FC Liverpool: Für die Reds kann es bei Mohamed Salah nur eine Entscheidung geben

Von Mark Doyle und Patrik Eisenacher
salah-al-ittihad-main-img
© GettyImage

Al-Ittihad aus Saudi-Arabien bietet eine wahnsinnige Summe für Mohamed Salah. Doch der FC Liverpool sollte jegliche Offerten für den Stürmer strikt ablehnen.

Cookie-Einstellungen

Der frühere Liverpool-Stürmer Robbie Fowler ist erst seit Ende Juni als Trainer in Saudi-Arabien tätig, doch die Zeit hat ausgereicht, um das Ausmaß und die Macht des riesigen Reichtums des Landes zu begreifen. "Was die Saudis wollen, bekommen sie in der Regel auch", schrieb der 48-Jährige am Wochenende in seiner Kolumne für die britische Zeitung Daily Mirror.

Fowler wird daher nicht im Geringsten überrascht gewesen sein, als am Montag bekannt wurde, dass eine saudische Delegation in England eintraf, um den LFC davon zu überzeugen, Mohamed Salah für eine Ablösesumme von 234 bis zu 250 Millionen Euro an Al-Ittihad zu verkaufen.

Der einstige Stürmer wusste, dass die Saudis nicht nachlassen würden, bis sie den Ägypter unter Vertrag hätten - selbst nachdem die Reds am vergangenen Freitag ein erstes Angebot über 175 Millionen Euro abgelehnt hatten. "Ich weiß, dass es ein weiteres großes Angebot geben wird", schrieb der Trainer von Al-Qadsiah, "und ich weiß, dass es eines sein könnte, das schwer abzulehnen ist - sowohl für den Spieler als auch für den Verein."

salah-12001
© getty

Mohamed Salah: Ein Angebot, das man nicht ablehnen kann?

Daran besteht kein Zweifel: Das Geld, das aus dem Nahen Osten geboten wird, ist so gewaltig, dass Jordan Henderson es für wert hielt, seinen Ruf als einer der wenigen verbliebenen normalen, netten und geerdeten Leute im Fußball zu ruinieren.

Man sollte sich auch daran erinnern, dass Liverpool in diesem Sommer die riskante Entscheidung getroffen hat, sowohl Henderson als auch Fabinho an saudi-arabische Klubs zu verkaufen - auch wenn das bedeutete, dass man sich noch vor dem Ende des Transferfensters um zwei Ersatzspieler bemühen musste - weil man der Meinung war, dass die Angebote, die man für die beiden alternden Mittelfeldspieler erhielt, einfach zu gut waren, um sie abzulehnen.

Und fairerweise muss man sagen, dass die Verantwortlichen in dieser Hinsicht wahrscheinlich recht hatten: Die Verkäufe von Henderson und Fabinho deckten die Kosten für die Verpflichtung von Waturu Endo und - noch wichtiger - Ryan Gravenberch.

Ein Verkauf Salahs brächte das Vierfache an Einnahmen. Für einige wäre Liverpool verrückt, dieses Angebot für den 31-Jährigen abzulehnen. Seine besten Jahre liegen wohl hinter ihm. Die meisten Spieler, die auf Schnelligkeit und Geschicklichkeit angewiesen sind, beginnen in seinem Alter zu schwächeln.

Salah-Liverpool-Chelsea-1200
© getty

Mohamed Salah: Unverwüstlich mit unglaublicher Ausdauer

Aber Salah ist nicht wie die meisten Spieler. Er ist kein Eden Hazard. Er ist der Vollprofi schlechthin. Er achtet auf seinen Körper besser als viele seiner Kollegen, wie sein Sixpack zeigt.

Aber es geht nicht nur um seinen durchtrainierten Körper, sondern auch um Salahs bemerkenswerte Ausdauer. Der 31-Jährige ist fast nie verletzt, was in dieser intensiven Ära schlicht bemerkenswert ist.

