Paris Saint-Germain vs. FC Bayern München: Die Brisanz des "Katarico" - wie eine große Rivalität entstand

Von Justin Kraft
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Paris Saint-Germain und der FC Bayern München treffen am Dienstagabend zum zwölften Mal in der Champions League aufeinander. Vor allem in den letzten Jahren hat sich das Duell zu einer echten Rivalität entwickelt. Ein Blick in die Geschichte.

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Fünf Siege für den FC Bayern, sechs für Paris Saint-Germain - ein Unentschieden gab es zwischen den beiden Topklubs noch nie. In den sozialen Netzwerken wird dieser Kracher gern als "Katarico" bezeichnet. Die Münchner lassen sich aus Katar sponsern, Paris gehört einer katarischen Investorengruppe.

Doch auch abseits dieser umstrittenen Verbindungen sorgte das Duell in den vergangenen Jahren für packende Duelle, Geschichten und viel Brisanz. SPOX blickt zurück auf die noch junge Geschichte dieser Rivalität.

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Paris Saint-Germain vs. FC Bayern München: Die Zeit vor Katar

In einer Zeit weit vor Katar war Paris Saint-Germain schon mal ein relativ erfolgreicher Klub in Frankreich. In den Achtzigern und Neunzigern gewann PSG den einen oder anderen Titel. So wurde man 1986 und 1994 Meister, gewann immerhin achtmal den Pokal und 1996 den Europapokal der Pokalsieger.

Zur internationalen Spitze zählten die Pariser jedoch nicht. Das galt über weite Strecken der Neunziger aber auch für den FC Bayern und so war das Duell der heutigen Superklubs damals eher eines zweier B-Klasse-Teams. Spektakel gab es bisweilen dennoch. Die ersten beiden Partien gingen 1994 in der Gruppenphase an PSG: 2:0 daheim und 1:0 in München. Ein gewisser George Weah erzielte zwei der drei Tore für die Franzosen.

1997 gelang den Bayern dann die erste Revanche: Doppelpacks von Giovane Élber und Carsten Jancker sowie ein Tor von Thomas Helmer bescherten einen 5:1-Kantersieg im Heimspiel. Das Rückspiel gewann jedoch wieder Paris mit 3:1.

Die Saison 2000/01 ist bei den Bayern-Fans in bester Erinnerung. Auf dem Weg dorthin trafen die Münchner erneut auf Paris - und verloren zum vierten Mal im fünften Duell. Leroy traf in der 90. Minute für PSG und verhinderte so das erste Unentschieden. Immerhin: In München korrigierten die Bayern mit dem 2:0-Sieg die Bilanz ein wenig in ihre Richtung. Trotzdem: Die frühen Duelle gingen klar an Paris Saint-Germain.

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Paris Saint-Germain vs. FC Bayern München, 2017: Ciao, Carlo Ancelotti!

Die Bayern rutschten noch in der Hinrunde der Saison 2017/18 in eine tiefe Krise. FCB-Trainer Carlo-Ancelotti stellte im wichtigen Auswärtsspiel in der Champions League gegen Paris Saint-Germain gewaltig um. Franck Ribéry, Arjen Robben, Mats Hummels, Jérôme Boateng und Kingsley Coman - sie alle saßen auf der Bank. Mit 0:3 gingen die Bayern unter, die L'Équipe titelte "Bayerns schlimmster Abend". Und Ancelotti? Der wurde entlassen.

Nach und nach sickerte durch, dass er die Kabine längst verloren hatte. Zu lasche Trainingsmethoden und ein kaum erkennbares Konzept lauteten die Anklagepunkte der Spieler. "Es gab wenige Spiele von uns, die so schlecht waren wie dieses", stellte Uli Hoeneß später fest: "Carlo hat auf einen Schlag fünf Spieler gegen sich aufgebracht." Deshalb habe man handeln müssen.

Ancelotti blickte anschließend etwas enttäuscht zurück auf seine Zeit beim FCB. "Der Verein hatte damals nicht die Absicht, die Struktur sowie die Arbeitsphilosophie zu ändern und einen Generationswechsel der Spieler zu fördern, was sie jetzt tun", erklärte er im Dezember 2018 im Interview mit der Gazzetta dello Sport.

Es begann die ewige Suche nach einem neuen Coach für die neue Saison. Aber Bayern rehabilitierte sich schnell. Unter Interimscoach Jupp Heynckes gelang auch die Revanche im Rückspiel gegen Paris. Robert Lewandowski und ein Doppelpack von Corentin Tolisso sicherten einen 3:1-Heimsieg. Schon damals auffällig: ein besonders physischer Auftritt beider Teams. Allein im Rückspiel beging der FC Bayern 19 Fouls, Paris 14.

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Paris Saint-Germain vs. FC Bayern München, 2020: Der Gipfel in Lissabon

Bayerns Bilanz gegen Paris blieb also genauso negativ wie vorher. Aber das wichtigste Duell in dieser Rivalität sollten die Münchner für sich entscheiden. In einem typischen Finale besiegten sie PSG mit 1:0. Das goldene Tor für den FCB schoss mit Kingsley Coman ausgerechnet ein Spieler, der beim Gegner ausgebildet worden war.

