"Ein massives Problem für die NBA"

Von SPOX
Die Triangle-Runde: Florian Regelmann, Dirk Bauermann, Haruka Gruber, Philipp Dornhegge (v.r.)
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These: Europa ist ein ernsthafter Konkurrent für die NBA.

Haruka Gruber: In den USA interessiert sich niemand für den europäischen Basketball, da kann der Lockout so lange andauern wie er will. Die amerikanischen Basketball-Journalisten berichten derzeit auch eher widerwillig und aus Langeweile über die NBA-Legionäre. Aber für den europäischen Markt wird es interessant zu beobachten sein, welche Auswirkungen der Lockout haben wird. Beim letzten Streik 1999 war der europäische Basketball nicht soweit, doch jetzt hat die Euroleague aufgeholt. Das Final Four ist eine echte Marke und zu einem Zuschauermagneten geworden. Gleichzeitig macht sich die NBA keine Freunde, vor allem im wichtigsten europäischen Markt: Deutschland. Erst das TV-Desaster trotz Dirk Nowitzkis Titelgewinn, jetzt der Lockout. Die FIBA Europe hat hingegen die Zeichen der Zeit erkannt und geht auf Deutschland zu. Dass die Bayern als BBL-Aufsteiger eine Wild Card für den Eurocup bekommen, während selbst Besiktas mit Deron Williams in die Quali muss und ausscheidet, ist ein eindeutiges Indiz. Wer weiß, vielleicht setzt langsam ein Wandel in Europa ein: Mit Deutschland als Lokomotive und England, wo sich dank Olympia 2012, Luol Deng und Ben Gordon auch etwas bewegt. Dazu Spanien, Russland sowie die Türkei und Italien, die wieder richtig aufrüsten. Nur Griechenland macht Sorgen.

Dirk Bauermann: Es ist nicht nur Griechenland. Selbst in Spanien sind eine Handvoll Erstliga-Klubs von der Insolvenz bedroht. Wer weiß, was im Zuge der Euro-Krise noch auf uns zukommt? Aber auch davon abgesehen wird es schwer, sich mit der NBA zu vergleichen. Die NBA ist nicht nur eine Basketball-Liga, sondern auch ein Lifestyle-Statement. Deswegen ist die Faszination vor allem bei uns in Deutschland so groß - wobei sich mir diese NBA-Zentrierung noch nie ganz erschlossen hat. In Griechenland schaut kaum jemand NBA, weil dort die Meinung herrscht, dass es kein richtiger Basketball ist, sondern Unterhaltung. In Spanien ist es ein bisschen anders, dafür ist dort neben der NBA mit der ACB ein zweites starkes Produkt etabliert. Generell kann ich nur schwer einschätzen, ob der Lockout irgendetwas nachhaltig verändert in Europa.

Florian Regelmann: Für die NBA ist und bleibt der heimische Markt mit Abstand der wichtigste - und da würde ich mir schon große Sorgen machen, wenn ich David Stern wäre. Im Moment ist der Lockout nicht allzu schlimm, weil die MLB-World-Series bis zuletzt liefen und derzeit parallel in der NFL und am College Football gespielt wird. Aber wenn die NBA-Christmas-Games nicht stattfinden und im Februar die NFL vorbei ist, wird die Öffentlichkeit richtig wütend sein. Und darunter wird die Liga und jeder einzelne Spieler leiden. Der Lockout 2004 hätte die NHL fast getötet: Vorher hat "ESPN" berichtet, dann war es plötzlich das "Outdoor Life Network", das nach einem NHL-Spiel mit dem Double-Header nachlegte: Angeln und Entenjagd. So schlimm wird es der NBA nicht ergehen, dafür ist die Liga zu groß. Dennoch muss sie extrem aufpassen.

Bauermann: Die NHL hat sich davon noch nicht erholt und auch die NBA wird darunter leiden, wenn die gesamte Saison abgesagt wird. Es ist einfach für den normalen Bürger nicht nachvollziehbar, was in den Köpfen beider Lager vorgeht. Da denke selbst ich: Das kann doch wohl nicht wahr sein. Man bekommt den Eindruck: Dem Rest der Nation geht es schlecht, aber die verwöhnten Gierschlunde streiten sich um Prozentpunkte des Milliarden-Potts und verlangen dann Unsummen von den Fans für ein Heimspielticket. Das ist ein PR-Desaster und die NBA bekommt ein massives Wahrnehmungsproblem.

Philipp Dornhegge: Aber all das gilt nur für die USA, da sind wir uns glaube ich einig. Also dort, wo der europäische Basketball, wie Haruka richtig sagt, sowieso keine Rolle spielt. Die Ausgangsthese "Europa ist ein ernsthafter Konkurrent für die USA" kann sich deshalb nur auf den europäischen Raum beziehen, und da erwarte ich für die NBA durch den Lockout eigentlich keine bleibenden Schäden. Hier sind NBA-Spieler Idole, die die meisten nur aus der Distanz sehen. Hier will man einfach nur möglichst spektakulären Basketball und die Superstars LeBron James, Kobe Bryant und Co. sehen, zumal gerade in Deutschland ein Großteil der Fans Jugendliche oder junge Erwachsene sind. Da interessiert doch nur die Wenigsten, was sich hinter den Kulissen abspielt. Sobald die NBA-Saison läuft, sitzen die Deutschen wieder vor den Bildschirmen.

Bauermann: Ein guter Punkt. Für die europäischen Fans ist die NBA ein ganz anderes Erlebnis als für die amerikanischen, die oft ihre mühsam verdienten Dollar in die Hand nehmen und viel Geld ausgeben, um in den Arenen live dabei zu sein. Da wird sich die eine oder andere Familie sicher überlegen, ob diese geldgeile Liga weitere Besuche verdient. Oder ob sie bei anderen Sportarten nicht genauso gut unterhalten wird. Deutsche geben dagegen nur ein paar Euro für Streams und Fanartikel aus, und damit hat sich das.

These 1: Bamberg ist auf dem Weg zu einem europäischen Topteam.

These 2: Der FC Bayern ist der einzige Rivale für Bamberg.

These 3: BBL-Klubs sollten sich intensiver um NBA-Spieler bemühen.

These 5: Die NBA ist für Elias Harris eine Nummer zu groß.

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