"kicker meets DAZN - Der Fußball Podcast" - Per Mertesacker: "Dann explodiert die Situation"

Von SPOX
Per Mertesacker war in der neuen neuen Ausgabe von "kicker meets DAZN - Der Fußball Podcast" zu Gast.
© getty

In der neuen Ausgabe von "kicker meets DAZN - Der Fußball Podcast" spricht Per Mertesacker über seinen Job als Nachwuchschef beim FC Arsenal, Englands Talententwicklung, die Lage bei seinem Ex-Klub Werder Bremen und er erklärt, was er von den Pfiffen der Schalker Fans gegen Alexander Nübel hält.

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Per Mertesacker über...

...die Pfiffe der Schalker Fans gegen Alexander Nübel: "Hitzig ist es, seit Alex Nübel sich gegen eine Vertragsverlängerung auf Schalke entscheiden hat und dann, bei den Bayern zu unterschreiben. Das hat sich bei vielen Fans aufgestaut und kommt jetzt wieder hoch, in einer Situation, in der er nicht die beste Leistung zeigt und Schalke verliert. Dann explodiert die Situation. Der Junge tut mir am meisten leid. Trotzdem hat er mit seiner Entscheidung auch dazu beigetragen, dass viele Leute unzufrieden sind. Aber das ist die Realität der Bundesliga. Da kommen viele Dinge zusammen, die jetzt hoch explosiv sind und wo Nübel einiges einstecken muss. Die Mannschaft verliert, sieht unglücklich aus und dann noch gegen RB Leipzig, die einfach auch überragend gespielt haben - da kamen einfach auch viele Faktoren zusammen, dass die Fans so reagiert haben. Aber nach dem Spiel gab es ja auch einen Schulterschluss zwischen Mannschaft und Fans, die ging es nicht gegen Einzelne. Das muss man schon auch sehen, dass die Schalker Fans da einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Das fand ich richtig gut."

...die Lage bei seinem Ex-Klub Werder Bremen: "Bremen lebt die Loyalität zu seinem Trainer, der tolle Fähigkeiten hat, diese im Moment aber nicht zum Tragen kommen. Zwischen Mannschaft und Trainer gibt es im Moment keine richtige Symbiose. Bremen ist im Abstiegskampf erprobt, die Fans, der Klub. Teilweise hat man erst am letzten Spieltag den Klassenerhalt geschafft. Ich weiß nicht, warum das dann derzeit so überrascht. Weil man denkt, dass die Mannschaft besser ist als Abstiegskampf? Wenn man einmal in diesem Sog drin ist, wird es extrem schwierig."

Per Mertesacker über Kohfeldts Zukunft: "Könnte komplett neu aufbauen"

...Florian Kohfeldts Zukunft: "Wer wäre denn die richtige Person, um einen Neuaufbau bei Werder zu starten? Florian Kohfeldt könnte doch auch komplett neu aufbauen. Ich habe ganz großes Vertrauen in die handelnden Personen. Und dass man loyal ist, ist ja nichts Neues für Bremen."

...seinen Job als NLZ-Leiter beim FC Arsenal: "Es gibt einen großen Stab an Trainern, Fitnesstrainern, Analysten, Psychologen, die man leiten und anleiten muss. Dafür gibt es den Academy Manager, er hat die Verantwortung für die Philosophie der Akademie. Und beim FC Arsenal bin ich das. Ich trage die Verantwortung für die Spieler der Akademie - für jene, die es vielleicht mal in den Profifußball schaffen. Aber auch für die, die es nicht schaffen und dann ein "normales" Leben führen werden. Das ist eine facettenreiche Aufgabe, die mich 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche einspannt. Ich kann stolz sagen: Nach meiner Fußballkarriere arbeite ich jetzt mal richtig!"