Das Spiel war noch nie so schnell, der Spielplan noch nie so eng getaktet. Und dennoch hat Salah nie weniger als 48 Spiele in einer einzigen Saison für Liverpool bestritten und war nie länger als drei Spiele hintereinander außer Gefecht gesetzt - was ein Beweis für seine Ernährung, seinen gesunden Lebensstil und sein ausgezeichnetes Kraft- und Konditionstraining ist.

Es gibt also absolut keinen Grund zu glauben, dass Salah nicht noch mindestens drei weitere Jahre auf höchstem Niveau spielen könnte. Wenn also der saudi-arabische Public Investment Fund (PIF) bereit ist, 90 Millionen Euro in einen verletzungsanfälligen Neymar zu investieren, könnte man leicht argumentieren: Der gleichaltrige, aber austrainierte Salah ist locker dreimal so viel wert.

Mohamed Salah
© getty

FC Liverpool: Das Geld wäre aktuell nutzlos

Der einzige Grund, aus welchem Liverpool das Geld annehmen sollte: Am Ende der Saison bekäme der Klub nicht mehr so viel Geld für ihn.

Wie Fowler betonte, "besteht kein Zweifel daran, dass er der bei weitem berühmteste Fußballer in diesem Teil der Welt ist, und sie wollen, dass er das Gesicht der saudischen Profiliga wird".

Vor diesem Hintergrund wäre Liverpool immer noch in der Lage, eine unverschämte Summe für einen Top-Spieler zu verlangen, dessen Vertrag noch bis 2025 läuft.

Außerdem: Was nützen Liverpool heute 234 Millionen Euro, wenn man nicht in der Lage ist, einen würdigen Ersatz (falls es einen solchen überhaupt gibt) für den wohl besten und gefährlichsten Rechtsaußen zu verpflichten, der derzeit in den "Big Five" der europäischen Ligen spielt?

salah-12001
© getty

Mohamed Salah: Der kompletteste Stürmer der Premier League

Man könnte versuchen zu argumentieren, dass Liverpool immer noch genügend Qualität im Angriff hat, um ohne Salah zurechtzukommen - und das stimmt auch, die Kadertiefe in Klopps Truppe ist beneidenswert.

Luis Díaz, Diogo Jota, Cody Gakpo und Darwin Núñez haben zwar alle ihre Qualitäten, doch ihr ägyptischer Teamkollege bleibt mit Abstand der gefährlichste Angreifer der Mannschaft. Selbst während eines vermeintlichen Formtiefs legt er immer noch beeindruckende Zahlen auf.

Salah erhielt in der vergangenen Saison zwar keine nennenswerten Einzelauszeichnungen und wurde auch nicht in die Mannschaft des Jahres der Premier League gewählt. Dennoch waren nur Manchester Citys Erling Haaland (61) und Kylian Mbappé von PSG (50) im Verein an mehr Pflichtspieltoren beteiligt als er selbst (46).

Ob manche es nun wahrhaben wollen oder nicht, es gibt keinen kompletteren und konstanteren Stürmer in der Premier League - und das schon seit geraumer Zeit. Nach dem Sieg gegen Aston Villa am Samstag hat er nun in seinen letzten zehn Einsätzen in Englands höchster Spielklasse entweder ein Tor erzielt oder einen Assist gegeben - der letzte Spieler, dem das gelungen ist? Mo Salah selbst, im Jahr 2021. Dennoch wird seine Qualität von einigen unerklärlicherweise in Frage gestellt.

Für einige ist seine Klasse so selbstverständlich, dass sie nicht mehr gewürdigt werden muss. Aber nicht in Liverpool und schon gar nicht für Trainer Jürgen Klopp.

Mohamed-Salah-CL-1200
© getty

Mohamed Salah: Einer der Besten der Geschichte

"Wir alle wissen, dass er nach seiner Karriere als einer der ganz Großen angesehen werden wird", sagte der frühere BVB-Trainer in der vergangenen Saison. "Jetzt ist er noch aktiv und einige Leute schätzen ihn vielleicht nicht genug, aber wir schon."

