"Mit diesem Team kann man Meister werden"

Von Florian Bogner
Dennis Aogo und Joris Mathijsen freuen sich über den vierten Auswärtssieg des Hamburger SV
© Getty

Drei überzeugende Auftritte in sieben Tagen machen deutlich: Der HSV ist das konstanteste Spitzenteam der Bundesliga. Kühle Effizienz gepaart mit taktischer Disziplin lassen mittlerweile in den Hamburgern selbst die Überzeugung reifen: Da geht was.

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Stefan Effenberg lässt normalerweise nie was über "seinen" FC Bayern kommen, wenn es um das Benennen des Meisterschaftsfavoriten geht. Doch nach dem 2:1-Auswärtssieg des Hamburger SV bei Bayer Leverkusen war sogar der sonst so bayerntreue Tiger voll des Lobes.

"Das sah alles sehr gut und flüssig aus", formulierte der Premiere-Experte seine Bewunderung über das eben erlebte: "Gerade, wenn man bedenkt, dass sie vor ein paar Tagen noch ein schweres Europacup-Spiel hatten." Sehr cool und clever habe der HSV agiert - kurzum "so wie eine Spitzenmannschaft auftreten muss". Die Warnung dürfte beim Rest der Liga angekommen sein.

Fakt ist: Mit fünf Siegen aus sechs Pflichtspielen seit der Winterpause ist der Bundesliga-Dino zusammen mit Wolfsburg das Team der Stunde. Vor allem die kühle Effizienz der Hanseaten, die sie in Düsseldorf erneut an den Tag legten, findet immer mehr Bewunderer und dürfte den Mitkonkurrenten um den Titel Kopfzerbrechen bereiten.

Jansen trifft mit rechts - Jol staunt

Während sich Leverkusen einmal mehr in seinem Spieltrieb verlor, verteidigte der HSV unaufgeregt, lancierte auf der anderen Seite aber sachliche und brandgefährliche Konter - zwei davon führten zu Marcell Jansens erstem Doppelpack in der Bundesliga.

Im Matchwinner reifte nach dem zweiten "Big Point" neben dem Heimsieg gegen den FC Bayern zum Rückrundenauftakt die Erkenntnis: "Wir haben eine gute Entwicklung genommen. Wenn wir die bestätigen können, haben wir eine gute Chance, bis zum Ende oben dabei zu bleiben."

Seine sehenswerten Tore kommentierte Jansen sachlich: "Es wurde auch mal Zeit, ich habe im Training oft getroffen, aber im Spiel hat das nie so geklappt." Vor allem der erste Treffer mit dem schwächeren rechten Fuß sorgte für Staunen auf der HSV-Bank. Trainer Martin Jol: "Das habe ich noch nicht einmal im Training bei ihm gesehen."

Leverkusen: Fehlende Cleverness und ein fremdes Stadion

Der Holländer hatte sein Team gegen Bayers spielstarkes Mittelfeld einmal mehr perfekt eingestellt. "Wir haben im Mittelfeld ein bisschen anders gespielt, weil wir wussten, dass Leverkusen besonders stark ist, wenn es Raum für Doppelpässe hat", so der Coach.

In der Praxis hieß das, dass Alex Silva und David Jarolim gänzlich auf Offensivaktionen verzichteten, um eine Art Bollwerk vor der Abwehrkette zu bilden. So unterband der HSV vor allem schnelle Zuspiele in die Spitze. Bayer-Trainer Bruno Labbadia musste hinterher anerkennen: "Es war schwer, weil der HSV gut organisiert ist."

Seine Spieler haderten derweil mit fehlender Cleverness (Patrick Helmes) und dem ungewohnten Stadion in Düsseldorf (Rene Adler), das Bayer zwar mit 40.000 Zuschauern einen Heimspielrekord, aber eben auch die zweite Rückrunden-Niederlage vor eigenem Publikum einbrachte.

"Wir alle wollen in Leverkusen ein schönes Stadion haben und da müssen wir jetzt eben Opfer bringen", kommentierte Nationaltorhüter Adler diesen Umstand.

HSV-Motto: Elf Freunde müsst ihr sein

Der HSV hat diese Probleme nicht - mit 28 Punkten aus zehn Heimspielen ist man zusammen mit Wolfsburg Bundesligaspitze. Die Wölfe sind nebenbei in der nächsten Woche zu Gast in Hamburg. "Wenn wir das Spiel ebenfalls positiv gestalten, sind wir richtig oben drin", sagte Torhüter Frank Rost.

Der Routinier sprach nach dem Spiel offen von der Meisterschaft: "Natürlich ist es toll, wenn man in der Tabelle ganz oben steht. Noch schöner wäre aber, wenn wir am Ende der Saison auch mit oben dabei sind."

Beim HSV ist man gewarnt, schließlich rutschte man in der Vorsaison in der Schlussphase noch ab. Das soll diesmal nicht passieren. "Wenn Einzelschicksale hinter den Mannschaftsgeist zurückgestellt werden, dann kann man was ganz Großes erreichen", meinte Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer forsch.

Piotr Trochowski pflichtete bei: "Mit dieser Mannschaft kann man Meister werden, vor allem in diesem Jahr. Es ist wichtig, dass man das Mannschaftsgefüge zusammenhält und dass der Teamspirit da ist. Und das ist bei uns der Fall."

Probleme hinten rechts

Jol sah das wie schon gewohnt defensiver. Er stellte der Mannschaft zwar ein großes Kompliment aus, meinte aber auch: "Wir haben dieselben Probleme wie Leverkusen, wir verfügen noch nicht über eine perfekte Mannschaft."

Trotz einem tiefen Kader steht Jol gegen Wolfsburg vor einem Problem auf der rechten Abwehrseite. Nach Thimothee Atouba fehlen Collin Benjamin (5. Gelbe) und nach seinem 26-Minuten-Gelb-Rot nun auch Jerome Boateng. Zudem wurde Guy Demel in Leverkusen nach 60 Minuten mit einer leichten Zerrung ausgewechselt.

Entwarnung gab es hingegen bei Innenverteidiger Michael Gravgaard, der sich Ende der ersten Halbzeit zwei Finger ausgekugelt hatte. Jol: "Er steht uns auf jeden Fall wieder zur Verfügung."