Keep on rollin' baby!

Von Michael Stricz
Brianna Rollins (l.) setzte sich auch über 100m Hürden wieder gegen ihre Konkurrentinnen durch
© getty

Bolt holte sich erneut ungefährdet Gold. Für Deutschland gab es an Tag 8 dagegen nichts zu holen. Nur 13,04 Sekunden und drei Sprünge dauerte der Samstag für Hildebrand und Jungfleisch. Eine US-Sprinterin kam so richtig ins Rollen und beim Marathonlauf wurden nicht nur Helden geboren.

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Tag 8 hätte in Moskau für die beiden deutschen Starterinnen kaum kürzer ausfallen können. Hochspringerin und Nachwuchshoffnung Marie-Laurence Jungfleisch scheiterte bereits bei der Anfangshöhe von 1,89m - und das nicht gerade knapp. "So hoch musste ich noch nie in einen Wettkampf einsteigen", gab die Deutsche bereits vor dem ersten Versuch zu Protokoll und verhexte sich damit - nach einhelliger Meinung der SPOX-Redaktion bereits selbst.

Auch für Nadine Hildebrand lief es nicht besser. Ihr Tag war bereits beendet, bevor er so richtig begonnen hatte. Trotz einer machbaren, weil schwachen Gruppe im ersten Halbfinale über 100m Hürden blieb sie ohne jede Chance gegen die Konkurrenz. 13,04 Sekunden und die Erkenntnis, dass es zu mehr einfach nicht reicht, werfen durchaus Fragen auf, was die deutsche Nachwuchsarbeit in diesem Bereich angeht.

Einen schönen Moment gab es aus deutscher Sicht dann doch noch an diesem verkorksten Tag: David Storl durfte sich für seinen gestrigen Triumph im Kugelstoßen im Luschniki-Stadion gebührend feiern lassen. Die Klänge der Nationalhymne und sein Strahlen ließen den Tag nicht komplett verschwendet erscheinen.

Für die sportlichen Highlights sorgten aber andere an diesem Tag. Zum Beispiel Usain Bolt, der gemeinsam mit seinem jamaikanischen Landsmann Warren Weir gefühlte Lichtjahre vor der Konkurrenz ins Ziel...stürmte? Joggte? Flanierte? So genau war das auch dieses mal nicht auszumachen.

Der ganze Tag zum Nachlesen im Ticker

Am letzten Wettkampftag steht morgen alles im Schatten des Duells zwischen Jamaika und den USA bei der 4 x 100m Staffel der Männer. Da werden wir dann auch Mr. Bolt ein letztes Mal sehen. Auch die Damenstaffel hat es jedoch in sich.

Aus deutscher Sicht besonders interessant ist der Speerwurf, wo sich Linda Stahl und Christina Obergföll gegen Favoritin Maria Abakumova gute Medaillenchancen ausrechnen können.

Homiyu Tesfaye ist dagegen im 1500m Finale eher Außenseiter. In den Vorläufen hat er jedoch bereits gezeigt, dass er vor großen Namen keine Angst hat (morgen ab 14.00 Uhr im LIVE-TICKER).

Die Entscheidungen des Tages:

Mann des Tages: Julius Yego

Es war einer der wenigen Ah-Momente des heutigen Tages. Julius Yego schleuderte seinen Speer auf völlig überraschende 85,40 Meter und schob sich so kurz vor Ende des Wettbewerbs auf Medaillenplatz drei. Der Kenianer ist zwar bei weitem kein unbeschriebenes Blatt im Speerwurf aber bei den Medaillen hatte ihn in Moskau niemand auf der Rechnung. Am Ende reichte es durch die Explosion von Dmitri Tarabin dann nicht fürs Treppchen, aber auch das nahm der Sympath mit einem Lächeln zur Kenntnis. Großer Sport!

