Was wird aus dem FC Liverpool nach der Ära Jürgen Klopp? Der wichtigste Deal ist schon gemacht

Von Mark Doyle und Patrik Eisenacher
Jürgen Klopp, FC Liverpool
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Im Sommer endet nach fast neun Jahren die Ära Jürgen Klopp beim FC Liverpool. Die Reds haben zwar noch keinen neuen Trainer gefunden, dafür aber den Mann zurück an die Anfield Road geholt, der wohl wie kein anderer dafür prädestiniert scheint, den Klub in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.

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Als Michael Edwards am Dienstag offiziell seinen Job als neuer Fußball-CEO der Fenway Sports Group beim FC Liverpool antrat, gab es keine vollbesetzte Pressekonferenz, keine Meldung auf der offiziellen Website des Klubs, keinen feierlichen Beitrag bei Social Media und noch nicht einmal Foto. Aber das passt zu dem Deal.

Edwards war schon immer eine der medienscheuesten Persönlichkeiten im Fußball. Einige Liverpool-Fans dürften ihn gar nicht erkennen - aber alle wissen, wie wichtig dieser Name für die Entwicklung des Vereins in den letzten Jahren war.

Eine einfache Mitteilung genügte, denn die Bedeutung von Edwards' Rückkehr zur FSG ist für jeden offensichtlich. Mit Jürgen Klopps Angang im Sommer steht Liverpool vor einer großen Herausforderung betraut. Edwards wirkt wie der perfekte Mann, um den richtigen Nachfolger für den Erfolgscoach zu finden.

Wenn es um große Entscheidungen geht, macht Edwards selten Fehler. Seine bisherigen Erfolge in Anfield sind der Grund dafür, dass die Liverpooler Fans jetzt plötzlich viel optimistischer in die Zukunft blicken.

Michael Edwards, FC Liverpool
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Michael Edwards: Der Aufstieg des Laptop-Gurus

Edwards kam 2011 als Leiter der Analyseabteilung zum FC Liverpool und wurde in einem berüchtigten Artikel als "Laptop-Guru" verspottet, der den damaligen Brendan Rodgers im Oktober 2015 entließ. Einer der Gründe dafür war Rodgers' Umgang mit dem für viel Geld aus Hoffenheim geholten Angreifer Roberto Firmino. Den Brasilianer stellte Rodgers damals mitunter Rechtsverteidiger auf - Edwards konnte sich das nicht mehr mit ansehen.

Zu diesem Zeitpunkt war Edwards bereits zum Technischen Direktor aufgestiegen. Bei der Suche nach einem Nachfolger setzte sich Edwards für Jürgen Klopp ein, Carlo Ancelotti und Eddie Howe gehörten damals auch zu den Kandidaten. Edwards und Klopp waren schnell auf einer Wellenlänge, der Engländer wurde zum Sportdirektor befördert.

Ganz im Gegensatz zu Rodgers gefiel Klopp das "Konzept eines Sportdirektors", er erklärte: "Ich habe bereits unter diesem Modell gearbeitet und fand es durchweg positiv und zukunftsorientiert. Michael ist absolut die richtige Person für diese Aufgabe. Er verfügt über das Wissen, die Erfahrung und die Persönlichkeit, um in dieser Rolle aufzublühen... Diese Entscheidung ist äußerst positiv für uns und wird uns besser und stärker darin machen, den Prozess des Aufbaus und der Bindung von Spielertalenten in allen Altersklassen zu managen." Klopp sollte damit Recht behalten.

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Jürgen Klopp und Michael Edwards harmonierten bei Transfers - meistens

Die beiden pflegten eine enge Arbeitsbeziehung - im wahrsten Sinne des Wortes, denn ihre Büros lagen direkt nebeneinander - und obwohl sie sich bei Neuzugängen gelegentlich uneins waren, endeten ihre Auseinandersetzungen immer freundschaftlich.

Es war sicherlich hilfreich, dass sie "ähnliche Ansichten" zum Fußball teilten. Als Klopp noch nicht beim LFC war, bezeichnete er den Transfer Firminos beispielsweise als "klug". Edwards benannte später sogar seinen Hund nach dem Stürmer.

Ein solcher Blick für kluge Transfers half Edwards sicherlich, als es darum ging, Klopp von Andy Robertons Weltklasse-Potenzial zu überzeugen - und davon, dass Mohamed Salah eine bessere Verpflichtung wäre als Julian Brandt. Die beiden arbeiteten auch bei den Transfers von Virgil van Dijk, Sadio Mané, Fabinho und Alisson Becker mit großem Erfolg zusammen.

Philippe Coutinho, FC Liverpool
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Edwards sorgte auch für gute Verkäufe

Edwards konnte nicht nur einkaufen - sondern auch verkaufen. Die Reds hatten nicht annähernd die gleichen Ressourcen wie Roman Abramovichs Chelsea, das von Abu Dhabi unterstützte Manchester City oder der kommerzielle Koloss Manchester United - wenngleich dieses Meckern fast schon unverschämt ist - also musste Liverpool auch immer auf die Einnahmen achten.

