FC Bayern München - Gala nach dem Titelgewinn: Süchtig nach dem Kick

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© getty

Als der 31. Meistertitel des FC Bayern München bereits feststand, zelebrierten die Spieler einen 6:0-Gala-Auftritt gegen Borussia Mönchengladbach und dann eine eher verhaltene Meisterfeier. Selten wurde das Wesen dieser Mannschaft deutlicher (die Highlights im Video).

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Als bei den Meisterspielern des FC Bayern München ein paar Minuten nach Abpfiff doch noch ein Hauch von Ausgelassenheit aufkam, musste natürlich alles umgehend perfekt in Szene gesetzt werden. Der Stadion-DJ drehte die Musik in der leeren Arena also ein bisschen leiser, zwei Fotografen machten sich bereit - und dann sprang die Mannschaft ein paar Sekunden lang Arm in Arm im Kreis um sie herum und schrie bestens vernehmbar: "Campeones, Campeones, ole, ole, ole!" Super Video, super Bilder!

Kommentar: Wahrscheinlich der beste Beweis für Flicks Fähigkeiten

In Sachen Ausgelassenheit war das aber auch schon der Klimax einer Meisterfeier, die eigentlich rund eine Stunde vor dem Anpfiff des Spiels gegen Borussia Mönchengladbach - aber nie so wirklich - begonnen hat. Weil Borussia Dortmund gegen Verfolger RB Leipzig gewonnen hatte, stand der FC Bayern schon um 17.22 Uhr als Meister fest. Zum insgesamt 31. und neunten Mal in Folge.

"Da ging ein Raunen durch die Katakomben. Und dann haben wir uns gepusht, noch einen draufzusetzen", erzählte Thomas Müller, der die Siegesbesessenheit des FC Bayern wie kaum ein Zweiter personifiziert. Müller sicherte sich genau wie David Alaba seinen zehnten Meistertitel, womit die beiden einen neuen Rekord aufstellten. Dazu kommen zwei Champions-League-Siege, etliche DFB-Pokale, Supercups und sonstige Trophäen und Trophächen.

"Es geht einem nicht um den Titel oder um die Schale, sondern darum, jedes Spiel zu gewinnen. Denn dieses Gefühl des Gewinnens, des Besserseins als der Gegner, das gibt dir den Kick", stellte Müller aber klar. "Aber der Kick hält nicht lange an. Deswegen versucht man, ihn sich immer wieder zu holen." Notfalls eben bei einem letztlich bedeutungslosen Bundesligaspiel gegen Gladbach. Der 6:0-Gala-Auftritt verdeutlichte bestens das Wesen dieser Mannschaft, der wohl gierigsten und siegesbesessensten der Welt. Süchtig nach dem Kick!

FC Bayern: Gala-Auftritt gegen Borussia Mönchengladbach

Als die Spieler den Stadioninnenraum als Meister zum Aufwärmen betraten, waren die Huldigungen bereits vorbereitet: Auf den Videoleinwänden prangten große 9er und aus den Boxen schallte "deutscher Fußballmeister FCB". Dazu gesungen oder gar getanzt haben die Bayern-Spieler aber nicht. Sie wärmten sich gewissenhaft auf, gingen zurück in die Kabine, liefen ein und zerstörten dann Borussia Mönchengladbach, immerhin noch im Kampf um die europäischen Startplätze. Der 6:0-Sieg war der zweithöchste der Saison nach dem 8:0 am ersten Spieltag gegen den FC Schalke 04.

Nach nicht einmal zwei Minuten schoss Robert Lewandowski das 1:0, woraufhin sich Müller nach kurzem Jubel den Ball holte und in den Mittelkreis brachte. Gladbach solle doch bitte endlich anstoßen, damit der FC Bayern zeitnah das nächste Tor schießen kann. Darum kümmerte sich dann Müller selbst (23.), am Rückweg in die eigene Hälfte schrie er: "Weitermachen!"

Also machte die Mannschaft weiter und schoss noch vier Tore: Kingsley Coman (44.), Leroy Sane (86.) und zweimal Lewandowski (34. und 66.). Der 32-jährige polnische Torjäger steht nach seinem Dreierpack nun bei 39 Saisontoren. In den beiden letzten Spielen fehlt ihm also nur noch ein Tor, um Gerd Müllers Rekord aus der Saison 1971/72 einzustellen. Wobei, wir sind ja beim FC Bayern. Also: zwei, um einen neuen Rekord aufzustellen.

Vor allem in der ersten Halbzeit presste der FC Bayern dermaßen hoch und aggressiv, dass sich Gladbach phasenweise kaum aus dem eigenen Strafraum befreien konnte. Damit Keeper Manuel Neuer auch mal geprüft wurde, köpfelte Müller schließlich eine Gladbacher Freistoß-Flanke in der 42. Minute aufs eigene Tor. Wahrscheinlich war es unabsichtlich, aber womöglich auch nicht. Neuer parierte jedenfalls.

Oliver Kahn: "Jubel ist etwas gesetzter ausgefallen"

Müller und Alaba klatschten nach dieser Aktion ab, wie sie auch nach dem Abpfiff abklatschten, als ihr Arbeitstag, der ihnen den zehnten gemeinsam Meistertitel beschert hatte, beendet war. Gemeinsam mit ihren Kollegen standen sie dann im Mittelkreis und wartete auf zwei Betreuer, die kleine rote Säckchen mit roten Meister-Caps und roten Meister-Shirts herbeitrugen. Wirklich gierig darauf wirkte keiner.

Letztlich zogen sich aber selbstverständlich alle die Merchandise-Produkte an, weil man sie sich nach einem Titelgewinn halt anzieht. Bei Müller dauerte es noch ein bisschen länger als bei seinen Kollegen, weil er sich vorher noch das weiße Gladbach-Trikot von seinem ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Christoph Kramer organisierte. Durchaus verständlich: Müller hat daheim wohl mehr Meister-Shirts rumliegen als Kramer-Trikots.

Irgendwann beugte aber auch er sich dem allgemeinen Dresscode und dann wurde im Kreis gesprungen und "Campeones" gesungen. Anschließend winkte Sportvorstand Hasan Salihamidzic mit seinem Meister-Cap Richtung leerer Tribüne, ehe er keine Viertelstunde nach Abpfiff mit der Mannschaft und dem zum Saisonende scheidenden Trainer Hansi Flick in den Katakomben verschwand. "Mit der Erfahrung einiger Meisterschaften ist der Jubel etwas gesetzter ausgefallen", analysierte Vorstand Oliver Kahn.

Hansi Flick: "Leider nur die Meisterschaft"

Bei der anschließenden Pressekonferenz lobte Flick die Leistung und Mentalität seiner Mannschaft, klagte aber auch, dass es in dieser Saison "leider nur die Meisterschaft" wurde. Zu etwaigen Feier-Vorgängen in der Kabine konnte er unterdessen keine detaillierte Auskunft geben, weil er nach dem Gang in die Katakomben lediglich im Trainerraum gewesen sei, um mit dem Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge anzustoßen.

"Ich habe die Spieler zwar gehört, aber ich glaube, die waren nicht so ganz erfreut, dass wir morgen früh trainieren", sagte Flick lediglich und grinste. Nach eineinhalb Jahren Zusammenarbeit hätte man durchaus davon ausgehen können, dass er seine Spieler besser einschätzen kann. Die Trainingsansetzung am darauffolgenden Morgen fassten sie nämlich vermutlich als eine der besten Nachrichten des Tages auf.

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