Gewinner und Verlierer der Bundesliga-Hinrunde: Wieso der FC Bayern zu den Enttäuschungen zählt

Von Tim Ursinus und Jochen Tittmar
Dieses Foto täuscht: Der FC Bayern München gehört, auch weil Trainer Thomas Tuchel und CEO Jan-Christian Dreesen sich nicht immer einig waren, zu den Verlierern der Bundesliga-Hinrunde 2023/2024.
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Wie schon im Vorjahr endet die Bundesliga-Hinrunde nicht nach 17 Spielen, sondern nach 16. Anlässlich der Winterpause blicken wir auf die Gewinner und Verlierer der bisherigen Halbserie.

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Xabi Alonso, Bayer Leverkusen
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Bundesliga, Gewinner der Hinrunde: Xabi Alonso (Trainer Bayer Leverkusen)

Nach der großen Aufholjagd unter ihm in der vergangenen Saison hat Xabi Alonso seine Mannschaft in der Hinrunde zum Titelanwärter in der Bundesliga geformt. Auch im DFB-Pokal und der Europa League ist die Werkself mit allen Chancen auf eine Trophäe weiterhin vertreten.

In die Winterpause geht Bayer Leverkusen nach 25 Pflichtspielen sogar ungeschlagen, das gab es zuvor in der Bundesliga noch nie. Den Startrekord mit 24 Partien ohne Niederlage hatte zuvor der HSV aus der Saison 1982/83 inne.

Anders ausgedrückt: Noch kein Team hat es geschafft, Alonsos Taktik in dieser Saison zu knacken. Entsprechend hoch ist seine Strahlkraft - Real Madrid und auch der FC Bayern München sollen ihren ehemaligen Spieler genauestens beobachten.

Bayer 04 Leverkusen, Granit Xhaka, Victor Boniface, Florian Wirtz
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Bundesliga, Gewinner der Hinrunde: Bayer Leverkusen und die Transferaktivitäten

Leverkusens Erfolg geht aber auch auf eine äußerst erfolgreiche Transferphase zurück. Das liegt zum einen an Alonso, der ein gutes Argument in Verhandlungen darstellt - wie einst Pep Guardiola bei Mario Götze - und zum anderen an der guten Arbeit von Sportchef Simon Rolfes und dessen Team.

Victor Boniface, Granit Xhaka, Jonas Hofmann, Alejandro Grimaldo - sie alle kamen trotz teilweise großer Konkurrenz im Sommer und schlugen gewaltig ein.

Boniface könnte mit einer etwas besseren Chancenverwertung um die Torjägerkanone mitspielen, ist aber enorm wichtig für das Angriffsspiel. Xhaka ist der verlängerte Arm Alonsos. Hofmann kommt auf starke 15 Scorerpunkte und Grimaldo gehört nicht nur dank seiner herausragenden Schusstechnik zweifellos zu den besten Linksverteidigern der Liga.

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Bundesliga, Gewinner der Hinrunde: Serhou Guirassy (VfB Stuttgart)

Es war die Geschichte der ersten acht Spieltage: Der VfB Stuttgart gewann dank der 14 Treffer von Guirassy sieben von acht Partien. Selbst Harry Kane konnte dem Stürmer aus Guinea nicht das Wasser reichen.

Doch Guirassy verpasste im Anschluss zwei Spiele mit einer Oberschenkelverletzung, weshalb Kane in der Torjägerliste an ihm vorbeizog. Seither kamen in der Bundesliga "nur" drei weitere Treffer für den 27-Jährige hinzu.

Dennoch hat sich Guirassy europaweit einen Namen gemacht. Dank seiner Ausstiegsklausel in Höhe von kolportierten 17,5 Millionen Euro winkt ihm der erste ganz große Vertrag seiner Karriere. Geht es tatsächlich nach England, kann er davon wohl noch viele Jahre zehren.

Sebastian Hoeneß
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Bundesliga, Gewinner der Hinrunde: Sebastian Hoeneß und Stuttgarts Transferaktivitäten

Doch auch Trainer Sebastian Hoeneß hat einen ganz großen Anteil an der Stuttgarter Erfolgsgeschichte. Sein mutiger und vor allem für den Gegner schwer unter Kontrolle zu bringender Fußball lässt den VfB nur wenige Monate nach der Relegation tatsächlich wieder von Europa träumen.

