Borussia Dortmund gelang beim wilden Tor-Spektakel gegen Bayer Leverkusen ein wichtiger Sieg. Dabei machte das Debüt von Leihspieler Marin Pongracic Hoffnung auf mehr. Ein altbekanntes BVB-Problem bleibt aber bestehen.
Bayer Leverkusen - BVB: Jetzt schon eines der Spiele der Saison
Viertes Spiel, nächstes Spektakel: Wenn Borussia Dortmund in dieser Bundesligasaison aufläuft, wird es nicht langweilig. 22 Tore sind mit BVB-Beteiligung bislang gefallen, in jeder Partie also durchschnittlich 5,5.
Das Duell gegen Leverkusen reihte sich nahtlos ein und hat ohnehin seine eigene, spektakuläre Historie. In den vergangenen zehn Spielen zwischen beiden Teams hagelte es 50 Tore. Die Begegnung am Samstagnachmittag imitierte dabei ein wenig das Aufeinandertreffen im Februar 2020, das mehrere Wendungen nahm und von Bayer mit 4:3 gewonnen wurde.
Auch diesmal ging es hin und her mit demselben Endergebnis, es ereignete sich ein atemloses Auf und Ab mit intensiven Zweikämpfen, vielen Umschaltsituationen und Torgelegenheiten auf beiden Seiten. Eigentlich hatte die Begegnung keinen Sieger verdient.
Es war die viel zitierte Werbung für die Bundesliga und gewiss das bislang beste Spiel der noch jungen Saison. Viele ereignisreichere Duelle wird es in dieser Spielzeit wohl nicht geben. Allerdings: Nicht nur in der Bundesliga gibt es mittlerweile zu wenige Spiele dieser Kategorie, oftmals regieren spielerische Armut und Eintönigkeit.
Dass Dortmund in Leverkusen drei Rückstände wegsteckte und am Ende noch gewann, sollte den Westfalen in jedem Fall einen enormen Schub für den Start in die englischen Wochen geben. Die oft bemühte Frage nach der Mentalität ist für den Moment beantwortet, denn schon am vergangenen Spieltag war der späte 3:2-Siegtreffer gegen Hoffenheim ein Ausdruck der Gier, die im Team des BVB steckt und exemplarisch von Spielern wie Erling Haaland, Jude Bellingham und Gregor Kobel verkörpert wird.
BVB: Der Spielplan von Borussia Dortmund
Datum | Wettbebwerb | Gegner | Spielort |
15.09.2021 | Champions League | Besiktas | A |
19.09.2021 | Bundesliga | Union Berlin | H |
25.09.2021 | Bundesliga | Borussia Mönchengladbach | A |
28.09.2021 | Champions League | Sporting Lissabon | H |
BVB-Debüt von Marin Pongracic gelingt und macht Hoffnung
Angesichts von drei Gegentoren mag es paradox klingen, doch das erste Spiel von Leihgabe und Geburtstagskind Marin Pongracic im Trikot des BVB verlief mehr als ordentlich. Zwar dauerte es nur bis zum 0:1 in der neunten Minute, als erstmals die noch fehlende Abstimmung mit Nebenmann Manuel Akanji zu sehen war, doch der 24-Jährige macht Hoffnung auf mehr.
Beachtlich vor allem: 16 Zweikämpfe am Boden und in der Luft führte Pongracic in seinen 84 Minuten Spielzeit - jeden einzelnen gewann er davon. Zudem kam er auf die nach Axel Witsel und Bellingham drittbeste Passquote bei der Borussia.
Pongracic spielte mit Selbstvertrauen und ging immer wieder resolut zu Werke, war aufmerksam und bewies eine gute Antizipation. Auch seine Spieleröffnung gab keinen Anlass zu Kritik.
"Er verfügt über eine hervorragende Physis, er ist sehr schnell, ist dadurch als Innenverteidiger für eine Mannschaft, die hoch verteidigen will, prädestiniert. Noch dazu ist er für seine Größe ein außergewöhnlich guter Fußballer", sagte Trainer Marco Rose vor dem Spiel.