...den fast nahtlosen Übergang vom Profi zum NLZ-Leiter: "Ich wollte wenigstens drei Monate, um mich mal um die Familie zu kümmern. Ich konnte mich aber in meiner letzten Saison als Profi schon ein bisschen auf die Karriere danach vorbereiten. Ich habe damals sehr selten noch gespielt, war eher Sparringspartner und Trainingsgast, habe mein Buch geschrieben. Es war kein so intensives Jahr mehr. Die drei Monate haben deshalb als Pause gereicht. Ich konnte es kaum erwarten, wollte und muss jetzt immer noch viel lernen. Ich habe mir Leute dazu geholt, die erfahren sind und das Leben in der Akademie kannten. Der Klub hat mich da nicht alleine reinlaufen lassen. Ich bin aber immer noch Rookie in manchen Dingen."

...die Umstellung auf den neuen Beruf: "Es war schon ungewohnt, sich auf einmal vor 200, 300 Leuten zu präsentieren. Da ist schon Druck auf dem Kessel. Man kennt diese Momente ein bisschen aus einem anderen Leben, als Fußballer muss man auch liefern. Da habe ich viel mitgenommen, auch aus meiner Rolle als Führungsspieler. Aber es gab jetzt schon Momente auf einer Bühne, mit 180 Spielern, 100 Leuten vom Staff und nochmal so vielen Eltern, die schon heftig waren. Die ich lernen, reflektieren musste, um sie beim nächsten Mal viel besser zu machen."

Per Metertesacker über seine Zeit als Co-Trainer von Arsenal: "Nicht sicher, ob das das Richtige ist"

...seine Zeit als Co-Trainer bei Arsenal: "Das war ein ganz guter Test. Ich habe die B- und nun die A-Lizenz gemacht, mich da selbst auch ein bisschen gefordert. Ich wollte das wissen, um Trainer beurteilen zu können. Es war extrem intensiv, drei Wochen Co-Trainer zu sein und mal die andere Seite kennenzulernen. Ich saß teilweise auf der Bank und war mir nicht sicher, ob das das Richtige ist, was ich da mache. Es ging aber nicht um mich, sondern um den Verein. Ich wollte den Leuten einfach auch Sicherheit geben und unterstützen. Das war meine Rolle."

...die Nachwuchsleistungszentren in England: "Es wird sehr viel Geld investiert, es gibt jede Menge Mitarbeiter, die sich rund um die Uhr und auf allen Ebenen kümmern. Und wir haben gerade im Londoner Bereich einen unglaublichen Pool an Talenten. Es gibt einen guten Mix aus Spielern, große, kleine, spielstarke, physisch starke Spieler, die sehr variabel einsetzbar sind und auch ausgebildet werden im Hinblick auf das 4-3-3, das die Nationalmannschaft bevorzugt. In England wurde nicht nur in die Struktur und die Zahl der Mitarbeiter investiert, sondern auch in die Qualität der Mitarbeiter. Die Premier League kümmert sich um die Akademien. Das ist ein Unterschied zu Deutschland, wo sich ja der DFB darum kümmert. Das trägt schon einige Früchte. Deutschland muss schauen, dass es da mithalten kann."

...über Jadon Sancho, der sich in der Bundesliga durchsetzen musste: "Ein extrem gutes Beispiel von einem Spieler, der es woanders geschafft hat. Aber er wird sich bei einer Rückkehr nach England auch erstmal in die Premier League reinfinden müssen. Es gibt aber auch andere Beispiele, wo es nicht so gut geklappt hat. Und man wird schauen müssen, wie es mit dem Brexit weitergeht. Dann können Spieler von Deutschland nach England oder andersrum wohl nicht mehr schon mit 16, sondern erst mit 18 Jahren wechseln. England profitiert auch davon, dass Spieler im Ausland spielen und diese Einflüsse in die Nationalmannschaft einfließen lassen. Eine neue Sprache, Kultur, Disziplin, Pünktlichkeit. Das hat dem englischen Fußball lange auch gefehlt. Andererseits versuche ich, meine Tugenden in die Akademie einzubringen. Disziplin, Respekt, Bescheidenheit trage ich in mir und will sie zu einhundert Prozent einbringen und von jungen Spielern auch verlangen."

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