Eigentlich wollte Bundestrainer Joachim Löw zum Abschluss des Jahres gegen Gibraltar (Fr., 20.45 Uhr im LIVE-TICKER) und Spanien einige seiner Stammspieler schonen und mehr Perspektivspieler einladen. Die Ergebnisse der letzten Spiele haben aber zu einem Umdenken geführt. Die Nicht-Nominierten machen aber Werbung in eigener Sache.
Tor
Die Nominierten: Manuel Neuer (Bayern München), Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund), Ron-Robert Zieler (Hannover 96)
Die Situation: Löw hat sich auch in den abschließenden Spielen dieses Jahres auf die WM-Bestzung festgelegt. Gut möglich, dass Weidenfeller und/oder Zieler gegen Gibraltar und Spanien noch zu Einsatzzeiten kommen.
Allerdings ist die Frage noch nicht geklärt, wie Löw langfristig auf dieser Position plant. Bleibt Weidenfeller auch bis zur EM 2016 ein Thema und die Nummer zwei? Der 34-Jährige hat sich in Brasilien als kollegialer Backup bewiesen, ist aber in dieser Saison wie viele seiner Dortmunder Teamkollegen nicht frei von Fehlern. Zudem ist sein Spiel mit dem Fuß weiterhin höchstens durchschnittlich - eigentlich ein wichtiges Kriterium für Löw.
Auch Zieler kann sich seines Status' als dritter Mann nicht sicher sein. Mit Bernd Leno und Marc-Andre ter Stegen machten schon vor der WM zwei Torhüter Druck, die jetzt regelmäßig in der Champions League spielen. Ter Stegen hat bei Barca noch Anlaufschwierigkeiten und kommt in der Liga nicht zum Einsatz. Sollte er sich bei den Katalanen aber durchsetzen, führt wohl kein Weg an ihm vorbei.
Dahinter lauern mit Ralf Fährmann, Oliver Baumann, Timo Horn, dem derzeit verletzten Kevin Trapp und dem erstmals für die U 21 nominierten Loris Karius weitere talentierte und ambitionierte Keeper.
Der Wettbewerb in Richtung EM 2016 ist enorm, die Frage nach der Nummer eins allerdings geklärt, solange sich Neuer nicht verletzt.
Tor: Druck auf Weidenfeller und Zieler
Abwehr: Lücke hinter Boateng und Hummels
Mittelfeld: Wie lange darf Podolski noch?
Abwehr
Die Nominierten: Jerome Boateng (Bayern München), Erik Durm (Borussia Dortmund), Matthias Ginter (Borussia Dortmund), Jonas Hector (1. FC Köln), Benedikt Höwedes (Schalke 04), Shkodran Mustafi (FC Valencia), Antonio Rüdiger (VfB Stuttgart), Sebastian Rudy (1899 Hoffenheim)
Die Situation: Kaum ein Mannschaftsteil der deutschen Nationalmannschaft ist so zerrupft wie die Defensive. Philipp Lahm und Per Mertesacker sind zurückgetreten, Mats Hummels ist verletzt. Trotzdem hat Bundestrainer Joachim Löw in Jonas Hector nur einen Neuling für die Abwehr berufen. Der Kölner darf sich auf der chronischen Problemposition des Linksverteidigers versuchen.
Löw will kontinuierlich eine neue Formation in der Defensive entwickeln. Nicht in den Kader geschafft haben es dieses Mal die beiden Dortmunder Kevin Großkreutz und Marcel Schmelzer. Beide sind körperlich nicht in bester Verfassung, zählen aber ohnehin nicht zu den Lieblingsschülern Löws.
Das sind schon eher Ginter und Rüdiger, denen Löw gute Perspektiven bescheinigt. Der Wolfsburger Robin Knoche, der seit anderthalb Jahren konstant gute Leistungen bringt, muss sich dagegen weiter mit Nominierungen für die U 21 begnügen.
Langfristig hat Löw auch in der Innenverteidigung weitere Talente wie Niklas Süle (1899 Hoffenheim), Marc-Oliver Kempf (SC Freiburg), Jonathan Tah (Fortuna Düsseldorf) und Lukas Klostermann (RB Leipzig) im Blick.
Aber klar ist auch: Hinter Boateng und Mats Hummels klafft eine große Lücke, die selbst Höwedes nicht füllen kann.
Auf den Außenverteidigerpositionen versucht Löw sich gerade von Lahm zu emanzipieren. Als Rechtsverteidiger kamen Rudy und Rüdiger zum Einsatz. Viele hatten mit der Berufung von Gladbachs Julian Korb gerechnet, auch der schon vor der WM für das Testspiel gegen Polen nominierte Oliver Sorg und Sebastian Jung sind Kandidaten, die aber ebenfalls noch ein gutes Stück von der Weltklasse entfernt sind.
