FC Liverpool: Warum sind die Reds an Jörg Schmadtke interessiert?

Von Justin Kraft
Bundesliga
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Jörg Schmadtke soll Sportdirektor beim FC Liverpool werden. Doch wie konnte es dazu kommen und was qualifiziert den 59-Jährigen für diesen Job? Die wichtigsten Fragen zu einer der überraschendsten Meldungen der Woche.

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Die Saison des FC Liverpool ist alles andere als gut verlaufen. In der Premier League bangen die Reds nach wie vor um die Teilnahme an der Champions League. Zwar gab es zuletzt wieder mehr Siege zu feiern, doch das große Mindestziel ist weiter in Gefahr.

Teure Transfers wie jener von Darwin Núñez (80 Millionen Euro) oder Cody Gakpo (42 Millionen Euro) haben sich noch nicht richtig bezahlt gemacht. Und so gibt es wohl Veränderungen in der sportlichen Leitung.

Mit Jörg Schmadtke könnte nun jemand Sportdirektor werden, der seine Laufbahn als Fußballfunktionär eigentlich beendet hatte. Im Januar dieses Jahres gab er sein Amt als Geschäftsführer Sport beim VfL Wolfsburg ab und ging in den Ruhestand. Nun aber könnte die Rolle rückwärts folgen.

Jörg Schmadtke
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FC Liverpool und Jörg Schmadtke: Wie ist der aktuelle Stand?

Laut dem Transfer-Experten Fabrizio Romano ist zwischen dem FC Liverpool und Schmadtke bereits so gut wie alles klar. Demnach habe es sogar schon eine Zusage des gebürtigen Düsseldorfers für den Job gegeben.

In seiner neuen Rolle werde er zusammen mit Jürgen Klopp daran arbeiten, den Kader der Zukunft zu planen und zu verstärken. Der Trainer soll aber weiterhin eine zentrale Rolle in der Transferstrategie spielen.

Auch Sport1 berichtete zuvor davon, dass Schmadtke in den Fokus der Reds gerückt sei. Eine offizielle Bestätigung blieb bisher noch aus.

Schmadtke
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FC Liverpool: Was hat Jörg Schmadtke bisher erreicht?

Schaut man sich den bisherigen Werdegang von Schmadtke an, kommt die Anfrage des FC Liverpool zunächst überraschend. Als Funktionär war er bisher für vier Klubs tätig: Alemannia Aachen (2001-2008), Hannover 96 (2009-2013), 1. FC Köln (2013-2017), VfL Wolfsburg (2018-2023).

Aachen erreichte unter seiner Führung 2004 sensationell das DFB-Pokalfinale und ein Jahr später das Sechzehntelfinale des UEFA-Pokals. Durch die Erfolge war der Klub erstmals seit längerer Zeit wieder schuldenfrei. Auch die Rückkehr in die Bundesliga (2006) und die Planung eines neuen Stadions fielen in seine Ära. Getrennt hatten sich beide Seiten aber unschön: Schmadtke machte in einem Fernsehinterview öffentlich, dass sein 2009 auslaufender Vertrag nicht verlängert werde. Aachen beurlaubte ihn noch am selben Abend mit sofortiger Wirkung.

In seinen vier Jahren bei Hannover 96 feierte Schmadtke ähnliche Erfolge. 2011 erreichte das Team von Trainer Mirko Slomka den vierten Platz - mit einem klubinternen Punkterekord von 60 Zählern. In der Europa League kam Hannover in der Saison darauf bis ins Viertelfinale. 96 etablierte sich indes im oberen Mittelfeld der Bundesliga. Aus familiären Gründen bat Schmadtke 2012 allerdings um Vertragsauflösung. Zunächst nahm er eine Auszeit, arbeitete dann halbtags bis Ende 2012. Im April 2013 endete die Zusammenarbeit schließlich.

