Schuster: "Schmitt ist kein Teenie-Idol mehr"

Von Interview: Daniel Börlein
Unter Trainer Werner Schuster befindet sich das deutsche Skispringen wieder im Aufwind
© Getty

Werner Schuster geht in seine zweite Saison als Bundestrainer der deutschen Skispringer. Im SPOX-Interview spricht der Bundestrainer über den Olympia-Winter, den verkorksten Sommer und Martin Schmitt.

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SPOX: Herr Schuster, im Sommer haben sich die DSV-Springer ziemlich schwach präsentiert. Muss man Angst haben, dass die Deutschen in dieser Saison nur hinterher fliegen?

Werner Schuster: Der Sommer war ganz klar unter unseren Erwartungen, so ehrlich muss man sein. Wir hatten keinen Springer vorne drin - und das sieht immer schlecht aus. Mir war das natürlich auch nicht recht.

SPOX: Ändern konnten Sie es allerdings nicht.

Schuster: Im letzten Jahr waren wir schnell in einer sehr guten Verfassung, hatten im Laufe der Saison allerdings Probleme, diese Verfassung zu halten. Darum haben wir in diesem Jahr die Sache etwas anders angepackt. Allerdings gab es ein paar individuelle Probleme: Bei Martin Schmitt gab es technische Schwierigkeiten, Michael Neumayer war durch sein Studium sehr beansprucht und Georg Späth war nach seiner Verletzung einfach etwas später dran. Aber trotzdem, ganz klar: Mit dem Sommer kann man nicht zufrieden sein.

SPOX: Hoffnung für den Winter macht das nicht gerade.

Schuster: So schlimm ist es nun auch nicht. Vor allem im letzten Teil der Vorbereitung haben wir die Kurve bekommen und eine gute Basis gelegt. Ich bin zuversichtlich, dass wir wieder anschließen können an die erfolgreiche letzte Saison. Ein guter Start würde dabei sicher vieles erleichtern.

SPOX: An die letzte Saison anknüpfen heißt, wieder ums Podest mitspringen, auf das es Martin Schmitt im letzten Jahr immerhin zweimal geschafft hat?

Schuster: Das Ziel sind die ersten Zehn. Wir brauchen wieder mehr Top-Ten-Plätze mit möglichst vielen verschiedenen Springern. Und wenn das konstant gelingt, kann man auch wieder das Podium angreifen.

SPOX: Wem kann das am ehesten gelingen?

Schuster: Vom Podium will ich jetzt nicht reden. Aber die Top 10: Da bin ich bei Michael Neumayer durchaus optimistisch, er ist schon recht konstant. Auch Georg Späth hat ganz klar das Potenzial dazu. Und Michael Uhrmann hat im Sommer eigentlich den besten Eindruck gemacht. Er ist auf einem sehr guten Weg.

SPOX: Was ist mit Martin Schmitt?

Schuster: Bei Martin hat sich ein kleiner technischer Fehler eingeschlichen. Dennoch hat er bislang die Ruhe bewahrt und macht einen sehr motivierten Eindruck. Wenn er nun erfolgreich in die Saison startet, würde es uns die Sache natürlich erleichtern.

SPOX: Vor allem, weil sich das öffentliche Interesse in Deutschland schon extrem auf ihn fokussiert?

Schuster: Dennoch muss ich sagen: Ein Teenie-Idol ist Martin nicht mehr. Das habe ich im letzten Jahr nicht mehr so wahrgenommen. Er entfacht nicht mehr diese Euphorie, die er vielleicht früher entfacht hat, auch zusammen mit Sven Hannawald. Das hat sich meiner Meinung nach etwas verändert.

SPOX: Inwiefern?

Schuster: Ich weiß nicht, ob es noch so viele junge Mädchen gibt, die wegen Martin zum Springen kommen. Man kann aber auf jeden Fall feststellen, dass er überall enormen Respekt erntet. Durch sein Auftreten im letzten Jahr, auch als gereifte Persönlichkeit, haben schon viele vor ihm den Hut gezogen. Er hat über die Jahre großes Durchhaltevermögen gezeigt, das schätzt man. Er repräsentiert den deutschen Skisprungsport ausgezeichnet. Es wäre schön, wenn er noch zwei, drei Jahre vorne dran steht und noch das ein oder andere Karriere-Highlight erleben darf.

SPOX: Braucht das deutsche Team Martin Schmitt auch, weil keine jungen Springer nachkommen?

Schuster: Ganz klar: Wenn ein junger Springer ins Team käme, der nicht nur 25. wird, sondern die Hierarchie etwas durcheinander bringt, wäre das für uns ein Motor. Auch um den Etablierten etwas Druck zu machen.

SPOX: Warum gibt es keinen?

Schuster: Wir sind dabei, junge Springer heranzuführen. Wir müssen versuchen, die Strukturen in den unteren Bereichen zu verbessern. Dort haben wir im Sommer auch angesetzt. Es ist alles langfristig angelegt, sodass das System auf lange Sicht Sportler hervor bringt, die wieder Idole werden können.

SPOX: Momentan sind aber keine Spitzenplätze von den Jungen in Sicht. Wer macht denn zumindest Hoffnung?

Schuster: Die Entwicklungen von Andreas Wank und Pascal Bodmer lassen schon hoffen, dass sie zu den etablierten Leuten aufschließen können. Von den Ergebnissen her war Wank noch auffälliger als Bodmer, der im Sommer sehr engagiert war und mittlerweile voll integriert ist.

SPOX: Und wie stark sind alle zusammen als Team?

Schuster: Wir sind sehr ausgeglichen besetzt, darum hoffen wir bei Olympia schon auf eine Medaille. Diese Mannschaft ist sehr leistungsfähig und kann definitiv an der Spitze mithalten. Wir haben aber momentan nicht diese Überflieger, dass wir an schlechten Tagen noch präsent sind.

SPOX: Wie groß ist die Lücke zu Mannschaften, die solche Überflieger haben?

Schuster: Überflieger gibt es nur einen: Gregor Schlierenzauer. Der ist deutlich besser als die anderen. Aber den muss man mal außen vor lassen. Die Lücke zu den anderen ist sicher nicht so groß. Da sind wir wieder etwas näher heran gerückt, würde ich sagen. Aber nach meinem Gefühl sind wir noch nicht dort, wo man sein müsste, um entscheidende Akzente zu setzen.

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