Korruptionssumpf in Brasilien ufert aus

SID
Dem brasilianischen Ex-Sportminister Orlando Silva soll bis zu 23 Millionen US-Dollar veruntreut haben
© Getty

Der Rücktritt von Sportminister Orlando Silva ist ein neuer Höhepunkt der Korruption in Brasilien vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und Olympia 2016 in Rio de Janeiro.

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Der Kampf der Polizei gegen die Drogenbanden forderte Dutzende von Toten. Nach dem Teilerfolg im Kampf um die Sicherheit wirft die ausufernde Korruption in Brasilien immer größere Schatten auf die von Organisations-Chaos gekennzeichnete Vorbereitung der Fußball-WM 2014 und Olympia 2016 in Rio de Janeiro. Orlando Silva, der Regierungsbeauftragte für beide Großereignisse, soll vor seiner Demission am Mittwoch bis zu 23 Millionen US-Dollar veruntreut haben.

Der 40 Jahre alte Silva, der Gelder aus Projekten für Fußball-WM und Olympia in Kassen seiner kommunistischen Partei umgeleitet haben soll, ist bereits der fünfte Minister, der seit Amtsantritt von Staatspräsidentin Dilma Rousseff im Januar wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste.

Dennoch sitzt die 64-Jährige fester denn je im Sattel, erhält Zustimmungswerte von derzeit 71 Prozent. Denn das Volk spürt, dass sie mit eisernem Besen gegen Korruption und das Chaos regiert.

Als Nachfolger für Silva ist zwar auch Brasiliens Fußball-Idol Pele im Gespräch, doch der 71-Jährige ist nicht wirklich ein ernsthafter Kandidat. Schon eher Ex-Minister Aldo Rebelo, als einer der großen Kritiker der Korruption in Brasiliens Fußball ganz auf der Seite der Staatspräsidentin.

Durch Anti-Korruptions-Kampagne rollen Köpfe

Kein Wunder, dass seine Ambitionen schon heftig attackiert werden von Ricardo Teixeira. Gegen den Präsidenten des brasilianischen Fußball-Verbandes, Schwiegersohn des früheren Weltfußball-Präsidenten Joao Havelange, läuft beim Fußball-Weltverband FIFA ein Verfahren wegen Korruption.

Einen Tag nach Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens wegen Korruptionsverdachts erklärte Silva nach einem Gespräch mit der Präsidentin bei seinem Rücktritt: "Ich verlasse die Regierung, um meine Ehre zu verteidigen. Vielleicht wird die volle Wahrheit einmal bekannt."

Im Fall Orlando Silva gab es nach Aussage des Polizisten Joao Dias Ferreira in seinem Ministerium ein Schmiergeldsystem, bei dem rund 20 Prozent des Budgets für ein soziales Kinder-Sportprogramm zweckentfremdet worden sein sollen.

Staatschefin Rousseff hatte sechs Monate nach Amtsantritt im Juli eine Anti-Korruptions-Kampagne gestartet, weil mehrere Schlüsselmitglieder ihrer Regierung unter Verdacht geraten waren. Vor Silvas Rücktritt feuerte Rousseff ihren Kabinettschef Antonio Palocci, dann Agrarminister Wagner Rossi, Transportminister Alfredo Nascimento, zuletzt Tourismusminister Pedro Novais - allesamt wegen Korruption.

Arbeiten an WM-Spielorten stocken

Neben Korruption beeinträchtigen Streiks, organisatorische Pannen um die Finanzierung und Schlamperei auf den Baustellen den Fortgang der Arbeiten an den zwölf WM-Spielorten. Akzeptabel ist nur die Situation an der 70.000-Zuschauer-Arena in der Hauptstadt Brasilia. Dort ist wenigstens ein gutes Drittel der Arbeiten vollendet.

"Wir befinden uns in einem Wettlauf mit der Zeit", sagte Staatspräsidentin Rousseff, nachdem deutlich geworden war, dass Jahrzehnte nicht investiert in die Infrastruktur wurde. Elf Milliarden US-Dollar sind nötig zur Modernisierung von Straßen, Telekommunikation, Sicherheitseinrichtungen und Hotels.

Die FIFA hat Brasilien bereits mehrfach wegen der erwarteten Verzögerungen bei verschiedenen Projekten verwarnt. Skeptiker fürchten, dass Rousseff zu optimistisch war, als sie die Fertigstellung von neun der zwölf WM-Stadien bis Dezember 2012 ankündigte.

Im Februar klagte Pele mit Blick auf die WM: "Brasilien läuft große Gefahr uns zu blamieren. Die Verzögerungen bei den Bauarbeiten machen uns Sorgen. Vor allem die Situation beim Ausbau der Flughäfen ist alarmierend."