Auch der 1. FC Köln konnte anschließend unter seiner sportlichen Leitung unter anderem die Europa League erreichen. Schmadtke wurde vom Magazin 11Freunde 2017 sogar als bester Manager der Bundesliga-Saison ausgezeichnet. Nach einem katastrophalen Saisonstart und dem drohenden Abstieg wurde sein Vertrag im Oktober 2017 aber aufgelöst. In Wolfsburg schaffte es Schmadtke, den abgestürzten Werksklub wieder zu stabilisieren. Nach zwei Jahren in der Relegation erreichte der VfL zwischen 2019 und 2021 den sechsten, siebten und vierten Platz in der Bundesliga.

Jörg Schmadtke
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FC Liverpool: Was sind die größten Transfers von Jörg Schmadtke?

Auch bei den größten Transfers ergibt sich das Erfolgsprofil des Managers wohl erst auf den zweiten Blick. Doch dann gibt es einige beachtliche Deals, die Schmadtke über die Bühne brachte. 2003 verpflichtete er beispielsweise Erik Meijer ablösefrei vom Hamburger SV. In der zweiten Liga war der Niederländer einer der Schlüssel für den späteren Aufstieg in die Bundesliga und die Erfolge im DFB- sowie UEFA-Pokal. 2005 folgte die Verpflichtung von Jan Schlaudraff, der zunächst per Leihe und dann für kleines Geld fest verpflichtet wurde. In Aachen entwickelte er sich so positiv, dass er drei Jahre später zum FC Bayern ging.

Bei Hannover 96 holte Schmadtke unter anderem Leistungsträger wie Didier Ya Konan (2009 für 550.000 Euro), Mohammed Abdellaoue (2010 für eine Million Euro) oder Mame Diouf (2012 für 1,8 Millionen Euro). Immer wieder gelang es ihm auch, Spieler für teures Geld weiterzuverkaufen und so die Kassen zu füllen.

Ein Paradebeispiel dafür ist der Verkauf von Anthony Modeste nach China im Jahr 2017, der dem 1. FC Köln mindestens 25 Millionen Euro einbrachte. Aber auch beim Effzeh punktete Schmadtke mit Transfers von Patrik Helmes (2013 ablösefrei) oder eben Modeste, der 2015 nur 4,5 Millionen Euro kostete. Schmadtke gelang es bei seinen bisherigen Stationen fast immer, den Kader relativ schnell so aufzustellen, dass seine Klubs erfolgreich waren oder sich zumindest stabilisierten.

Das lag auch an der einen oder anderen guten Trainerentscheidung. 2004 installierte er Dieter Hecking in Aachen und auch die Entscheidung für Mirko Slomka war in Hannover 2010 goldrichtig. Zwischen 2013 und 2017 arbeitete Schmadtke in Köln sehr erfolgreich mit Peter Stöger zusammen und in Wolfsburg brachte Bruno Labbadia den VfL zunächst wieder auf Kurs, ehe Oliver Glasner Erfolge feiern konnte. Auch wenn die Zusammenarbeit mit dem Österreicher im Streit endete.

Jürgen Klopp
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FC Liverpool: Warum Jörg Schmadtke?

Und doch stellt sich die Frage, wie ein Topklub wie der FC Liverpool auf die Idee kommt, Schmadtke als sportlichen Leiter zu verpflichten. Mit Blick auf seine bisherige Vita wird klar, dass der 59-Jährige überall gute, teilweise sogar sehr gute Arbeit geleistet hat. Jedoch stets auf einem Niveau, das mit dem der Reds nicht zu vergleichen ist. Auf höchstem Niveau konnte sich der Manager noch nicht beweisen.

Neben sportlichen Gründen ist im Fußballgeschäft wie auch in anderen Branchen immer ein Blick auf die Verbindungen und Kontakte der beteiligten Parteien interessant. So gelten sowohl Klopp als auch Schmadtke als gute Freunde von Campino und den Toten Hosen.

Zuletzt wurde mehrfach berichtet, dass sich die beiden so mehr kennengelernt haben als über die sportlichen Berührungspunkte. Ob das tatsächlich eine Rolle im Entscheidungsprozess gespielt hat, ist dennoch unklar.

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