Liverpool kennt also Salahs wahren Wert. Wir reden hier nicht über einen staatlich geförderten Klub; die Ausgaben für den Kader sind begrenzt - und dennoch war die Fenway Sports Group (FSG) vor etwas mehr als einem Jahr bereit, Salah zum bestbezahlten Spieler in der Geschichte des Klubs zu machen.

Klopp sagte damals, dass die "besten Jahre" des Angreifers noch vor ihm lägen - er glaubt fest daran und das aus gutem Grund. Es gibt keine eindeutigen Anzeichen dafür, dass Salah nachlässt, in den letzten drei Spielzeiten hat er jeweils mindestens 30 Tore erzielt.

Salah jetzt zu verkaufen, macht angesichts seiner Bedeutung für den sportlichen Erfolg des Klubs nicht einmal finanziell Sinn, da sein sofortiger Abgang die Hoffnungen des Teams auf eine Rückkehr in die Champions League gefährden würde - die wichtiger denn je ist, weil sie ab der Saison 2024/25 reformiert wird, mit mehr Teams, besseren Qualifikationschancen und vor allem mehr Einnehmen für ihre Teilnehmer.

salah-1200
© getty

Mohamed Salah: Und sie lebten glücklich bis ans Ende

Aber hier geht es um mehr als Geld - oder zumindest sollte es so sein. Salahs Bereitschaft und Erwägung, den FC Liverpool zu verlassen, ist verständlich. Er hat in Anfield mehr erreicht, als er sich je hätte vorstellen können. Er wurde zum fünftbesten Torschützen der Vereinsgeschichte und hat alle möglichen Auszeichnungen erhalten. Er ist eine wahre Liverpooler Legende.

Obwohl er genauso wie Cristiano Ronaldo und Karim Benzema das Recht hat, eine unverschämt gut bezahlte Altersteilzeit in Saudi-Arabien anzunehmen, will Salah dieses bemerkenswerte Erbe auf keinen Fall beschmutzen, indem er auf einen Transfer drängt.

Die Versuchung ist verständlich, das Geld zu nehmen. Liverpool könnte es für mindestens drei Top-Spieler wieder ausgeben oder einen gewissen Weltstar aus Paris.

Wenn man Salah jedoch jetzt verkauft, riskiert man, den ermutigenden Start in die laufende Saison zu ruinieren.

Manchester City ist aus finanziellen Gründen nach wie vor eine Nummer zu groß für alle anderen Mannschaften in Europa. Aber wie zehn Punkte aus vier schwierigen Spielen zeigen, ist ein Titelkampf in der Premier League für diese fehleranfällige, aber aufregende Liverpooler Mannschaft durchaus möglich - zumal Klopp es sich leisten kann, seine Schlüsselspieler in dieser Saison in der Europa League zu schonen, falls er das will.

Mohamed Salah
© Getty

FC Liverpool: Die Haltung sollte dieselbe bleiben

Liverpool hat zwar 2020 in sensationeller, rekordverdächtiger Manier den Titel gewonnen, doch die Auswirkungen der Pandemie verwehrten ihnen die Chance, die Trophäe vor den Augen ihrer Fans zu stemmen. Was könnte es sportlich für Salah also Besseres geben, als den LFC mit seinen Toren zum Ende zum PL-Titel zu schießen? Es ist das Happy End, das diese sechsjährige Liebesbeziehung verdient.

Zugegeben würde Liverpool sich rund 100 Millionen Euro zunichtemachen, wenn sie den Ägypter diese Saison behalten, weil sein Wert aufgrund des Alters deutlich sinken wird. Aber die Aussicht auf einen Titelkampf ist unbezahlbar. Außerdem wird der PIF auch in einem Jahr noch interessiert sein - und seine Geldspeicher voll bis zum Überquellen.

Wie Fowler warnte, werden die Saudis am Ende bekommen, was sie wollen. Aber nicht jetzt und auch nicht auf diese Weise. Egal, wie viel mehr Geld die saudi-arabische Delegation diese Woche auf den Tisch legt, Liverpools Haltung sollte dieselbe bleiben und die Antwort kurz und bündig ausfallen: Salah bleibt.

Artikel und Videos zum Thema