"Fergie ist ein großer Kloppo-Fan"

Von Interview: Haruka Gruber
Wurde 1999 von Queen Elisabeth II. zum Ritter geschlagen: Alexander Chapman Ferguson
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SPOX: Es heißt, dass Ferguson sich schon lange vom deutschen Fußball inspirieren lässt. Stimmt das?

Krautzun: Ja, so vertiefte sich unsere Freundschaft. Er war ein Bewunderer von Hennes Weisweiler und schaute sich sehr viele Spiele der jungen Fohlen an, als Gladbach Anfang und Mitte der 70er Jahre so erfolgreich war. Wir sprachen oft über Weisweilers Fußball.

SPOX: Ein weiteres Gerücht: Dass Ferguson generell von Deutschland als Land fasziniert ist.

Krautzun: Auch das stimmt. Ferguson ist sehr bewandert. Ein fanatischer Fußball-Experte, der zudem über ein enormes Allgemeinwissen verfügt. Er ist sehr musisch, singt gerne, spielt Klavier, liebt Literatur. Es ist ein Hochgenuss, sich mit ihm über Politik, Geschichte und Kultur zu unterhalten. Und dabei hat er eine besonders ausgeprägte Schwäche für Deutschland.

SPOX: Wirklich?

Krautzun: Er hat mich schon häufig in Deutschland besucht und beherrscht sogar ein paar Sätze Deutsch. Er interessiert sich besonders für deutsche Geschichte, vom Mittelalter bis zu den Weltkriegen weiß er im Grunde alles. Er ist sehr bewandert, was Deutschland anbetrifft. In der Kultur und im Fußball.

SPOX: Wie zeigt sich die Affinität zum deutschen Fußball?

Krautzun: Beispielweise besuchte ich mit ihm im vergangenen Sommer das Pokalfinale zwischen Dortmund und den Bayern in Berlin. Er hat nach dem Spiel vorausgesagt, dass Dortmund in dieser Saison die Champions League gewinnt oder zumindest das Finale erreicht. Nach dem Auftritt bei Manchester City in der Vorrunde bekräftigte er das noch einmal.

SPOX: Als Fergusons möglicher Nachfolger wird Jürgen Klopp genannt, den Sie selbst in Mainz noch trainiert haben. Wäre Klopp der Richtige?

Krautzun: Tja, schwierige Frage. Einerseits wäre das eine super Sache für Kloppo und für den deutschen Fußball. Er spricht gut Englisch, er würde sich zurechtfinden. Vom Fachwissen traue ich ihm das ohnehin zu. Zumal Ferguson ein großer Kloppo-Fan ist. Er ist ganz begeistert vom Fußball, den Kloppo in Dortmund spielen lässt und er hält den BVB für einen würdigen Champions-League-Sieger.

SPOX: Andererseits?

Krautzun: Andererseits dürfte es eine sehr schwierige Aufgabe sein, als junger Trainer solch große Fußstapfen zu füllen. Wer will schon die Nachfolge einer Legende antreten? Kloppo ist bestimmt einer für Real Madrid oder ManUnited. Nur jetzt kommt der Schritt vielleicht zu früh. Er hat sich in Dortmund etwas aufgebaut und soll sich weiter einen Namen machen.

SPOX: Ein weiterer Name: Jose Mourinho.

Krautzun: Ich persönlich glaube, dass es David Moyes von Everton wird. Ich weiß, dass Ferguson ihn sehr schätzt und sich beide sehr gut verstehen. Beide sind nicht umsonst Schotten. Aber zu Mourinho pflegt er ebenfalls einen guten Kontakt.

SPOX: Man kann sich gar nicht vorstellen, wie sich Ferguson und Mourinho verstehen können.

Krautzun: Ich reiste vor zwei Monaten nach Madrid, um für eine Woche bei Real zu hospitieren. Dabei erlebte ich Mourinho schon als arrogant. Ich sah wenig Menschlichkeit bei ihm. Da ist er nicht vergleichbar mit Ferguson, der privat offen und zugänglich ist. Vielleicht verbindet beide die natürliche Autorität.

SPOX: Ferguson sagte einmal den Satz: "Es ist völlig egal, wer geht. Manchester United wird immer blieben." Ist es wirklich egal, dass Ferguson als Trainer aufhört?

Krautzun: Alex half enorm dabei mit, dass es in der entferntesten Ecke der Welt ein United-Fanklub oder eine Bar mit United-Wimpel gibt. Der Ruf, die Marke, ist einmalig. Vergleichbar vielleicht nur mit Real Madrid. Selbst Barca und Bayern sehe ich dahinter. Ich besuchte einmal die Eröffnung eines United-Fanshops in Peking - und nach 48 Stunden waren alle Artikel ausverkauft. Das ist Manchester United! Allerdings ist United so groß, dass es selbst ohne Ferguson weitergehen wird. United überstand selbst das Munich air disaster 1958, als viele Spieler der Busby Babes tragischerweise verstarben. Aber: United lebte weiter. Das weiß auch Ferguson und nimmt sich selbst nicht zu wichtig.

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