Mit den besten Grüßen nach Chile

Von Florian Bogner
Gomez (l.) erzielte gegen Hannover seine ersten drei Saisontore und ist damit bester FCB-Torschütze
© Getty

Mario Gomez besiegt Hannover 96 im Alleingang und straft seine Kritiker Lügen. Dabei war sein erster Dreierpack für den FC Bayern München nur die längst fällige Bestätigung seines Talents. Oder war vielleicht auch wenig chilenisches Hokuspokus im Spiel?

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Als Mario Gomez seinen ersten Dreierpack im Trikot des FC Bayern geschnürt hatte und zum Jubeln in die Südkurve lief, glich die Arena längst einem Tollhaus. Nach schwachen Heimspielen gegen Bremen (0:0), Köln (0:0) und Mainz (1:2) wurden die Bayern-Fans erstmals seit Wochen wieder mit einem Erfolgserlebnis auf den Heimweg geschickt.

Und irgendwie hatte man das Gefühl, dass die 69.000 Zuschauer dem 25-Jährigen seine drei Treffer von Herzen gönnten - die Hannover-Fans ausgenommen, versteht sich. Und vielleicht auch die Gomez-Kritiker, die der Stürmer selbst in letzter Zeit zahlreich ausgemacht und nun zum Schweigen gebracht hatte.

"Diese superschlauen Ratschläge der letzten Wochen und Monate von all meinen Kritikern auf der Welt habe ich heute perfekt umgesetzt", sagte Gomez nach seinem Tor-Comeback zynisch und fügte selbstbewusst an: "Ich habe immer gesagt: Wenn ich spiele und gesund bin, werde ich auch meine Tore machen."

Van Gaal stellt Gomez Einsatzgarantie aus

In der Tat hatte sich der Angreifer bereits beim 0:2 gegen Dortmund gut bewegt und trotz der Niederlage davon gesprochen, dass er derzeit gut drauf sei. "In Dortmund wurde ich dafür noch komisch angeguckt", sagte Gomez, "aber jetzt haben alle die Bestätigung dafür."

Ein Tor beim Länderspiel in Kasachstan (3:0), drei gegen Hannover: Es läuft wieder beim Ex-Stuttgarter, der sich in Abwesenheit der verletzten Konkurrenz (Miroslav Klose/Ivica Olic) fürs kommende Königsklasse-Heimspiel gegen CFR Cluj eine Einsatzgarantie verdiente.

"Einen Stürmer, der drei Tore gemacht hat, werde ich nicht wechseln", sagte Trainer Louis van Gaal jedenfalls auf der Pressekonferenz nach dem Hannover-Spiel und fügte an: "Ich denke, wir werden in den nächsten Wochen einen sehr guten Mario Gomez sehen."

Gomez-Plädoyer für mehr Starteinsätze

Mit dem Ausrufezeichen gegen Hannover könnte Gomez nun wieder das Vertrauen bekommen, das ihm in der Rückrunde der Vorsaison abging. Aufgrund mangelnder Jokerqualitäten wurde der 25-Jährige von manchen sogar schon abgeschrieben.

"Ich bin kein Spieler, der in fünf Minuten glänzen kann, sondern einer, der sich in ein Spiel reinfightet", startete Gomez ein Plädoyer für mehr Starteinsätze und merkte an, dass er gegen Hannover ja erst nach 21 Minuten seine erste Torchance hatte (und auch nutzte).

"Wenn ich erst in der 75. Minute reinkomme, dann gehe ich vielleicht wieder als Loser nach Hause", sagte Gomez. "Aber so ist Fußball."

Bayern mal nicht dominant - schon läuft's bei Gomez

Insgesamt war das Spiel der Bayern freilich noch weit von den Glanzleistungen der letzten Saison entfernt. Nur 54 Prozent Ballbesitz stellten sogar einen Minusrekord für ein Heimspiel unter van Gaal dar. Auch war die Quote erfolgreicher Pässe (79 Prozent) in Abwesenheit der Schaltzentrale Bastian Schweinsteiger und Mark van Bommel die schlechteste in einem Heimspiel 2010.

