"Wenn ein Drittel der Spieler nicht mitzieht…"

Von Interview: Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Andreas Möller ist seit 2008 Manager bei Kickers Offenbach
© Imago

Noch immer rangiert Kickers Offenbach auf Platz drei, der zu den Aufstiegsspielen für die 2. Liga berechtigt. Im neuen Jahr läuft es allerdings nicht mehr beim OFC, weshalb sich die Hessen am vergangenen Wochenende von Cheftrainer Wolfgang Wolf trennten. Im Interview spricht Manager Andreas Möller über die Gründe für die Entlassung, den Druck aufsteigen zu müssen und erklärt, warum mit Thomas Gerstner ein völlig anderer Trainertyp verpflichtet wurde.

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SPOX: Herr Möller, schön, dass wir Sie erreichen...

Andreas Möller: (lacht) Es ist derzeit in der Tat schwer, alles zu handhaben. Wir haben hektische Tage hinter uns. Da merkt man, dass wir ein relativ kleiner Verein mit wenigen Mitarbeitern sind. Aber wir geben unser Bestes.

SPOX: Der OFC ist aber sicher ein attraktiver Klub. Wie oft hat Ihr Telefon nach der Entlassung von Wolfgang Wolf geklingelt?

Möller: Nach der Pressemitteilung, dass wir getrennte Wege gehen, war das Telefon der Mittelpunkt der Geschehnisse. Man bekommt viele Bewerbungen und Ratschläge, das können Sie sich ja vorstellen.

SPOX: Ihnen werden dann in der Tat diverse Trainer vorgeschlagen, oder wie läuft das ab?

Möller: Genau, das geschieht entweder wie bei den Spielern über einen Berater oder eben einen persönlichen Anruf des Trainers selbst. In der Fußballszene kriegt man dann viel zugetragen.

SPOX: Wie schwer war es, Wolfgang Wolf seine Beurlaubung mitzuteilen?

Möller: Das war sehr schwer, weil einfach eine ordentliche Portion Menschlichkeit da dranhängt. Wir haben in diesen zwölf Monaten viel zusammen erlebt, und da waren sehr viele positive Erlebnisse dabei. Ob das so ein gemeinsames Trainingslager in der Türkei ist, oder eben die Highlightspiele wie gegen Borussia Dortmund und den VfL Bochum im DFB-Pokal - das tut dann schon weh. Aber es gibt im Fußball nicht nur Sonnentage, es gibt auch Regentage.

SPOX: Um im Bild zu bleiben: Herr Wolf hatte zuletzt zu viele Regentage?

Möller: Ich denke, - und da gibt es keine Ausnahme bei einem Louis van Gaal oder Ottmar Hitzfeld bis runter in die C-Klasse - ein Trainerjob ist grundsätzlich eine gefährliche Kiste. Letztendlich zählen Siege und Niederlagen und auch der öffentliche Druck wird immer größer, je höher du kommst. Gerade bei Traditionsvereinen wie Offenbach, wo die Fans noch richtig mitfiebern, ist das noch viel intensiver.

SPOX: Hatten Sie Panik, den Aufstieg zu verpassen?

Möller: Nein, von Panik kann überhaupt keine Rede sein. Vielmehr müssen wir von einem schleichenden Prozess reden, der sich im Spätherbst schon ein bisschen gezeigt hat. Als Sportmanager und auch als Fan hast du feinfühlige Antennen, die dir dann sagen, hier ist etwas in Schieflage geraten. Die Überzeugung der Mannschaft aufzusteigen, die Körpersprache und natürlich auch die Punktausbeute haben nicht mehr gestimmt. Die zwölf Punkte aus zwölf Spielen waren für unser Saisonziel einfach zu wenig und somit der Hauptgrund für die Beurlaubung.

SPOX: Verpflichtet unter anderem das neue Stadion finanziell auch zum Aufstieg?

Möller: Wenn wir nicht aufsteigen, wird der Ball hier auch noch rollen. Nur haben wir so viele Anstrengungen unternommen, sind bis in die letzte Ritze gegangen, um noch immer weitere Sponsoren für dieses Unternehmen Aufstieg zu mobilisieren. Daher war von Anfang an klar, dass wir alle unter einem gewissen Druck stehen. Ich habe gedacht, die Mannschaft kann mit dem Druck sehr gut umgehen, und wir sind auch wirklich toll durchgestartet. Aber dann ist einfach zu viel Sand ins Getriebe gekommen. Zu viel Unmut, zu viel Misstrauen in der Mannschaft und dieses Saisonziel ist einfach aus den Augen geglitten. Die Mannschaft gibt dann natürlich gewisse Signale von sich.

SPOX: Haben die Spieler das Gespräch mit Ihnen gesucht?

Möller: Klar spricht man mit dem einen oder anderen Spieler. Aber alle kommen da natürlich nicht aus der Deckung. Alleine das Auftreten der Mannschaft gibt schon klare Signale.

SPOX: Sie hatten das Gefühl, dass Trainer und Team nicht mehr eine Sprache sprechen?

Möller: Die Mannschaft hat sich nicht mehr als Einheit präsentiert. Da gibt es dann natürlich immer Spieler, die hinten dran stehen und sich nicht mehr nah genug an der Mannschaft sehen. Sicher auch aufgrund von schlechten Leistungen. Aber warum waren die schlecht? Vielleicht, weil die Verbindung Spieler und Trainer nicht mehr da gewesen ist. Ich habe von Anfang an gesagt, wir brauchen jeden einzelnen Spieler, der hier seinen Teil dazu beiträgt. Und wenn ein Drittel der Spieler nicht mehr so mitzieht, dann wird es schwierig.

SPOX: Sie haben mit Thomas Gerstner einen anderen Typen als Cheftrainer eingestellt. Wo liegen seine Vorzüge?

Möller: Erst einmal zeigt der Mut von Thomas, für drei Monate in die Bresche zu springen, wie ehrgeizig er ist. Sicher hat er noch nicht die große Erfahrung, aber er ist einer, der etwas von seinem Fach versteht. Er hat klare Vorstellungen, bei ihm geht die Arbeit nie in eine Kumpelei über. Aber er ist gleichzeitig ein offener und dynamischer junger Trainer, mit viel Erfahrung im Profibereich aus seiner eigenen aktiven Karriere. Am wichtigsten ist, dass er nie nur das Schlechte sieht, sondern immer positiv an die Sachen herangeht und sagt, das können wir schaffen, wenn wir alles dafür tun. Thomas kann hier gar nichts verlieren, sondern nur gewinnen.

SPOX: Und Sie, können Sie etwas verlieren, wenn der Aufstieg nicht gelingt?

Möller: Ich setze mich da nicht unter Druck und auch den neuen Trainer nicht. Den Druck hat jetzt erstmal die Mannschaft. Hier wurde in letzter Zeit zu viel übereinander anstatt miteinander geredet. Aber ich glaube immer noch an den Aufstieg und an die Mannschaft. Wichtig ist, dass dieses Zusammengehörigkeitsgefühl wieder da ist und wir uns als Mannschaft präsentieren. Denn wir haben allemal die Qualität, besser als der Gegner zu sein.

SPOX: Am Freitag erwarten Sie mit Erfurt einen unmittelbaren Konkurrenten. Ist ein Sieg Pflicht?

Möller: Das wird ein sehr schweres Spiel. Für mich ist da entscheidend, dass die Fans unabhängig vom Ergebnis merken, hier ist etwas passiert und hier ist wieder Leben drin.

Der Kader von Kickers Offenbach

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