Der Maßstab für den Gegenschlag

Von Andreas Lehner
Ilkay Gündogan lieferte auf der Zehnerposition eine starke Leistung ab
© getty

Borussia Dortmund zeigte im Supercup gegen den FC Bayern den von Trainer Jürgen Klopp gewünschten BVB-Fußball. An dieser Leistung muss sich die Mannschaft messen lassen - nicht nur in den Spitzenspielen.

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Die Stimmung war schon vor dem Spiel euphorisch. Der "Zieht den Bayern die Lederhosen aus"-Klassiker schallte durchs Stadion. Von übermäßigem Respekt oder Ehrfurcht vor dem Triple-Sieger war auf den Rängen nichts zu spüren.

Dass auch die Spieler im ersten Pflichtspiel der Saison keinerlei Zweifel an ihrer Wettbewerbsfähigkeit hatten, wurde schnell klar. Schon beim Blick auf die Mannschaftsaufstellung war zu sehen, dass es dafür auch keinen Grund gibt. Im Vergleich zum Champions-League-Finale vor zwei Monaten rückte nur Nuri Sahin für den verletzten Lukasz Piszczek in die Mannschaft.

Ein Beispiel für BVB-Fußball

Jürgen Klopp schickte auch aufgrund von Verletzungen (Mkhitaryan) und Erkrankungen (Sokratis, Aubameyang) eine Mannschaft ohne Neuzugänge aufs Feld. Das Team konnte also auf gewohnte Abläufe vertrauen und auf bekannte Muster zurückgreifen.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Neuen im Dortmunder Team mit der speziellen Anforderung von Klopp und seinem Trainerteam in der Anfangsphase Schwierigkeiten haben. Das war beispielsweise auch bei Ilkay Gündogan oder Marco Reus so.

Was den von Klopp gepriesenen BVB-Fußball auszeichnet, zeigte sich gegen den FC Bayern über die kompletten 90 Minuten: kollektives Defensivarbeit, hohe Laufbereitschaft und schnelles Spiel nach vorne.

Bayern ohne Balance

Es sind genau jene Mittel, mit denen die Dortmunder die Bayern seit drei Jahren ärgern und mit denen sie ihnen vor allem in den Meisterspielzeiten 2010/11 und 2011/12 gehörig zusetzten.

Auch in der letzten Saison zeigte sich der BVB in den direkten Duellen auf Augenhöhe, allerdings hatten die gut ausbalancierten Münchner in den Pokalspielen mehr Punch und das Umschaltspiel der Dortmunder im Griff.

Das war am Samstag komplett anders. Die Bayern sind in ihrem neuen System noch auf der Suche nach der Stabilität und dem richtigen Mix aus Offensive und Defensive.

Maximaler Aufwand, maximaler Erfolg

Der Aufwand, den die Dortmunder gegen offensiv starke Bayern in den 90 Minuten betreiben mussten, war bei "100 Prozent", wie Mats Hummels berichtete. "Vor allem die Spielweise der Bayern mit vielen Verlagerungen ist sehr laufintensiv."

"Wir waren ständig bereit, Räume zuzulaufen, die sich Bayern immer wieder erspielt ", sagte Klopp und resümierte. "Wenn wir alles in die Waagschale werfen, taktisch gut sind, leidenschaftlich sind und einen hohen Aufwand betreiben, können wir die Bayern besiegen. Das hat sich nicht geändert."

Bereit für eine ganze Saison?

Es ist auch nicht die grundlegende Frage, ob Dortmund im direkten Duell mit den Bayern mithalten kann. Die ist hinlänglich mit Ja beantwortet worden. Die Frage ist, ob der BVB über den Zeitraum einer ganzen Saison mit den Münchner konkurrieren kann.

"Wenn wir unseren Fußball so konsequent durchziehen, wie wir es in den vergangenen vier Jahren gemacht haben, sind wir eine herausragende Mannschaft und können viel erreichen", sagte Hummels.

Der Richtwert für die neue Saison sind die 25 Punkte Rückstand aus der abgelaufenen Spielzeit, die der BVB trotz zweier Unentschieden gegen Bayern anhäufte. "Unsere Gegner sind 16 andere Bundesligisten. Wir wollen uns nicht ständig mit den Bayern messen. Doch wenn wir auf sie treffen, wollen wir sie schlagen."

Pressing-Maschine als Grundlage

Es waren die Schwächephasen gegen kleinere Teams, die den Dortmundern regelmäßig Punktverluste einbrachten. Mannschaften gegen die, Bayern "auch mit 60 Prozent" gewinnt. Die Dortmunder müssten dagegen immer an ihre Leistungsgrenze gehen, die Gegner "bearbeiten und niederringen". Das ist der Ansatzpunkt für den Gegenschlag in dieser Spielzeit.

Im Supercup legte das Team den Maßstab für den Aufwand in allen Spielen fest. Klopp sprach schon kurz nach dem verlorenen Champions-League-Finale davon, eine neue Pressing-Maschine errichten zu wollen. Die Grundlage für die Siege wird in der Defensive gelegt, 42 Gegentore waren letzte Saison deutlich zu viel.

Ob seine Spieler in dieser Saison wieder bereit sind, seine Anforderungen in jedem Spiel umzusetzen und nicht nur in den großen, wird sich schnell zeigen. Das nächste Duell mit den Bayern ist erst für den 13. Spieltag am 23. November terminiert.

Der Spielplan von Borussia Dortmund