Die Deals mit Van Dijk und Alisson wären nicht möglich gewesen, wenn Liverpool den FC Barcelona nicht dazu gebracht hätte, mindestens 105 und bis zu 140 Millionen Euro für Philippe Coutinho zu zahlen. Aber Edwards verdient auch große Anerkennung dafür, dass er andere Klubs davon überzeugt hat, für Spieler wie Christian Benteke, Jordon Ibe, Mamadou Sakho, Joe Allen, Kevin Stewart, Dominic Solanke, Danny Ward, Ryan Kent, Danny Ings, Rafael Camacho, Ki-Jana Hoever und Rhian Brewster (zu) viel zu zahlen.

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Kann der FC Liverpool auch ohne Jürgen Klopp erfolgreich sein?

Edwards war auch maßgeblich an einer infrastrukturellen Überholung des Traditionsvereins beteiligt, einschließlich der Einrichtung der Forschungsabteilung. Viele halten Edwards auch deshalb für den zweitwichtigsten Faktor für Liverpools Leistungsexplosion in den letzten neun Jahren.

Die Frage ist nun, ob er diesen Erfolg auch ohne Klopp wiederholen kann. Der Grund, warum er sich 2015 für Klopp einsetzte, war, dass der Ex-BVB-Boss alle Kriterien erfüllte: Er war in Europa erfolgreich, hatte bewiesen, dass er Mannschaften mit höheren Budgets schlagen konnte, und er war dafür bekannt junge Spieler entwickeln zu können.

Auch Liverpool hätte sich keinen besseren Manager wünschen können. Klopp verstand den Verein, die Stadt und ihre Menschen vom ersten Moment an. Außerdem ist Klopp, wie diese Saison gezeigt hat, nicht nur ein charismatischer Motivationskünstler. Er ist auch ein taktisches Genie, das in der Lage ist, Spiele nicht nur zu lesen, sondern sie mit Systemwechseln und Auswechslungen zu verändern.

Weniger als ein Jahr, nachdem er sein gesamtes Mittelfeld umgestellt hat, hat Klopp mit "Kindern" den Carabao Cup gewonnen und eine von Verletzungen geplagte Mannschaft auf vier Hochzeiten tanzen lassen. Sein Nachfolger kann es praktisch nicht besser machen.

Diese Ausgangslage ist Edwards' große Challenge.

Jürgen Klopp, FC Liverpool
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Michael Edwards: "Alles hat ein Ende"

Edwards' Unverblümtheit hat in der Vergangenheit einige Leute verärgert - Rodgers war sicherlich kein Fan davon. Klopp war zudem enttäuscht, als Edwards 2022 nicht verlängern wollte. Eine Entscheidung, die ihm sichtlich schwer fiel. Er schrieb dafür sogar einen Brief an die Fans.

"Es war ein Privileg, in dieser Zeit Teil dieses Vereins zu sein, dank der Menschen, mit denen ich das Glück hatte, zusammenzuarbeiten, und des Erfolgs, den wir hatten", schrieb er. "Aber alles hat ein Ende, und in meinem Fall habe ich vor kurzem mein letztes Sommerfenster als Liverpools Sportdirektor abgeschlossen. Selbst wenn ich diese Worte schreibe, scheint es ein wenig surreal, aber am Ende dieser Saison werde ich meinen Laptop einpacken und mein Büro im AXA Training Centre zum letzten Mal verlassen."

Er zollte Klopp auch Anerkennung und wies darauf hin, dass "Manager von Liverpool zu sein, wahrscheinlich schwieriger ist, als zu spielen (das Trikot wiegt schwer, wie man sagt). Aber er hat den Fans so viel Freude bereitet und so viele der historischen Werte des Vereins wiederhergestellt, dass er als einer der größten Manager des Vereins in die Geschichte eingehen wird".

Damals hieß es jedoch, dass Klopp noch mehr Kontrolle über die Transfers haben wollte und dass Edwards gegen die Entscheidung gewesen sei, den Vertrag von Jordan Henderson zu verlängern, da er - wie sich herausstellte zu Recht - der Meinung war, dass der Kader überaltert sei.

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Michael Edwards ist der ideale Mann, um Jürgen Klopps Nachfolger zu finden

Edwards wird das Rampenlicht weiterhin meiden. Er wird er mehr Macht - und damit Kontrolle - über Liverpool haben als je zuvor. Sein enger Freund Richard Hughes soll zudem bald zum nächsten Sportdirektor ernannt werden.

Top-Kandidat Xabi Alonso von Bayer Leverkusen wegzulocken wird angesichts des hohen Interesses am Spanier natürlich eine schwierigere Aufgabe. Aber selbst wenn Alonso Nein zu Liverpool und Ja zu Bayern München sagen sollte, brauchen die Fans nicht traurig zu sein.

Der Verlust von Klopp wird schwer wiegen. Aber wer könnte Liverpools legendäre Führungspersönlichkeit besser ersetzen als der unauffällige Laptop-Guru, der ihn einst holte?