Oder wie es die Fans der Schwaben lauthals singen: "Nach all der Scheiße, geht's auf die Reise, Stuttgart international."

Hoeneß' Taktik geriet in der Hinrunde nur selten ins Wanken. Aussetzer wie gegen den 1. FC Heidenheim (0:2) oder das Spiel in München (0:3) sind angesichts der Stuttgarter Vorgeschichte aber mehr als verkraftbar. Vor allem, weil auch die Neuzugänge wie Angelo Stiller oder Deniz Undav (Leihe mit Kaufoption) Hoffnung auf nachhaltig erfolgreichen Fußball machen.

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Bundesliga, Gewinner der Hinrunde: Harry Kane (FC Bayern München)

Was wurde nicht alles über die hohe Summe gesprochen und geschrieben, die der FC Bayern für den Stürmer im Sommer auf den Tisch legte. Rund ein halbes Jahr später lässt sich sagen, dass sich jeder Cent der kolportierten 95 Millionen Euro plus Boni gelohnt hat.

Schon nach 15 Bundesligapartien (die Bayern haben ein Spiel weniger als der Rest) hat Kane mit seinen 21 Treffern fünf Tore mehr auf dem Konto als die beiden Torschützenkönige (Niclas Füllkrug und Christopher Nkunku) der Vorsaison.

Dazu gesellen sich vier Treffer in der Champions League und wettbewerbsübergreifend acht Assists - eine bärenstarke Quote.

Transfers
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Bundesliga, Gewinner der Hinrunde: Maximilian Beier (TSG 1899 Hoffenheim)

Die TSG kann mit 24 Punkten und direkter Tuchfühlung zu den Europa-League-Plätzen auf eine gute Hinrunde zurückblicken. Auch wenn so manch eine der sechs Niederlagen nicht hätte sein müssen.

Eine der großen Entdeckungen der Kraichgauer war vor allem Maximilian Beier. In den ersten neun Spielen traf der 21-Jährige sechsmal und bereitete vier weitere Tore vor. Davon drei beim 3:2-Sieg gegen den VfB Stuttgart.

Seither tauchte Beier zwar nicht mehr auf der Anzeigetafel auf, der Stürmer zeigte aber weiterhin gute Ansätze und hat sich vor allem einen Namen in Fußball-Deutschland gemacht. Derart, dass er sogar bei der deutschen Nationalmannschaft gehandelt wurde.

Max Eberl, Borussia Mönchengladbach, Transfers
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Bundesliga, Gewinner der Hinrunde: Xavi Simons und Loïs Openda (RB Leipzig)

RB Leipzig hat nach der herausragenden Rückrunde in der vergangenen Saison zwar ein wenig nachgelassen, musste aber auch einige schwere Abgänge wie die von Josko Gvardiol, Christopher Nkunku oder Dominik Szoboszlai verkraften.

Dass die Sachsen aber auf einem sicheren vierten Platz mit sechs Punkten Vorsprung auf Verfolger BVB stehen und somit gute Chancen auf die erneute CL-Qualifikation haben, ist durchaus ein Erfolg. Dafür sind vor allem zwei Neuzugänge verantwortlich.

PSG-Leihgabe Xavi Simons hat die Bundesliga in kürzester Zeit im Sturm erobert. Der 20-jährige Offensivspieler glänzt mit Tempodribblings, guter Übersicht und einem tollen Abschluss. Sechs Tore und neun Assists in 25 Partien sind das Ergebnis. Offen bleibt, ob RB noch länger als nur eine Saison auf ihn bauen kann.

Leipzigs Rekordtransfer Loïs Openda (38,5 Millionen Euro) macht derweil da weiter, wo er bei RC Lens in der Vorsaison aufgehört hat. 15 Treffer und vier Assists in ebenfalls 25 Spielen stehen auf dem Konto des 23-Jährigen.

Jan-Niklas Beste, 1. FC Heidenheim, Bundesliga
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Bundesliga, Gewinner der Hinrunde: Jan-Niklas Beste und der 1. FC Heidenheim

Dass der 1. FC Heidenheim in seiner ersten Bundesliga-Saison nach 16 Spieltagen im Tabellenmittelfeld steht und nur einen Sieg weniger als der BVB aufweist, hielt im Sommer kaum jemand für möglich. Der Vorsprung auf die Abstiegsränge beträgt ganze zehn Zähler.

