Toni Kroos: Die Jagd nach den Big Five

Von Für SPOX in Südafrika: Stefan Rommel
Toni Kroos (l.) hat seit seinem Debüt im März 2010 sechs Länderspiele bestritten
© Imago

Die Gefahr hinter dem DFB-Hype, der Respekt vor Spanien, die Liebe zu Rostock. Toni Kroos und die Frage: Was haben Elefanten mit einem WM-Finale zu tun? Der 20-Jährige, der nach der WM von Leverkusen zum FC Bayern zurückkehrt, vor dem Halbfinale gegen Europameister Spanien (Mi., 20 Uhr im LIVE-TICKER und auf Sky) im Interview.

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SPOX: Herr Kroos, wie viel bekommen Sie von der Stimmung in Deutschland und von den euphorischen Kritiken der Weltpresse mit?

Toni Kroos: Nicht sehr viel. Wollen wir auch nicht. Wir wissen zwar, was in Deutschland los ist, aber es ist besser, wenn man das nicht zu nahe an sich herankommen lässt.

SPOX: Sie lesen bewusst keine Zeitungen?

Kroos: Das nicht, aber man hat schon das Gefühl, dass da oft ganz schön übertrieben wird - zu der einen wie zu der anderen Seite. So sind wir nach dem Serbien-Match zu schlecht weggekommen, obwohl wir ein gutes Spiel gemacht haben.

SPOX: Hatten Sie selbst in der Vergangenheit das Gefühl, zu gut beurteilt worden zu sein? Zu oft als Wunderkind bezeichnet zu werden?

Kroos: Da sind tatsächlich schon öfter mal Sachen geschrieben worden - denen konnte ich damals in meinem jungen Alter gar nicht gerecht werden.

SPOX: Vor dem Turnier galt die Nationalmannschaft als Ansammlung von Talenten - wie sehen Sie die Entwicklung zum jetzigen Team?

Kroos: Es stimmt, die Mannschaft ist sehr jung. Aber sie wurde ja nicht ausgesucht nach dem Kriterium: "Wer sind die Jüngsten?", sondern nach der Frage: "Wer sind die Besten?" Dass es nun so viele Junge sind, ist natürlich positiv, vor allem, was die Zukunft betrifft. Wir haben uns gut zusammengefunden - kein Wunder nach 65 oder gar 70 Trainingseinheiten, die wir schon hinter uns haben.

SPOX: Wie zufrieden sind Sie persönlich?

Kroos: Ich bin zufrieden. Zum einen, weil der mannschaftliche Erfolg da ist, zum anderen wegen meiner eigenen Geschichte. Wenn mir vor anderthalb Jahren, als es bei Bayern für mich schlecht lief, jemand gesagt hätte, dass ich bei der WM dabei bin und sogar zu Einsätzen komme, hätte ich das kaum geglaubt.

Spieler-Voting: Wer soll gegen Spanien spielen?

SPOX: Jetzt können Sie im Halbfinale gegen Spanien für Thomas Müller auf dem rechten Flügel auflaufen. Sie spielen aber auch in der Mitte. Wo ist es Ihnen am liebsten?

Kroos: Da, wo ich in Leverkusen immer gespielt habe - auf der linken Seite. Sonst hatte ich zentral gespielt.

SPOX: Sogar für das defensive Mittelfeld wurden Sie schon gehandelt.

Kroos: Genau. Obwohl ich da eigentlich noch nie gespielt habe. Ich bin keiner, der gerne am Boden rumgrätscht, ich war immer ein offensiver Spieler. Das weiß der Trainer auch. Daher empfinde ich es als großes Lob, dass er mir auch diese Position zutraut. Wenn man schon bei der Nationalmannschaft dabei ist, würde man gern auf vielen Positionen spielen - natürlich auch rechts.

SPOX: Hat der Trainer bereits entschieden, ob und wo er Sie einsetzt?

Kroos: Noch hat er nicht mit mir darüber gesprochen. Ich weiß auch nicht, was er jetzt denkt. Bisher bin ich mehr aus dem zentralen Mittelfeld gekommen, während Piotr Trochowski immer auf rechts eingesetzt wurde, wenn er für Müller gekommen ist.

SPOX: Löw wird nachgesagt, er würde immer die passende Ansprache finden - auch für Spieler, die eingewechselt werden. Wie erleben Sie ihn?

Kroos: Er vermittelt einem das Gefühl, dass man unbekümmert aufspielen und an seine eigenen Stärken glauben soll. Und bislang haben alle bewiesen, welche Stärken sie haben. Wenn wir das weiter so machen, brauchen wir uns vor keinem zu verstecken.

SPOX: Auch vor Spanien nicht?

Kroos: Nein, obwohl das nach wie vor die beste Mannschaft der Welt ist. Die haben vor allem vorne lauter Weltklassespieler, die meisten spielen auch noch im selben Verein. Daher müssen wir versuchen, so aufzutreten wie in den letzten beiden Spielen.

SPOX: Hat Spanien in diesem Turnier überzeugt?

Kroos: Klar, sie haben jetzt noch keine Mannschaft souverän weggeschossen. Aber sie haben sich durchgesetzt, weil sie von allen Mannschaften hier das größte fußballerische Potenzial haben. Selbst in ihrem verloren gegangenen Auftaktspiel gegen die Schweiz hatten sie ja um die 70 Prozent Ballbesitz.

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SPOX: Was muss man gegen Spanien machen?

Kroos: Wir müssen aggressiv sein wie gegen England und Argentinien, um dann aus der Defensive wieder schnell nach vorne zu spielen.

SPOX: Haben die deutschen Spieler das schon in ihrer Ausbildung mit auf den Weg bekommen?

Kroos: Während meiner Ausbildung in Rostock wurde schon drauf geachtet - und darauf, beidfüßig schießen zu können. Das sehe ich noch heute als große Stärke von mir. Heutzutage hat man nicht mehr die Zeit, den Ball vom einen auf den anderen Fuß zu legen. Wenn es dann egal ist, ob man mit links oder rechts schießt, ist das natürlich von Vorteil.

SPOX: Fiebern Freunde oder Familie mit Ihnen vor Ort mit?

Kroos: Nicht mehr. Meine Freundin Jessica war beim zweiten und dritten Gruppenspiel hier, aber sie ist jetzt wieder zu Hause. Und mein Bruder Felix hat gerade mit dem Training bei Werder Bremen begonnen - der kann jetzt auch nicht.

SPOX: In den vergangenen 20 Jahren haben Spieler aus Ostdeutschland die Nationalmannschaft maßgeblich mitgeprägt. Jetzt sind Sie der einzige im Team, der von dort kommt. Spielt das für Sie eine Rolle?

Kroos: Es spielt keine große Rolle. Mir ist zwar bewusst, dass ich nach dem Ausfall von Michael Ballack und Rene Adler der einzige bin. Aber denken Sie daran, wann ich geboren bin - nach der Wende. Nein, meine Herkunft bewegt mich nicht sonderlich.

SPOX: Kein gesteigertes Interesse an dem, was beispielsweise mit Red Bull gerade in Leipzig passiert?

Kroos: Wenn überhaupt, dann interessiere ich mich noch für Hansa Rostock, meinen Heimatverein.

SPOX: Und hier in Südafrika für die Tierwelt, oder?

Kroos: Ja, wir waren auf Safari, haben Löwen gesehen, Elefanten, alle Großen also.

SPOX: Die Big Five - ähnlich wie im Turnier, oder?

Kroos: Genau: Da fehlt uns nach dem Spiel gegen Spanien dann nur noch Holland.

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