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Vom One-Hit-Wonder zur Dynasty?

Die Chicago Cubs haben ihr Loser-Image abgelegt
© getty

Die Chicago Cubs gehen erstmals seit über einem Jahrhundert als Titelverteidiger in eine neue MLB-Saison. Die Veränderungen im Kader hielten sich in Grenzen, vielmehr setzt das Team aus der Windy City auf Konstanz und ein ausgeklügeltes Jugendkonzept. Das soll vor allem langfristig Früchte tragen.

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Die Champagner-Seen sind getrocknet, die Millionen von Fans in Chicago haben sich so langsam wieder beruhigt. Die Chicago Cubs stehen vor einer neuen Saison, und das als Titelverteidiger - ein völlig neues Gefühl für die zuvor 108 Jahre titellose Franchise. Die nun vor der Frage steht: Wie verkraftet sie den so seltenen Erfolg? Reicht es vielleicht sogar zum Repeat?

Die Saisonvorbereitung der Cubs verlief dabei ohne große Aufreger und im Grunde durchaus nach Plan. Ein paar Spieler wurden in der Vorbereitung zum World Baseball Classic abberufen, andere hielten sich im Spring Training noch etwas zurück. Doch traditionell sollte man in die Leistungen im Camp nicht zu viel hineininterpretieren.

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Ebenso wie in den Vorbereitungsspielen: Die überschaubare Bilanz in der Cactus League (12-17) spielt keine Rolle. Vielmehr nutzten die Champions die Zeit dazu, sich auf die Saison einzustellen und an kleineren Verbesserungen zu arbeiten. Da wäre etwa Kris Bryant, der im Stile eines Derek Jeters an seinem Opposite-Field-Hitting feilt (ein Rechtshänder steht am Schlagmal links und "pullt" seine Schläge deshalb öfter in die linke Feldhälfte - das "Opposite Field" wäre damit das Right Field) und erste Ergebnisse einem Spiel gegen die Oakland A's mit einem tiefen Homerun Richtung Right Field demonstrierte.

Selbst Bryant, der MVP des Vorjahres, sieht noch Luft nach oben und ist bereit, diese relativ mikroskopischen Defizite anzugehen. "Ich hatte bisher mit meinen Teams noch nie viel gewonnen", verriet er der Sports Illustrated. "Jetzt endlich ganz oben zu stehen, treibt mich nur noch mehr an." Das allein sagt schon sehr viel über diese Gruppe von größtenteils jungen Spielern aus. Eine Truppe, die über den Winter noch etwas jünger geworden ist - ohne großartig auf dem Free-Agent-Markt aktiv geworden zu sein.

Punktuelle Veränderungen

Im Starting Lineup kommt einzig Center Fielder Jon Jay als Ersatz für Dexter Fowler (zu den Cardinals) dazu, wird sich aber wohl den Posten im Platoon (einer spielt gegen Linkshänder, einer gegen Rechtshänder) mit Albert Almora Jr. teilen müssen. Ansonsten beendete Altmeister David Ross auf dem Höhepunkt seine Karriere, was aber anhand von Willson Contreras und Miguel Montero hinter der Platte aufzufangen ist.

Weitere Ergänzungen des Kaders beziehen sich exklusiv aufs Pitching. In der Rotation ersetzt Brett Anderson Jason Hammel, im Bullpen wurde Wade Davis aus Kansas City als Closer-Ersatz für Aroldis Chapman (zu den Yankees) verpflichtet. Hinzu kamen mit Koji Uehara und Brian Duensing zwei Middle Reliever.

Was den Nachwuchs betrifft, spielt sich Infielder Ian Happ immer mehr in den Vordergrund und könnte schon in dieser Saison den Sprung in die Big Leagues schaffen.

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Auf weitere namhafte Neuzugänge wurde hingegen verzichtet - in den Jahren zuvor hatte man die Geldschatulle noch weit geöffnet. Ein Umstand, der Manager Joe Maddon ganz recht ist: "Du musst deine Gedanken und deine Philosophie nicht jedes Jahr einer neuen Gruppe näherbringen." Vielmehr weiß jeder schon, wo der Hase läuft.