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Dass Bayern den Gegner diesmal nicht dominierte, wie man das in der heimischen Arena gewohnt ist, kam Gomez aber paradoxerweise trefflich entgegen. Denn ähnlich wie Mainz zuletzt versuchte Hannover, die Bayern schon früh zu attackieren. So stand auch die 96-Viererkette höher.

Gomez bekam dadurch den Raum, den er für sein Spiel benötigt und hielt sich meist in der Zone auf, in der er sich am wohlsten fühlt: Nicht ständig mit dem Rücken zum Tor direkt am Strafraum des Gegners, sondern 30 bis 35 Meter vom Tor entfernt, immer auf den Pass in die Tiefe lauernd.

Kroos, Altintop und Müller bedienen klasse

Im Endeffekt war Gomez-Torrevival nur die Bestätigung alter Talente. Van Gaal nannte das 2:0 ein typisches "Gomez-Tor": Ballannahme in "seiner" Zone, Doppelpass mit Kroos - und ab dafür. Dass Gomez beim ersten Kontakt den Oberarm zu Hilfe nahm, was nicht geahndet wurde, passte zum Spiel. Wenn's läuft, dann läuft's.

Beim 1:0 und beim 3:0 besann sich Gomez hingegen auf seine verloren geglaubte Kopfballstärke. Während die etatmäßigen Außen Franck Ribery und Arjen Robben nicht gerade dafür bekannt sind, einen zentralen Stürmer mit Flanken zu füttern, leisteten Hamit Altintop und Thomas Müller diesmal mustergültige Vorarbeit.

Derart unterstützt, erfüllte der Angreifer seinen Job so gut wie noch nie im Bayern-Trikot. Mehr als ein Gomez-Tor hatte es bislang nur bei seinem Pflichtspiel-Debüt im Sommer 2009 gegeben. Sein Doppelpack beim 3:0 gegen das unterklassige Neckarelz im DFB-Pokal war aber nicht mehr als eine Randnotiz gewesen - anders als der Dreierpack jetzt.

Flirt mit Liverpool ad acta

Vergessen scheinen damit auch Wechselgerüchte, die Gomez im Sommer begleiteten. Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge erklärte nach dem Hannover-Spiel hastig, dass man immer an Gomez' Qualitäten geglaubt habe. Deswegen habe man ihn auch nicht im Sommer an den FC Liverpool abgegeben - trotz fortgeschrittener Verhandlungen.

Gomez erklärte den Flirt mit den Reds aus seiner Sicht so: "Ich bin im Sommer zum Verein gegangen und habe gesagt, dass mich meine Situation nicht glücklich macht. Ich bin beim besten Verein der Welt, habe aber nur Spaß, wenn ich spiele und etwas zum Erfolg beitragen kann."

Der Verein habe ihm aber deutlich gemacht, dass man weiter auf ihn setze. "Man hat mich nicht für viel Geld geholt, damit man mich nach einem Jahr wieder hergibt", sagte Gomez, der noch eine andere Erklärung für seine Leistungsexplosion parat hatte.

Mario Gomez grüßt Mario Gomez

"Ich möchte viele liebe Grüße nach Chile senden", meinte der Stürmer und brachte die Rettungsaktion der 33 Kumpel in einen Zusammenhang. "Als ich gehört habe, dass ein Mario Gomez als Erster von 33 gerettet wurde, war für mich klar, dass das nächste Spiel für mich laufen wird." Gomez Rückennummer ist die 33.

Seine Schlussfolgerung deshalb: "Es war kein Zufall, es war Schicksal. Dass es am Ende mit drei Toren klappt, ist schon ein bisschen Hokuspokus, aber ich freue mich sehr."

Dem Fußballer Gomez sei gesagt, dass sein Namensvetter zwar nur der neunte Gerettete war, dafür aber mit 64 Jahren der älteste.

Ganz bestimmt hat der Fußballer Gomez aber vom Bergmann Gomez gelernt, dass ein Happyend manchmal auf sich warten lässt.

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