Widerstand gegen Regel-Reform

SID
Bei der Team-EM in Leiria kamen die Sportler mit der Umstellung auf die neuen Regeln nicht zurecht
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Die in Leiria erstmals erprobte Reform der Leichtathletik-Regeln ist am Widerstand der Athleten gescheitert. Viele bezeichneten die neuen Regeln als völlig "chaotisch".

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Die Reform der Leichtathletik-Regeln ist bei der Premiere der Team-EM im portugiesischen Leiria am offenen Widerstand der Athleten grandios gescheitert. "Chaotisch" war anschließend das meistgebrauchte Wort in Sportlerkreisen.

"Was für ein Chaos. Mich hat das alles nicht begeistert", sagte Speerwerferin Christina Obergföll nach ihrem Sieg mit der Jahres-Weltbestleistung von 68,59m, die es fast nicht gegeben hätte, weil die Offenburger Olympiadritte nach dem ersten Fehlversuch kurz vor dem Aus stand.

"Ich glaube nicht, dass das gut ist", meinte Olympiasiegerin und Obergföll-Konkurrentin Barbora Spotakova (Tschechien), die mit 65,89 Zweite wurde.

Manches sei viel komplizierter geworden, klagte Deutschlands Field-Cheftrainer Herbert Czingon: "Als neues Konzept für die gesamte Leichtathletik ist das nicht geeignet."

Klagen über Ausrichter Portugal: "Keine Leichtathletik-Profis"

Zudem sei das in der Leichtathletik unerfahrene Portugal für einen Testlauf gänzlich ungeeignet: "Hier sind mit Sicherheit keine Leichtathletik-Profis am Werk."

Weniger Fehlversuche in Sprüngen und Würfen sowie Ausscheidungsrunden im Langstreckenlauf sollten die Wettkämpfe spannender und übersichtlicher machen - das Gegenteil war der Fall. Obwohl rein rechnerisch mindestens 168 Versuche im Vergleich zum alten Reglement eingespart wurden.

"Das ist total verwirrend gewesen", sagte der drittplatzierte Leverkusener Hammerwerfer Markus Esser, der zwischendurch seine Startnummer schon abgemacht hatte, weil er glaubte, ausgeschieden zu sein.

Von einem "ganz schönen Durcheinander" sprach auch die viertplatzierte Leipziger Diskuswerferin Nadine Müller, und Stabhochspringerin Silke Spiegelburg (Leverkusen) monierte: "Man muss jetzt ständig mitrechnen. Ich glaube nicht, dass das den Zuschauern viel Spaß macht."

Riesentheater beim 3000m-Lauf der Frauen

Höhepunkt des Athletenprotests war das 3000-m-Rennen der Frauen, in dem die Spanierin Natalia Rodriguez als erste Läuferin ausscheiden sollte, aber sich nicht stoppen ließ und so mit den Füßen über das neue Reglement abstimmte. Letztlich kam sie sogar als Erste ins Ziel: "Ich bin weitergelaufen, weil ich so gut in Form war", erklärte sie trotzig.

Der Fall Rodriguez hatte auch zur Folge, dass die deutsche Starterin Simret Restle (Frankfurt) vorzeitig aufhörte - obwohl sie gar nicht musste.

"Mir hat ein Kampfrichter die Rote Karte gezeigt", berichtete die 25-Jährige. Ihr Verhalten wurde als Aufgabe gewertet - null Punkte. Immerhin: Rodriguez wurde ebenfalls disqualifiziert.

Auch Fernsehen klagt, Verband ist aber zufrieden

Auch das Fernsehen, für das die Reform angeblich gemacht war, klagte. "In der Umsetzung war das Blödsinn", sagte Eurosport-Kommentator Dirk Thiele: "Das konnte kein Mensch verfolgen. So hat das Ganze keine Zukunft."

Obwohl der Protest von Sportlern und Medienleuten unüberhörbar war, wähnten sich die Funktionäre auf dem richtigen Weg.

"Es war ein sehr guter Tag für uns. Es gab viele Geschichten und Emotionen", sagte Christian Milz, Generaldirektor des Europäischen Leichtathletik-Verbandes EAA. Sicher seien noch Verbesserungen notwendig, es gelte aber: "Nur wer nichts verändert, macht keine Fehler."

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