Wobei "typisch" sich hier rein auf den sportlichen Bereich bezieht. Das Drumherum war alles andere als typisch. Keine Zuschauerinnen und Zuschauer und ein Finalturnier in Lissabon statt einer normalen K.-o.-Phase - der europäische Fußball reagierte damit auf die sich damals in den Anfängen befindliche Coronapandemie.

Paris, unter Tuchel erstmals spürbar als Team zusammengewachsen, war nie näher dran am großen Champions-League-Traum als damals. In einer umkämpften Partie, die auf beiden Seiten nicht viele Chancen bot, hatten die Münchner das Quäntchen mehr Glück und womöglich auch Entschlossenheit.

Auch in diesem Spiel fiel eine gewisse physische Härte auf. Insgesamt wurden fast 40 Fouls gepfiffen. Wobei den Bayern anzumerken war, dass sie mit der Theatralik des Gegners haderten. Nach Abpfiff gab es aber auch versöhnliche Szenen. Beispielsweise als David Alaba seinen Kumpel Neymar in den Arm nahm, um ihn zu trösten. Paris mag eine positive Bilanz gegen den FC Bayern haben, aber die würden Neymar und Co. vermutlich sofort tauschen, wenn sie dafür die Trophäe hätten, die der Gegner an diesem Abend in den Nachthimmel heben durfte.

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Paris Saint-Germain vs. FC Bayern München, 2021: Feuer in der Rivalität

Das Champions-League-Finale 2020 war womöglich der Zeitpunkt, an dem eine echte Rivalität zwischen den Spielern und Klubs entstand. "Wenn auf der Bande 'Fairplay' steht, sollte man das auch ein Stück weit vorleben", sagte Leon Goretzka nach dem Viertelfinal-Aus gegen Paris im Jahr 2021 in der Kabine - aufgenommen in der FCB-Doku Behind the Legend, die interessante Einblicke in die damalige Zeit gewährt: "Ich bin echt froh, in diesem auf der Seite der Verlierer gestanden zu haben. Für kein Geld der Welt würde ich tauschen wollen."

Damit bezog sich der Mittelfeldspieler auf das von den Bayern-Spielern als unsportlich wahrgenommene Verhalten der Pariser. Schauspielerei, ständige Nickeligkeiten, Trashtalk - all das dürfte er damit meinen. Tatsächlich fiel in beiden Partien auf, wie schnell die Pariser zu Boden gingen und mit Psychotricks versuchten, Bayern aus der Spur zu bringen. Umso heißer dürfte Goretzka auf ein Wiedersehen mit PSG sein.

Schaut man nur auf die beiden Ergebnisse, dann gelang es den Franzosen damals sehr gut, Bayern aus der Fassung zu bringen. Doch rein sportlich betrachtet zeigten die Münchner zwei starke Leistungen. Im Hinspiel kamen sie auf 24 Abschlüsse und ließen nur sechs zu. Der große Unterschied: Paris machte drei, die Bayern nur zwei Tore. "Wir haben Chancen für vier Tore", brüllte Joshua Kimmich, als er in der Halbzeit auf dem Weg zu seinem Kabinenplatz war. Noch hängte er sein Trikot feinsäuberlich im Spind auf.

Das sollte sich nach der Partie ändern. Vor Wut feuerte er sein vom Schnee durchnässtes Shirt durch die Kabine. Kurz darauf ist in der Dokumentation zu sehen, wie Hansi Flick ankündigt, die nicht gemachten Tore in Paris nachzuholen. Das gelang den Bayern allerdings nicht. Der 1:0-Sieg reichte nicht zum Weiterkommen.

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Paris Saint-Germain vs. FC Bayern München, 2023: Zum Siegen verdammt

Und diesmal? "Seit der Auslosung schwirrt das um uns herum, weil ganz Europa heiß ist auf das Spiel", sagte Goretzka nach dem Sieg gegen den VfL Bochum bei Sky: " Das sind die Spiele, auf die du hinarbeitest, die jeder spielen will. Die Vorfreude ist groß, die Lust ist groß - wir können uns alle auf ein großes Spiel freuen."

Etwas Anspannung ist aber auch dabei. Sowohl PSG als auch die Bayern hatten zuletzt schwierige Phasen, in denen sie mit Verletzungen und Rückschlägen zu kämpfen hatten. Es ist vollkommen unklar, wer aktuell die Nase vorn hat. Fakt ist aber: Für beide Trainer wird es ein Schicksalsspiel. Sowohl Julian Nagelsmann also auch Christophe Galtier brauchen gute Argumente, um ihren Trainerstuhl mittelfristig zu sichern. Beide standen in der Kritik und sind quasi zum Siegen verdammt.

Das Feuer dürfte nach den sehr intensiven und emotionalen letzten Aufeinandertreffen auch in den Spielern entfacht worden sein. Gewinnen die Bayern das Hinspiel, ist die Bilanz erstmals überhaupt ausgeglichen. Welche Geschichten wird der diesjährige "Katarico" erzählen?