche Coach. Der Grund, weswegen del Negro noch immer die Clippers coacht, ist seine Freundschaft zu Besitzer Donald Sterling und eine Mannschaft, die derzeit Erfolge in Serie sammelt.

Fazit: Das Duell der Coaches geht ganz klar an Doc Rivers. Der ist zwar auch kein Großmeister des Taktikbretts, dort seinem Widersacher aber auch weit überlegen. Rivers vermag es mit emotionalen Ansprachen sein Team in den Auszeiten nach vorne zu pushen, auch das ist eine Eigenschaft, die del Negro fehlt.

Prognose:

Boston muss sich wie schon letzten Sonntag gegen eines der besten Teams der Liga beweisen. Die Clippers weisen allerdings ein ganz anderes Profil als die Heat auf. Nach einer Niederlagenserie von vier Spielen kommt Los Angeles wieder in Schwung und konnte die letzten beiden Spiele gewinnen. Die Celtics brauchen dagegen weiter dringend Siege, um in den Playoff-Rängen zu bleiben.

Es ist auch so etwas wie ein Generationenkampf. Auf der einen Seite die alten Celtics mit Pierce und Garnett als Ankern, mit Defensive und Mitteldistanzwürfen als Hauptmerkmale des eigenen Spiels. Auf der anderen Seite die Clippers, die Highlight-Show um die Über-Dunker Griffin und Jordan, und einen der explosivsten Guards der Liga.

Auch die Clippers gehören nicht zu den besten Rebound-Teams der Liga, sind ihrem Kontrahenten in dieser Kategorie trotzdem weitaus überlegen. Dies und die Turnoveranfälligkeit der Celtics können Spieler wie Griffin und Bledsoe extrem gut für sich nutzen. Ein Nachteil ist dabei ganz sicher, dass Paul fehlt. Der Point Guard ist das Herz und die Seele des Clippers-Spiels und aus dem System einfach nicht mehr wegzudenken.

Es kommt vor allen Dingen darauf an, wie Bledsoe und die starke Bank diesen Verlust auffangen. Spielt Bledsoe so wie zuletzt und kann für seine Mitspieler kreieren, wird es sehr schwer für die Celtics, bei denen Garnett und Pierce allerdings gute Matchups haben. Trotzdem müssen die Celtics wieder alle Ressourcen abrufen, um gegen die Clippers zu bestehen, die so noch immer einen kleinen Vorteil haben.

Teil I: Die Guard-Positionen

Teil II: Die Forward-Positionen und die Center

Der NBA-Spielplan im Überblick