Degenkolb Achter bei Kwiatkowski-Sieg

SID
Michal Kwiatkowski triumphiert in Ponferrada
© getty

Trotz einer couragierten Leistung von Hoffnungsträger John Degenkolb geht das Warten auf eine deutsche Sternstunde im WM-Straßenrennen der Profis auch 48 Jahre nach Rudi Altig weiter.

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Der Thüringer Radprofi belegte zum Abschluss der Titelkämpfe im spanischen Ponferrada nach einem zermürbenden Ausscheidungskampf durch Regen und Nässe den achten Platz. Nach 254,8 Kilometern und beinahe sechseinhalb Stunden Schinderei setzte sich der Pole Michal Kwiatkowski nach einer Solofahrt durch und holte das Regenbogentrikot.

"Mit der Vorgeschichte kann ich mit dem Ergebnis zufrieden sein. Ich war wie jeder andere am Limit. Dieses Jahr hatte ich einfach nicht genug Power, in Top-Form hätte ich das Potenzial für eine Medaille gehabt", sagte Degenkolb, der gerade eine Infektion in der Leistengegend überstanden hatte: "Ich habe mich das ganze Rennen nicht superwohl gefühlt und den letzten Punch vermisst."

Degenkolb fehlten im Finale die entscheidenden Reserven. Als Kwiatkowski gut sechs Kilometer vor dem Ziel attackierte, war keiner der Favoriten imstande zu folgen. Trotz einer verzweifelter Jagd behauptete der Teamkollege von Tony Martin bei Quick Step einen knappen Vorsprung auf den Australier Simon Gerrans und den Spanier Alejandro Valverde, die Silber und Bronze gewannen. Degenkolb kam mit acht Sekunden Rückstand in der zweiten Verfolgergruppe ins Ziel.

Seit 1966 keine Goldmedaille im Straßenrennen

Der Bund Deutscher Radfahrer BDR wartet damit weiterhin seit 1966 auf eine Goldmedaille im Straßenrennen, als Altig am Nürburgring das Regenbogentrikot eroberte. Den letzten Podestplatz für den BDR erkämpfte André Greipel im Jahr 2011 als Dritter in Kopenhagen. Kwiatkowski ist der erste Profiweltmeister Polens.

Vor allem die Deutschen und die Italiener um Tour-de-France-Sieger Vincenzo Nibali sorgten mit ihrer offensiven Fahrweise für einen hoch interessanten Verlauf. Auch der entthronte Zeitfahr-Weltmeister Martin unternahm einen Versuch. Das schlechte Wetter hatte da bereits Dreckspuren im Gesicht hinterlassen, die Anstrengung ebenso. Es war ein ähnlicher Angriff des 29-Jährigen wie nach Mühlhausen im Juli bei der Frankreich-Rundfahrt - nur diesmal führte er nicht zum Erfolg.

Regen sorgt für schwierige Verhältnisse

Immer wieder setzte Regen in den letzten beiden Rennstunden ein und sorgte für komplizierte Verhältnisse. Nibalis Helfer übernahmen in dieser Phase die Regie und erhöhten die Schlagzahl erheblich. Sprinter Greipel, Christian Knees und Johannes Fröhlinger wurden dadurch in der fünftletzten von 14 Runden abgehängt. Degenkolb hielt sich neben seinen Hauptkonkurrenten, musste aber schon auf die Zähne beißen.

Nach seiner gerade überstandenen Infektion in der Leistengegend stand hinter Degenkolbs Form ein dickes Fragezeichen. "Sobald ich sehe, es macht keinen Sinn, werde ich ein Signal geben", hatte er gesagt. Doch er fühlte sich offensichtlich gut genug. Gesundheitsgefährdend war sein Start nicht gewesen, BDR-Teamarzt Helge Riepenhof hatte Degenkolbs Blutwerte vor Ort in einer Klinik noch einmal überprüfen lassen.

Letzter Saisonhöhepunkt für Degenkolb

Das WM-Rennen war der letzte Saisonhöhepunkt des Wahl-Frankfurters nach einem Jahr mit Höhen und Tiefen. Beherzte Auftritte und Rang zwei bei Paris-Roubaix zu Beginn, dann Sturzpech und zweimal fehlendes Etappenglück bei der Tour de France, eine überaus erfolgreiche Vuelta mit vier Tageserfolgen und dem grünen Punktetrikot, aber auch der Erkrankung zur Unzeit, die ihm der Krankenhausaufenthalt bescherte.

Für den BDR waren es erfolgreiche Titelkämpfe. Drei Goldmedaillen und zweimal Silber waren eine der besten Bilanzen der vergangenen Jahre und ein weiterer Beleg für den Aufwärtstrend des deutschen Radsports. Dazu holten Lisa Brennauer (Specialized) Martin (Quick Step) im Zeitfahren der Profiteams Gold und Bronze.

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