Der Fluch ist gebannt

Vor einem Jahr galten die bis dahin als liebenswerte Verlierer bekannten Cubs allseits als klarer Favorit auf den Titel, obwohl noch gewisse Fragezeichen bestanden. So fehlte es etwa noch an einem dominanten Closer, den man in Chapman per Trade fand. Ansonsten entwickelte sich besonders das Pitching erst im Laufe der Saison durch Call-Ups von Talenten wie Carl Edwards Jr. oder den Trade mit den Mariners für Mike Montgomery.

Doch der Rahmen stand von Anfang an und trug die klare Handschrift von Manager Joe Maddon, der mit seiner lockeren, aber immer extrem durchdachten Art den Kurs von Anfang bis Ende durchzog. Die Regular Season wurde mit sagenhaften 103 Siegen beendet - acht mehr als jedes andere Team. Und in der Postseason war lediglich die World Series so richtig spannend und ging über sieben Spiele - Spiel 7 schließlich wäre vielleicht sogar ohne Drama zu Ende gegangen, hätte Maddon nicht seinen Unsinn mit Chapman in Spiel 6 getrieben.

Doch am Ende ging alles gut, der "Curse of the Billy Goat" wurde gebrochen und die Cubs durften jubeln.

Cubbies wieder Favorit

Die aktuelle Lage sieht so aus, dass die Cubs erneut als Favorit in die Saison starten: Die National League Central sollte nur über das Team aus dem Norden Chicagos gehen. Jedes andere Team der Division hat diverse Baustellen, befindet sich im Umbruch oder dümpelt einfach etatmäßig vor sich hin.

Was die restlichen ernsthaften Gegner in der National League betrifft, kommen nahezu alle mit teils großen Fragezeichen in die Saison. Da wären die Los Angeles Dodgers, die abermals sehr viel Geld investieren, aber im Lineup durchaus Lücken aufweisen. Die San Francisco Giants wiederum müssen gerade offensiv Konstanz unter Beweis stellen, während im Osten eigentlich nur die Washington Nationals und New York Mets wirklich auf dem Radar sein können.

Bei den Nats ist das Lineup nicht ganz abgerundet, bei den Mets steht die Gesundheit einiger Stars in den Sternen. Insofern ist an der Favoritenrolle der Cubs erneut wenig zu rütteln.

Das Grundgerüst steht

Und so geht man in Chicago erneut als "Team to beat" in die Spielzeit. Dieses Mal aber mit dem Wissen, dass man es schon geschafft hat. Die größte Hürde ist genommen, wirklich beweisen müssen die Cubs niemandem mehr etwas. Außer sich selbst, schließlich waren die Investitionen und Akquisen der letzten Jahre nicht nur auf einen Titel ausgerichtet.

Teampräsident Theo Epstein und sein Gefolge haben ein Grundgerüst aufgebaut, dass über Jahre hinweg dominieren soll und sicherlich auch kann. Epstein, der "Sporting News Executive of the Year 2016", gilt mittlerweile als einer der besten Sport-Funktionäre überhaupt. Als Beweis dafür muss man nur Spiel 7 der World Series heranziehen: Epsteins erste drei Erstrundenpicks seit seiner Ankunft in Chicago 2012 waren allesamt am entscheidenden Run beteiligt: Kyle Schwarber schlug ein Single, Albert Almora kam als Pinch-Runner in die Partie und schließlich durch einen tiefen Flyball von Bryant auf die zweite Base. Von dort erzielte er den Run auf Ben Zobrists RBI-Double - und der war eine Free-Agent-Verpflichtung von Epstein.

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"Wir werden nie die Wichtigkeit von jungen Spielern vergessen", sagt Epstein, der voller Vorfreude auf die nächste Generation seiner Organisation blickt: "Wir haben definitiv noch einige talentierte und interessante Prospects in unserem System. Manchmal werden diese ein wenig überschattet durch die jungen Star-Spieler, die wir schon auf dem Big-League-Level haben, und die Tatsache, wie schnell diese durch das System gegangen sind. Aber wir haben noch jede Menge Talent in der Hinterhand."

Selbst wenn die Cubbies dieses Jahr nicht erneut den Titel gewännen, um selbigen mitspielen werden sie über Jahre hinweg. Die Voraussetzungen dafür sind optimal - intern wie extern.

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