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Tödlicher Cocktail

SID
Hinrich, Kirk, Deng, Chicago, Bulls
© Getty

Das Conference-Halbfinale vergangene Saison sollte nur der Anfang sein. Der Anfang einer neuen Bulls-Zeitrechnung.

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Chicago wollte wieder ganz oben mitspielen. Der schlechte Start für die Bulls - kein Problem. Sie sind dafür bekannt, nur langsam in die Gänge zu kommen.

Für ihre intensive Spielweise brauchen sie etwas mehr Anlauf, um schließlich die richtige Betriebstemperatur zu erreichen.

Vor 2004/05 haben sie die ersten neun Spiele verloren, vor zwei Jahren nur 12 der ersten 31 Spiele und letzte Saison nur drei der ersten zwölf Partien gewonnen. Jedes Mal haben sie die Playoffs erreicht. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Die Bulls sind ein Team, das psychisch angeknackst ist.

Die Bilanz von fünf Siegen bei elf Niederlagen als Beleg. Da gibt auch der mühsame 91:82-Sieg bei den schwachen Charlotte Bobcats nur wenig Hoffnung.

Kobe im Kopf

Von den Medien und Experten als Ost-Champion gehandelt, stieg der Druck. Druck, der wie eine Bleiweste auf den Schultern junger, unerfahrener Profis lastet.

Dazu brodelte im Oktober die Gerüchteküche - Kobe Bryant zu den Bulls. Ein schöner Gedanke. Chicago träumte vom zweiten Michael Jordan, von weiteren Titeln. Ein Fakt, der an den jungen Spielern nicht spurlos vorüber ging.

Viel zu spät wurde dementiert, die Verträge von Luol Deng und Ben Gordon stattdessen nicht vorzeitig verlängert. Kobe kam nicht, blieb aber in den Köpfen von Deng, Gordon und anderen.

Team voller Rollenspieler

Konzentrationsschwächen, die sich vor allem in der Offensive bemerkbar machten. Chicago ist ein Team, das von seinen Sprungwürfen lebt - und mit ihnen stirbt, wenn sie nicht fallen.

Schlechte Trefferquoten und einfache Ballverluste: ein tödlicher Mix. Einfache Punkte für die Gegner, "Kobe, Kobe"-Rufe im United Center - ein Teufelskreis, aus dem niemand so schnell wieder rauskommt.

Mit jedem Fehlwurf nimmt das Selbstvertrauen ab. Und der Tiefpunkt ist erreicht: Die schwächste Wurfquote, die viertschwächste Dreierquote, die wenigsten Punkte von allen NBA-Teams.

Ironie des Schicksals: Den Bulls fehlt einer wie Bryant. Ihnen fehlt ein Anführer. Einer, der ihnen den Druck nimmt. Der das Team wieder in ruhigeres Fahrwasser führt. Kirk Hinrich und Gordon sind überschätzt, Deng ohne großes Ego ausgestattet. Ein hoch gelobtes Team voller Rollenspieler.

Keine Optionen am Brett

Und: Es fehlt ein gefährlicher Low-Post-Spieler. Mit guten Trefferquoten hat Chicago diese eklatante Lücke in der letzten Saison perfekt kaschiert. Jetzt sieht auch der Zuschauer in der obersten Reihe des United Centers die große Lücke, die am Brett klafft.

Eine Lücke, die Pau Gasol ausfüllen soll. Wieder ist der Spanier aus Memphis Gesprächsthema in der Windy City. Wieder wird keine Ruhe einkehren bei einem Team, das sie so nötig hätte.

Ein Team, dessen großartige Zeit vorbei ist, bevor sie richtig angefangen hat.

NBA-Experte Markus Krawinkel kommentiert für Premiere aus der amerikanischen Profiliga.

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