Ein Grund für die sehr gute Ausbeute von 20 Punkten ist vor allem die Standard-Stärke der Heidenheimer. Der Mann für den ruhenden Ball ist Jan-Niklas Beste.

Der einstige Dortmunder Jugendspieler steht bei herausragenden 13 Torbeteiligungen (fünf Treffer, acht Assists) in 14 Partien in der Bundesliga. Beste war erst im Aufstiegsjahr für rund eine Million Euro aus Bremen gekommen, jetzt hat er seinen Marktwert beinahe verzwölffacht.

thorup
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Bundesliga, Gewinner der Hinrunde: Jess Thorup (Trainer FC Augsburg)

Die Entlassung von Enrico Maaßen war die erste dieser Saison, seit der Übernahme von Trainer Jess Thorup läuft es für den FC Augsburg wie am Schnürchen.

Lediglich zwei Partien verloren die Fuggerstädter unter dem Dänen. Viermal teilte sich der FCA die Punkte, drei Spiele wurden gewonnen.

Es deutet derzeit wieder vieles auf einen erneuten Klassenerhalt der mittlerweile fast unabsteigbaren Augsburger hin.

Union1
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Bundesliga, Verlierer der Hinrunde: 1. FC Union Berlin

Der 2:0-Sieg gegen den 1. FC Köln war ein versöhnliches Ende einer völlig verkorksten Hinrunde für Union Berlin. Mit 13 Punkten und Platz 15 gehen die Eisernen in die Winterpause. Im DFB-Pokal und in der Champions League ist man bereits ausgeschieden.

Viel bitterer: Die schwache Saisonhälfte kostete Liebling Urs Fischer nach über vier Jahren im Amt den Trainerjob. Der Schweizer hatte es trotz verhältnismäßig hoher Transferausgaben (32 Millionen Euro) nicht geschafft, die Erfolgswelle weiter zu reiten.

Zumal ein Großteil der Zugänge die Mannschaft nicht wie erhofft qualitativ verbessert haben. In der Rückrunde ist das Ziel von Fischer-Nachfolger Nenad Bjelica einzig und allein der Klassenerhalt. Eine erneute Europareise wäre ein wohl noch größeres Wunder als die Qualifikation für die Königsklasse in der Vorsaison.

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Bundesliga, Verlierer der Hinrunde: 1. FC Köln

Steffen Baumgart hat die mit Abstand schwierigste Phase als Trainer des 1. FC Köln nicht überlebt. Am Donnerstag gab der Verein die Trennung bekannt. Zehn mickrige Punkte nach 16 Spieltagen sind weit unter dem Anspruch der Geißböcke.

Nun überwintern die Kölner auf einem direkten Abstiegsplatz (17), punktgleich mit Tabellenschlusslicht Darmstadt 98. Große Sorgen macht vor allem die katastrophale Torausbeute.

Lediglich zehnmal drückten die Kölner den Ball über die Linie. Klar ist daher: Im Winter soll und muss ein neuer Stürmer her - und auch ein neuer Trainer.

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Bundesliga, Verlierer der Hinrunde: Bo Svensson (Trainer 1. FSV Mainz 05)

Der Weg des Dänen bei dem Klub, für den er einst als Spieler aktiv war, wurde ausschließlich von Erfolg gekennzeichnet: Als er im Januar 2021 in beinahe auswegloser Lage übernahm, führte Svensson den Klub noch zum Klassenerhalt. Anschließend führte er die Nullfünfer auf die Tabellenplätze acht und neun.

In dieser Saison war aber dermaßen der Wurm drin, dass Svensson freiwillig Platz machte. Als er Mainz am 2. November nach dem 9. Spieltag verließ, stand der Klub mit drei Punkten und ohne Sieg am Tabellenende. "Der Abschied fällt mir sehr schwer, aber ich habe das Gefühl, dass jetzt der Zeitpunkt hierfür gekommen ist", sagte Svensson.

Von dieser sportlichen Bilanz hat sich der FSV bislang noch nicht erholt. Sieben Spieltage später sind nur sieben Zähler dazugekommen. Punktgleich mit den Platz 17 und 18 überwintert man somit nur auf dem Relegationsrang.

Edin Terzic, BVB
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Bundesliga, Verlierer der Hinrunde: Edin Terzic (Trainer BVB)

Die Entwicklung bei Borussia Dortmund in der Liga ist sicherlich die am meisten enttäuschende, die das erste Halbjahr im Oberhaus zu Tage förderte. Der BVB steht nur auf Rang fünf, der Abstand zu Champions-League-Platz vier beträgt bereits sechs Punkte.

