Zverev - und sonst?

Von Arne Pieper
Alexander Zverev ist auf dem Weg in die Weltspitze des Tennis
© getty

Mit Alexander Zverev arbeitet sich die personifizierte Hoffnung des deutschen Herrentennis peu a peu an die Weltspitze. Ansonsten sieht es allerdings mau aus. Die Probleme sind vielfältig: Mal übersieht der DTB ein großes Talent, mal fehlt schlichtweg das Geld - oder die Bequemlichkeit wird zum Problem.

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Der DTB scheint mit Alexander Zverev endlich sein langersehntes Aushängeschild gefunden zu haben. Mit gerade einmal 19 Jahren ist er bereits die Nummer zwei im deutschen Herrentennis, welches sich ansonsten weiter in einer schweren Krise befindet.

Ob sich an der jahrelangen Dürre in Zukunft etwas ändert, liegt zumindest mittelfristig allein in den Händen des jungen Zverev, der aktuell neben Philipp Kohlschreiber als einziger deutscher Profi unter den Top 50 der Weltrangliste geführt wird.

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Zumindest eine geringere Anzahl vielversprechender Talente lauert in den Startlöchern, der wegweisende Sprung auf die Profi-Tour steht allerdings noch bevor. Genau dieser Schritt ist in Deutschland äußerst steinig und zwingt die jungen Spieler zur Improvisation, um sich den Traum trotz der strukturellen Defizite zu erfüllen.

Der Kronprinz

Inspiriert durch die Karriere seines Bruders Mischa und angetrieben von seinem Vater Alexander Michailowitsch, ehemals sowjetischer Profispieler, stand Alexander, genannt Sascha Zverev, schon als kleines Kind fast täglich auf dem Court. Statt den klassischen Weg über tägliche Arbeit in Verein und Leistungszentren zu gehen, trainierte er hauptsächlich im Umfeld seiner Familie.

Bereits mit 13 reiste er mit seinem älteren Bruder um die Welt, begünstigt durch das Entgegenkommen seiner Schule. Das Mannheimer Kurpfalz-Gymnasium erlaubt als eine der einzigen Schulen in Deutschland mit Leistungssport-Zweig auch längere Fehlzeiten.

Wegen der besseren Bedingungen verbrachte er schon als Teenager den Großteil der kalten Jahreszeit in Florida und Australien, mit Abschluss der zehnten Klasse verließ er die Schule dann zugunsten der Karriere komplett. Die großen Erfolge bei den Junioren ließen nicht lange auf sich warten, weshalb er schon mit 16 den Schritt auf die Profitour wagte - der richtige Schritt, wie sich inzwischen herausgestellt hat.

Zu was Zverev wirklich im Stande ist, werden wir wohl erst in den kommenden Jahren erfahren. Vor allem in puncto Kraft muss er noch deutlich zulegen, aufgrund des erst jetzt abgeschlossenen Wachstums wurde er in dieser Hinsicht lange Zeit eingeschränkt.

Der Hoffnungsträger

Abgesehen von Zverev landet man auf der Suche nach der größten Nachwuchshoffnung schnell bei einem Namen: Rudolf "Rudi" Molleker. Ihm wird nicht nur eine rosige Zukunft vorausgesagt, er kann mit seinen 15 Jahren auch bereits auf eine spannende Lebensgeschichte voller Hindernisse zurückblicken.

Molleker wurde 2000 in der Ukraine geboren, drei Jahre später entschieden sich seine Eltern, nach Deutschland auszuwandern. In Brandenburg kam die Familie zunächst in einem Heim unter, wo sie sich unter menschenunwürdigen Verhältnissen durchschlagen musste. Zusammen mit drei Geschwistern, Onkel, Tante, Neffe und den Eltern lebte Molleker in einem einzigen Zimmer, ehe der Familie eine Plattenbauwohnung im Berliner Stadtteil Oranienburg zugeteilt wurde.

Nachdem seine Mutter zwei Jahre später eine Stelle als Zahnärztin gefunden hatte und Rudolf per Zufall ein Tennisschläger in die Hände gefallen war, sollte sich das Leben für die Mollekers jedoch radikal ändern: Der Vater erkannte das große Talent und kümmerte sich fortan rund um die Uhr um die potentielle Karriere seines Sohnes. Sämtliche Einkünfte der Mutter, die nicht für das Nötigste zum Leben gebraucht wurden, wanderten in die Ausbildung von Rudolf.

"Mein Ziel ist ganz klar die Nummer eins"

Zehn Jahre später stand Rudi Molleker im Junioren-Hauptfeld der Australian Open. Er hat bereits eine eigene Website, zwei Trainer und spricht mit gesundem Selbstvertrauen über die Zukunft.

"Mein Ziel ist ganz klar, die Nummer eins der Welt zu werden", verrät er der Berliner Morgenpost. Der finanzielle Aufwand war enorm, die Familie wohnt noch immer in der kleinen Berliner Plattenbauwohnung. Spätestens seit seinem Durchbruch in den vergangenen Monaten ist aus dem Traum der erfolgreichen Profikarriere aber ein absolut realistisches Szenario geworden.

Angetrieben von der Hoffnung auf ein besseres Leben ist bei dem Jungen der unbändige Wille erwacht, sich für den Erfolg jeden Tag zu quälen, härter und länger als alle anderen: "Ich möchte allen in meiner Familie ein schönes Leben ermöglichen. Und dafür arbeite ich jeden Tag."

Auf der Strecke blieben auf seiner Mission allerdings nicht nur Freizeit und Freunde, sondern auch die Schule. Wie viele andere setzt auch Molleker alles auf eine Karte, wie er im vergangenen Jahr selbst verriet. "Über Plan B habe ich mir noch keine Gedanken gemacht", sagte er während eines Showturniers in Berlin, bei dem er Henri Leconte gegenüber stand, und schickte noch hinterher: "Hausaufgaben? Nicht so mein Motto."

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