Wo ist das Innere?

Gladbach musste in Sevilla drei Elfmeter hinnehmen. Zwei waren drin
© getty

Borussia Mönchengladbach kommt beim Champions-League-Debüt in Sevilla keinen Schritt voran. Trainer Favre prangert die Fehlerkette an, Sportchef Eberl sieht dennoch positive Ansätze. Das nächste Spiel der Fohlen könnte die komplette Saison wesentlich beeinflussen.

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Es ist gerade mal ein knappes halbes Jahr her, dass Borussia Mönchengladbach den deutschen Klubfußball auf europäischer Bühne ehrenwert vertrat. Zwar verloren die Fohlen beide Spiele der ersten K.o.-Phase der Europa League gegen den FC Sevilla, waren aber sogar nach Ansicht des Gegners über 180 Minuten die bessere Mannschaft.

Mitte September 2015 sieht die Sache gänzlich anders aus. Wieder hieß der Gegner FC Sevilla, diesmal in der Eliteliga Europas. Der erste Auftritt der Borussia in der Champions League überhaupt sollte einer von mindestens sechs Festtagen werden. Gladbach wollte die Königsklasse genießen, unabhängig von den drei namhaften Gegnern.

Der Verein ist nach dem Spiel aber keinen Schritt weiter. Wie schon bei den Bundesliga-Niederlagen in Bremen (1:2) und gegen den HSV (0:3) machte Gladbach jede Menge Fehler, die der Gegner erneut zu nutzen wusste und die auf diesem Niveau erst recht bestraft werden.

Stindl überfordert

"Wir waren technisch unterlegen und gedanklich langsamer. Wir hatten zu wenig Ballbesitz, um das Spiel wie noch vor einigen Monaten zu kontrollieren. Sevilla hat gut gepresst und viel Druck gemacht. In der zweiten Hälfte hatten wir drei Elfmeter gegen uns. Der erste war für mich kein Elfmeter, der zweite Pfiff war auch übertrieben. Aber die Fehler wurden vorher gemacht, Sevilla ist zu einfach in unseren Strafraum gekommen", sagte Trainer Lucien Favre.

Fehler muss man Gladbach beim Debüt in der Champions League zugestehen; im Hexenkessel Ramon Sanchez Pizjuan wären die auch in besserer Verfassung nicht zu vermeiden gewesen.

Es sind andere Dinge, die nachdenklich machen. Gladbach traute sich nichts zu; statt die wenigen Kontermöglichkeiten auszuspielen, wurde lieber auf den Ball getreten, das Tempo verschleppt und der Querpass gespielt. Nach dem katastrophalen Start in die Bundesliga kann kein Selbstvertrauen vorhanden sein, aber mit Angsthasenfußball wird die Borussia nicht aus der Krise kommen.

Exemplarisch für den derzeitigen Zustand der Gladbacher steht Lars Stindl. Sein Ex-Trainer Mirko Slomka analysierte bei Sky treffend, dass man derzeit nur die Hülle von Stindl auf dem Platz sehen würde, das Innere aber verborgen bliebe. Auf der Sechserposition ist Stindl schlichtweg überfordert.

Eberl sieht "positive Ansätze"

Zudem sind die Stützen aus der letzten Saison, etwa Tony Jantschke oder Havard Nordtveit meilenweit von ihrer Bestform entfernt. In Abwesenheit des gesperrten Granit Xhaka suchte man in Sevilla vergeblich einen Spieler, der vorangeht. Jeder einzelne Gladbacher Spieler ist mit sich selbst beschäftigt, sogar Torhüter Yann Sommer ließ sich beim dritten Gegentor von der Verunsicherung seiner Vorderleute anstecken.

Sportdirektor Max Eberl sah trotz allem auch Positives. "Die Ansätze waren da, aber die ganzen Elfmeter waren unglücklich. Wir müssen weiter machen. Klar strotzen wir momentan nicht vor Selbstvertrauen, aber das müssen wir uns holen. Dass wir momentan nicht in einen Offensivrausch verfallen, das ist keine Überraschung. Es sind Ansätze da, die müssen wir festhalten."

Noch haben die Gladbacher bei ihren Fans ausreichend Kredit. Die letzte Saison überstrahlt die Misserfolge der noch jungen Spielzeit 2015/16, selbst bei der unansehnlichen Heimpleite gegen den HSV gab es kaum hörbare Pfiffe von den Rängen.

Stimmung könnte kippen

Die Stimmung könnte aber am kommenden Wochenende umschlagen. Das wichtigste Spiel der Saison steht an: Derby gegen den 1. FC Köln. Die Mannschaft kann jede Unterstützung der Fans gebrauchen, doch ausgerechnet in Köln müssen die Spieler auf einen Großteil ihrer Anhänger verzichten - infolge der Protestaktion gegen personalisierte Tickets.

Fünf Pflichtspielpleiten am Stück werden den Gladbachern noch verziehen, eine sechste in Köln würde die Laune empfindlich beeinträchtigen. "Wir wissen, dass wir in einer schwierigen Lage sind. Aber da kommen wir nur gemeinsam wieder raus. Und wir brauchen dringend ein Erfolgserlebnis", mahnte Andre Hahn.

In zwei Wochen kommt das große, teure Manchester City in den Borussia-Park. Davor stehen aber erst mal drei Bundesligaspiele an. Die Gegner heißen neben Köln Augsburg und Stuttgart. Manchmal ist Sport recht banal: Gladbach muss diese Spiele nutzen, um den Turnaround zu schaffen.

FC Sevilla - Borussia Mönchengladbach: Die Statistik zum Spiel

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