Terzics Bilanz ist so schwach, dass man einige Jahre zurückgehen muss, um ähnliche schlechte Resultate zu finden. Der Trainer, der im Vorjahr noch um ein Haar die Meisterschaft nach Dortmund geholt hätte, steht deshalb zur Disposition - Ausgang offen.

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Bundesliga, Verlierer der Hinrunde: Niklas Süle und Karim Adeyemi (BVB)

Zahlreiche Spieler der Borussia müssen sich den Schuh anziehen, zu schwache Leistungen gebracht zu haben. Exemplarisch stehen die beiden prominenten Neuzugänge der Vorsaison Niklas Süle und Karim Adeyemi.

Süle wurde nur in 17 Pflichtspielen eingesetzt, lediglich neun Mal stand er dabei in der Startelf. Wirklich aufmerksam konnte er dabei nicht auf sich machen, so dass längst auch seine Teilnahme an der Heim-EM 2024 gefährdet ist.

Adeyemi weist ähnlich schwache Zahlen auf: 18 Partien waren es für ihn, nur sieben von Anfang an. In der Bundesliga traf er noch nicht ins Tor, zu allem Überfluss fehlt er nun auch noch wochenlang mit einem Syndesmosebandanriss.

Mario Götze peilt mit Eintracht Frankfurt einen Heimsieg an.
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Bundesliga, Verlierer der Hinrunde: Mario Götze (Eintracht Frankfurt)

Zugegeben: Der klassische Verlierer ist Mario Götze nicht. Doch angesichts seines Potentials und den im Vorjahr abgerufenen Leistungen ist der 31-Jährige bislang hinter den Erwartungen geblieben.

In 15 von 23 Pflichtspielen stand er in der Anfangsformation. Diese Zahlen sind genauso ausbaufähig wie die insgesamt nur vier Torbeteiligungen.

Angesichts der großen Erwartungen, die man an ihn unter anderem auch nach dem Abgang von Stürmer Randal Kolo Muani hatte, läuft Götze der Musik hinterher. Und die Hoffnungen auf eine Teilnahme bei der EM im eigenen Land sind angesichts seiner Leistungen auch nicht größer geworden.

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Bundesliga, Verlierer der Hinrunde: Der FC Bayern München und seine Transferaktivitäten

João Palhinha vom FC Fulham, Trevoh Chalobah vom FC Chelsea und Armel Bella-Kotchap vom FC Southampton - sie alle wollte der FC Bayern am Deadline Day verpflichten, am Ende kam keiner der Spieler.

Doch es lag nicht nur am letzten Tag der Sommer-Transferperiode, dass der FCB dort unglücklich agierte. Nach dem Abgang von Benjamin Pavard (Inter Mailand) auch Josip Stanisic zu Bayer Leverkusen zu verleihen, war mindestens ein Wagnis.

Die viel zitierte Holding Six, die Palhinha hätte werden sollen, bekam Trainer Thomas Tuchel nicht und musste daher mit den Konsequenzen leben. Angesichts eines arg auf Kante genähten Kaders und wenig überraschender Ausfälle während der vergangenen fünf Monate, liefen die Bayern einige Male mit einer Art Not-Elf auf. Zuletzt bildeten etwa Aleksandar Pavlovic und Raphaël Guerreiro die Doppelsechs...

Bundesliga: Die Tabelle nach dem 16. Spieltag

PlatzVereinSpieleSiegeRemisNiederlagenToreTorverhältnisPunkte
1Bayer Leverkusen16133046:123442
2FC Bayern München15122149:153438
3VfB Stuttgart16111437:191834
4RB Leipzig16103338:172133
5Borussia Dortmund1676330:25527
6Eintracht Frankfurt1666426:20624
71899 Hoffenheim1673632:30224
8SC Freiburg1673621:26-524
91. FC Heidenheim 18461662825:32-720
10VfL Wolfsburg1661920:27-719
11FC Augsburg1646624:31-718
12Bor. Mönchengladbach1645731:35-417
13SV Werder Bremen1644823:30-716
14VfL Bochum1637618:33-1516
151. FC Union Berlin15411017:31-1413
161. FSV Mainz 051617813:28-1510
171. FC Köln16241010:28-1810
18SV Darmstadt 9816241020:41-2110