BVB - Kommentar zur Transferpolitik von Borussia Dortmund und der bevorstehenden Verpflichtung von Sebastien Haller: Nahe am Optimum

Sebastian Kehl
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Nach einer von zahlreichen Enttäuschungen getrübten Saison hat Borussia Dortmund einen Neuanfang ausgerufen - und füllt diesen durch die bislang getätigten, teils hochkarätigen Transfers früh mit Leben. Dieses Händchen muss der neue BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl nun auch auf der Abgabenseite beweisen. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Tittmar.

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Im Laufe der vergangenen Saison, in der man Konstanz nur in der Kategorie Ernüchterung erreichte, ist bei den Verantwortlichen von Borussia Dortmund die Erkenntnis gewachsen, vielschichtige Veränderungen anstreben zu wollen. Veränderungen, die nicht nur die Mannschaft betreffen.

Dass ein abermaliger Umbruch beim BVB Zeit und Geduld benötigen sowie nicht innerhalb nur eines Sommers zu bewerkstelligen sein wird, war absehbar. Blickt man nun - weit vor der Schließung des Transferfensters am 1. September - jedoch auf die bislang bestätigten Neuzugänge, haben die Dortmunder den ausgerufenen Neuanfang bereits mit viel Leben gefüllt.

Das trifft einerseits vor allem auf die Spieler-Einkäufe zu, die man fast durch die Bank als hochkarätig bezeichnen muss: Sebastien Haller (wenn auch noch nicht offiziell bestätigt), Karim Adeyemi, Nico Schlotterbeck, Niklas Süle, Salih Özcan - sie alle bringen enormes Potential mit, die dringenden Notwendigkeiten innerhalb der Mannschaft auszumerzen: ihre Dynamik zu verändern, ihr frische Energie zuzuführen, ihre Widerstands- und Leidensfähigkeit zu erhöhen und sie so kurz- bis mittelfristig zu verbessern.

Wie gegeben dies war und ist, belegt auch der Fakt, dass der BVB dafür die Schatulle weit öffnete. Bislang legte man rund 90 Millionen Euro an Ablösesummen für diese Transfers hin, von den langjährigen Gehaltszahlungen an die Neuen ganz zu schweigen. Aufgrund der Einnahmen, die man durch den Verkauf von Erling Haaland erhielt und die durch weitere Verkäufe noch steigen könnten, wird das wirtschaftliche Minus am Ende dennoch allenfalls moderat ausfallen.

BVB: Haller-Transfer eine Abkehr der bisherigen Politik

Beim 28-jährigen und inklusive Boni rund 35 Millionen Euro schweren Haller handelt es sich nicht nur um den teuersten Einkauf der Vereinsgeschichte, sondern zugleich um eine Abkehr von der von Sportdirektor Sebastian Kehls Vorgänger Michael Zorc praktizierten Politik im Stürmer-Segment: Unter Zorc kam in diesem Jahrtausend nie ein Neuner, der älter als 25 oder teurer als 21 Millionen war. Anders als bei Robert Lewandowski, Pierre-Emerick Aubameyang oder Haaland steht nun bei Haller kein späterer finanzieller Zugewinn im Vordergrund.

Nicht außer Acht gelassen werden dürfen zudem die Veränderungen, die außerhalb des Spielerkaders vonstatten gingen. Mit Co-Trainer Peter Hermann assistiert künftig ein alter Hase mit massig Erfahrungswerten dem jungen, noch unbedarften Chefcoach Edin Terzic. Dazu wird Shad Forsythe als "Head of Performance" fungieren.

Bei ihm soll alles rund um das Thema Fitness zusammenfließen, der US-Amerikaner genießt einen ausgezeichneten Ruf auf dem Gebiet der Verletzungsprävention. Man erinnere sich: Die durchgängigen Blessuren waren im Vorjahr integraler Bestandteil der sportlichen BVB-Misere. Bleibt noch Laurent Busser, der Chefscout beim FC Bayern war. Der Franzose wird sein Netzwerk und Auge nun für die Borussia einsetzen.

BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl muss auch verkaufen können

Dass diese Vielzahl an Verpflichtungen deutlich vor dem Start in die Saison am 27. Juni unter Dach und Fach gebracht wurde, ist nahe am Optimum und stellt Kehl ein erstes beachtenswertes Zwischenzeugnis aus. Die Westfalen haben somit bereits mit dem Beginn der Vorbereitung viel Planungssicherheit geschaffen.

Ob all diese Rädchen letztlich auch wirklich ineinandergreifen, steht freilich auf einem ganz anderen Blatt. Schließlich ist es für jeden langjährigen Beobachter leicht vorstellbar, dass der BVB auch mit einem in weiten Teilen erneuerten Team ein Auswärtsspiel etwa in Augsburg ohne viel Gegenwehr verliert.

Ähnlich energisch muss Kehl jetzt jedoch die unklare Zukunft von Youssoufa Moukoko klären und vor allem die Dringlichkeiten auf der Abgabeseite angehen. Dortmunds Kader ist zu groß und auch die Finanzlage gebietet es, dass vor möglichen weiteren Einkäufen zunächst Spieler den Verein verlassen müssen. Es gibt gut ein halbes Dutzend Verkaufskandidaten, darunter einige Profis, die der BVB schon längere Zeit nicht losbekommt.

Da ein paar davon sehr gut dotierte Verträge besitzen, ist die Chance groß, dass Dortmund auf ihnen weiterhin sitzen bleibt. Hier könnte es sich bewahrheiten, dass die Umwälzungen innerhalb des Kaders mehrere Transferperioden in Anspruch nehmen. Es wäre hilfreich, würde Kehl in den kommenden Wochen auch in dieser Hinsicht dasselbe Händchen beweisen wie bei den Verpflichtungen.

Sebastian Kehl hat als Sportdirektor des BVB bislang vielversprechende Transfers getätigt.
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Sebastian Kehl hat als Sportdirektor des BVB bislang vielversprechende Transfers getätigt.

BVB: Die Neuverpflichtungen von Borussia Dortmund im Überblick

NamePositionBisheriger VereinAblöse
Karim AdeyemiAngriffRB Salzburg30 Mio. Euro
Nico SchlotterbeckInnenverteidigerSC Freiburg20 Mio. Euro
Salih ÖzcanMittelfeld1. FC Köln5 Mio. Euro
Niklas SüleInnenverteidigerFC Bayern Münchenablösefrei
Marcel LotkaTorwartHertha BSCablösefrei
Alexander MeyerTorwartJahn Regensburgablösefrei