Wie der Coach ebenfalls betonte, wird es für den zuletzt in Wolfsburg selten eingesetzten Pongracic darum gehen, sich schnell beim BVB zu akklimatisieren und den Rhythmus aufzunehmen. Angesichts der weiter anhaltenden Personalprobleme und der Not zur Rotation dürfte der Innenverteidiger, der auch rechts in der Viererkette spielen kann, ausreichend Spielpraxis sammeln, um seinen eigenen Anpassungsprozess zu beschleunigen.
BVB und die Defensivprobleme: Nichts Neues von der Baustelle
In einem seiner ersten Statements als neuer Dortmunder Trainer sagte Rose, man wolle die Anzahl an Gegentoren verringern. Der Saisonstart ist mit vier Siegen aus fünf Pflichtspielen zwar gelungen, neun Mal durften die Gegner in der Bundesliga aber bereits ins BVB-Tor schießen. Nur Hertha BSC und Greuther Fürth, auf Platz 17 und 18 der Tabelle, kassierten mehr Gegentreffer.
Wie schon in der Vorsaison macht es der BVB seinen Gegnern zu leicht, um zum Torerfolg zu kommen. Sehr viele Torchancen hatte Leverkusen gar nicht, doch die Qualität derer, die sich die Werkself herausspielte, war groß genug, um dabei erfolgreich zu sein.
"Die Gegentore machen mich richtig sauer", sagte Rose bei Sky und sprach von einem "Puzzle vieler Dinge", das zu ihnen führten. Dieses besteht aus schwach geführten Zweikämpfen, einem nach Ballverlust zu laschen Umschalten in die Defensive und schlampigen Fehlpässen. Gegen Bayer war zu beobachten, dass Sechser Witsel oft allein auf weiter Flur stand und die Abstände zwischen ihm und der Viererkette zu groß wurden.
Das Problem: Um die altbekannte Baustelle zu schließen, fehlt Rose die Zeit auf dem Trainingsplatz - umso mehr, wenn in ein paar Tagen die englischen Wochen beginnen und die freie Zeit vor allem zur Regeneration genutzt werden muss. Regelmäßiges Videostudium und das Einstudieren des Erlernten im Wettkampf bleiben also übrig.
BVB: Rose und Reus nach Sieg mit selbstkritischen Worten
Parallel dazu muss Rose bei seinem Personal dringend auf die richtige Balance zwischen Belastung und Erholung achten. Ein Spieler wie Akanji würde in einer idealen Welt längst eine Pause bekommen. Zumal der Schweizer bei weitem nicht der einzige ist, dem eine vernünftige Vorbereitung fehlt oder der individuell noch ein gutes Stück von einer gesunden Fitness entfernt ist.
Immerhin: Der mit einer "diffusen Verletzung" (Rose) ausgefallene Mats Hummels wird wohl bald sein Startelfdebüt geben können. "Wir haben gemeinsam entschieden, dass wir aufgrund der nächsten Wochen uns die Tage geben, die es eventuell braucht", sagte Rose zum Dortmunder Abwehrchef. "Es steht jetzt Champions League, dann Bundesliga und wieder Champions League an, dementsprechend ist die Entscheidung getroffen worden."
Hummels wird Dortmund gewiss Stabilität verleihen, Wunderdinge sollte man mit Blick auf seinen Nachholbedarf aber auch nicht erwarten. Genauso klar ist: "Wir können nicht immer so viele Tore schießen", sagte Kapitän Marco Reus. "Am Ende haben wir gewonnen, aber es hat sehr viel Kraft gekostet und das wollen wir nicht."
Am wichtigsten für einen besseren Saisonverlauf als den vergangenen wird sein, dass das gesamte Team die Fehler in der Defensive minimiert und kompakter gegen den Ball arbeitet. Der Sieg in Leverkusen war sicherlich wichtig für den Klub und die Mannschaft, doch hörte man Roses und Reus' selbstkritische Worte nach der Partie, wird deutlich: Auch sie wissen, dass derzeit vor allem die hohe individuelle Qualität in der Offensive der Grund dafür ist, dass die Probleme in der Defensive nicht aufs Punktekonto schlagen.