"Ich genieße die Schmerzen"

Jamel McLean (l.) kann bei Alba unter anderem in der Euroleague überzeugen
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Sie sprachen Ihr unglücklich verlaufenes Intermezzo in Italien an. Sie wechselten 2012 von Leuven zum italienischen Zweitligisten Givova Scafati - und wurden prompt nach Saisonstart entlassen.

McLean: Das war nicht einmal nach dem Saisonstart. Es war mitten in der Vorbereitung, als der General Manager zu mir kam und sagte: "Jamel, es tut mir leid, weil du ein großartiger Spieler bist, doch der Präsident sagt, dass du nicht zu uns passt." Daraufhin wurde der Vertrag aufgelöst, obwohl es keiner verstand. Am Gehalt kann es nicht gelegen haben. Angeblich hatte der Präsident ohne Grund eine andere Vorstellung. Was für eine schlimme Zeit!

SPOX: Darauf kehrten Sie für einen befristeten Vertrag nach Belgien zurück zu Ostende. Nach drei Monaten, Ende 2012, standen Sie wieder ohne Verein da.

McLean: Dennoch lief es gut. Die drei Monate reichten aus, um Bonn von mir zu überzeugen. Und so fing es erst richtig an. Im ersten halben Jahr in Bonn lernte ich die deutsche Liga kennen und baute wieder Selbstvertrauen auf. Dann war es enorm wichtig, dass ich 2013/14 die gesamte Saison bei den Baskets spielen konnte. Erst das ermöglichte mir den Wechsel zu Alba.

SPOX: Ihr erster Trainer in Deutschland war Mike Koch, Ihr aktueller Trainer ist Sasa Obradovic. Unterschiedlicher können zwei Coaches nicht sein, oder?

McLean: Vorweg: Was die Qualität des Coachings anbelangt, gibt es keinen Unterschied. Mike ist ebenfalls überragend. Er vertraute mir und gab mir erst die Chance. In der Herangehensweise, wie man coacht, sind die beiden wie Tag und Nacht, das stimmt. Coach Obradovic ist hart, richtig hart.

SPOX: Der härteste Coach, den Sie je hatten?

McLean: Ja, ja, absolut ja. Trotzdem soll es nicht wie eine Beschwerde klingen. Es gab keinen Coach, unter dem ich mich so verbessert habe. Er weiß genau, wie man jemanden anstachelt, damit man sich immer weiter verbessern will.

SPOX: Reicht das, um in Berlin zu bleiben?

McLean: Alles, was über die Saison hinausgeht, ist Sache meines Agenten. Ich bin auf dem Rücksitz und schaue, wo ich am Ende aussteige. Ich weiß nur, dass es Optionen gibt. Derzeit konzentriere ich mich aber nur auf die aktuelle Saison mit Alba.

SPOX: Wie den FC Bayern, der sicherlich an einem athletischen Forward interessiert ist und sich gerne bei Alba bedient?

McLean: Dazu kann ich nichts sagen.

SPOX: Ganz allgemein: Sie sind 26 Jahre und kommen in die beste Spanne Ihrer Karriere. Entscheidet die Perspektive - oder doch das Portemonnaie?

McLean: Beides wäre großartig. Die Zeit ist begrenzt, daher möchte ich das Beste herausholen. Gleichzeitig muss man sich wohlfühlen, um das Beste herausholen zu können. Es ist eine schwierige Frage.

SPOX: In Berlin sind Sie unumstritten.

McLean: Ich mag die Stadt, die Arena, die Atmosphäre, die Menschen.

SPOX: Mit dem Buzzerbeater beim Erfolg über den NBA-Champ San Antonio im Rahmen der Global Games sorgten Sie auch in Übersee für Aufsehen. Welche Auswirkungen hatte das?

McLean: Viele sagen, dass es nur ein Freundschaftsspiel war. Das stimmt natürlich, dennoch finde ich, dass unser Sieg nicht wertlos war. Kein Team der Welt mag es zu verlieren und die Spurs ließen nicht zufällig Tim Duncan und Tony Parker fast durchspielen. Umso schöner war es, dass nach dem Sieg eine Woche lang Interview-Anfragen aus den USA reinkamen.

SPOX: Wie groß sind denn die Chancen auf die NBA? Sie trainierten im Sommer immerhin bei den Sacramento Kings mit.

McLean: Es klingt beeindruckender, als es ist. Die Kings luden sechs, sieben Spieler zu einem unverbindlichen Workout ein, das war es. Die NBA ist tricky. Man weiß nie, was von einem erwartet wird und warum man eine Einladung erhält oder warum nicht. Es ist nicht so, als ob es objektive Maßstäbe gibt, vieles ist purer Zufall. Die einzige klare Sache: Wenn man gefragt wird, egal von welchem NBA-Team, muss man hinfliegen und das Beste geben. Ob es reicht, weiß man nie. Man benötigt mentale Stärke, um die NBA zu kommen. Und man benötigt eine noch größere mentale Stärke, um in der NBA bleiben zu können.

SPOX: Dient P.J. Tucker als Vorbild?

McLean: P.J. Tucker? Wer ist das?

SPOX: Er ist wie Sie ein athletischer Power Forward, der über Bamberg in die NBA kam und sich in der 3. Saison bei den Phoenix Suns behauptet.

McLean: Ob man es aus der BBL in die NBA schafft, hängt von der Meinung des Einzelnen ab. Einige sagen, dass die BBL eine gute, respektable Liga ist, die immer stärker wird. Andere sagen, dass sie nicht zu den Topligen zählt, weil dort nicht so viele bekannte Namen spielen. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Ich persönlich mag die BBL sehr. Vor allem, weil sie sehr zuverlässig ist und die Gehälter pünktlich überweist.

Seite 1: McLean über die Euroleague, das College und Blake Griffin

Seite 2: McLean über seine Entwicklung, seinen Dunk-Mentor und enge Sitze

Seite 3: McLean über Italien, den härtesten Coach und die NBA

Jamel McLean im Steckbrief

Artikel und Videos zum Thema