Frau des Tages: Natasha Hastings

Hastings machte ihrem Namen in der 4 x 400m Staffel der Frauen alle Ehre. "Als wäre der Leibhaftige hinter ihr her", holte sie als zweite Läuferin der USA-Ladies einen schier unglaublichen Vorspung vor den Russinnen heraus. Am Ende ging ihr dann zwar etwas die Puste aus, aber den erstaunten Blick ihrer Konkurrentinnen sollte sie sich als Motivationshilfe ins Wohnzimmer hängen.

Sprüche des Tages:

"Ich würde wahrscheinlich acht Tage dafür brauchen." (Maurice Green schätzt die eigenen Marathon-Fähigkeiten pessimistisch ein)

"Da hat man uns jetzt informationstechnisch nicht gerade mit einer Tonne Papier gefüttert." (Die Kommentatoren sind sichtlich überrascht von einer spontanen Fairplay-Preisverleihung)

"Beide sind blau! Die sind so voll mit Milchsäure!" (Gewagte Kommentatorenthesen gab es auch heute wieder)

"Ich bin einfach nur froh, dass ich heute mit einer Personal Best und einer Medaille für Großbritannien hier rausgehe. Bei den Hürden kann alles passieren, aber ich habe an mich geglaubt. (Tiffany Porter weiß, dass der Glaube Berge und Hürden versetzen kann)

"Was für eine Erfahrung diese ganze Meisterschaft für mich war. Es war eine der aufregendendsten Sachen, die ich je erlebt habe. Keine Worte können beschreiben, wie ich mich gerade fühle." (Adam Gemili ist trotz Platz fünf sichtlich überwältigt)

"So hoch musste ich noch nie in einen Wettkampf einsteigen, sonst beginne ich so bei 1,80 m." (Marie-Laurence Jungfleisch musste erkennen, dass es bei der WM eben zur Sache geht)

Zahlen des Tages:

90 Minuten Pause hatten die 100m Hürdenläuferinnen zwischen ihrem Halbfinale und dem Finale maximal. Sinnvoll? Ich glaube nicht.

87,07 m weit warf der Finne Tero Pitkämäki seinen Speer und damit Landesrekord. Es reichte aber nur für Platz zwei.

32 Rennen lang ist Brianna Rollins inzwischen schon ungeschlagen. Trotzdem war es ihr erster großer Titel. Keep rollin baby!

19 Jahre hat Adam Gemili (GBR) erst auf dem Buckel. Seine 20.08 Sekunden im 200m Finale machen Lust auf mehr.

10 Meter fehlten nach 5000 Meter der Siegerin Meseret Defar (ETH) für die Überrundung der Spanierin Dolores Checa. Glück gehabt!

7 Geschwister hat die britische Läuferin Christine Ohuruogu. Sie ist das zweitjüngste Kind.

6 oder 7? Das war die Frage am Ende des Marathonlaufs, als die beiden Brasilianer Paulo Roberto Paula und Solonei da Silva Hand in Hand die Ziellinie überquerten. Wohl eines der wenigen Fotofinishes in der Geschichte des Marathons und für mich einfach ein schönes Bild, das beweist, dass es nicht immer nur um Sieg oder Niederlage geht.

0 Top-Ten-Läuferinnen hatte Nadine Hildebrand in ihrem Halbfinale. Trotzdem verpasste sie das Finale deutlich.

Name des Tages: Lelisa Desisa

Sein Name klingt nach Krankheit, aber der Marathonläufer gehörte lange Zeit zur Gruppe tapferer Äthiopier, die sich der Dominanz von Stephen Kiprotich (UGA) widersetzten. Kurz vor dem Einlauf ins Luschniki-Stadion musste dann aber auch er abreißen lassen. Die Silbermedaille ist jedoch mehr als ein Trost für den besten Läufer seines Landes bei dieser WM. Ein Wunder ist seine Leistung jedoch nicht, denn wie schon Pumuckl wusste: "was sich reimt ist gut".

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