Links ist das Angebot noch geringer. Durm hat nach der WM einen enormen Leistungsabfall erlebt. Hector muss erstmal beweisen, dass er sein Niveau über eine Bundesligasaison halten kann. Ob er international tauglich ist, könnte der Test gegen Spanien zeigen, wenn er ran darf. Weiter Alternativen sind rar. Matthias Ostrzolek hat sich in Augsburg immerhin in der Bundesliga etabliert und auch beim HSV gegen Marcell Jansen durchgesetzt.
Tor: Druck auf Weidenfeller und Zieler
Abwehr: Lücke hinter Boateng und Hummels
Mittelfeld: Wie lange darf Podolski noch?
Mittelfeld
Die Nominierten: Karim Bellarabi (Bayer Leverkusen), Lars Bender (Bayer Leverkusen), Sami Khedira (Real Madrid), Christoph Kramer (Borussia Mönchengladbach), Toni Kroos (Real Madrid), Thomas Müller (Bayern München), Lukas Podolski (FC Arsenal), Mario Götze (Bayern München)
Die Situation: Noch immer das Prunkstück der DFB-Elf, auch wenn Spieler wie Bastian Schweinsteiger, Ilkay Gündogan, Marco Reus, André Schürrle, Mesut Özil und Julian Draxler fehlen. Die offensiven Außenbahnen kann Löw trotz der Ausfälle auf sehr hohem Niveau doppelt besetzen.
Deshalb haben es auch die in Gladbach in den letzten Wochen überragenden Andre Hahn und Patrick Herrmann nicht in den Kader geschafft. Beide hat Löw allerdings schon berufen, Hahn hat sein Debüt sogar schon hinter sich. Sie gehören also zum erweiterten Kader und dürften bei Konservierung der aktuellen Leistungen auch wieder nominiert werden.
Bedroht fühlen muss sich vor allem Podolski, der bei Arsenal nur noch Teilzeitkraft ist und deshalb auch immer deutlicher mit einem Wechsel kokettiert. Zumal sich schon jetzt einige Talente mit langfristiger Perspektive in der Bundesliga positionieren. Julian Brandt, Max Meyer, Maximilian Arnold und Timo Werner gehören zu dieser Kategorie.
Im zentralen Mittelfeld scheint vorerst kein Weg an den Altgedienten vorbeizuführen. Wobei der 24-Jährige Kroos auch schon unter dieser Bezeichnung einzuordnen ist. Natürlich ist Sven Bender weiter eine Alternative für den defensiven Part im Mittelfeld, dazu kommen der aktuell verletzte Leon Goretzka und Emre Can, der sich gerade beim FC Liverpool in die Mannschaft arbeitet.
Tor: Druck auf Weidenfeller und Zieler
Abwehr: Lücke hinter Boateng und Hummels
Mittelfeld: Wie lange darf Podolski noch?
Sturm
Die Nominierten: Max Kruse (Borussia Mönchengladbach), Kevin Volland (1899 Hoffenheim)
Die Situation: Der Rücktritt von Klose hat eine große Lücke hinterlassen. Der 36-Jährige war über Jahre hinweg die Nummer eins im deutschen Sturm. Sein einziger Konkurrent, Mario Gomez, plagt sich seit seinem Wechsel zum AC Florenz immer wieder mit Verletzungen herum und verpasste dadurch auch die WM.
Sollte sich Gomez aus seinem Loch herauskämpfen ist er der Platzhirsch im Sturm. Zumal er einer der wenigen Angreifer alter Prägung ist, ein echter Torjäger, der seine Stärken im Abschluss hat. Der auch schon eingeladene Pierre-Michel Lasogga ist momentan keine Alternative.
Die für die Spiele gegen Gibraltar und Spanien berufenen Kruse und Volland bewegen sich beständig im Dunstkreis des Teams, schafften es beide aber überraschend nicht in den Kader für Brasilien. Die beiden Linksfüßer sind spielstarke Stürmer, die gerne auf die Seiten ausweichen und gut im Kombinationsspiel und dennoch torgefährlich sind. Noch plant Löw in wichtigen Spielen aber mit Müller, Götze oder Reus in zentraler Position.
Kruse und Volland müssen sich selbst erst gegen diese Konkurrenz behaupten, dahinter macht perspektivisch nur Stuttgarts Timo Werner Druck.
Tor: Druck auf Weidenfeller und Zieler
Abwehr: Lücke hinter Boateng und Hummels