BVB stürzt in der Bundesliga auf Platz sieben ab: Es riecht nach 2015

Edin Terzic ist mit dem BVB auf Platz sieben abgerutscht.
© imago images / Kirchner-Media

Borussia Dortmund rutschte zuletzt in der Bundesligatabelle weiter ab, die Champions-League-Qualifikation ist in Gefahr. Gelingt sie nicht, geht es auch beim BVB ans Eingemachte - und es stünde ein noch heißerer Sommer als ohnehin schon an.

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Im vergangenen so erfolgreichen Jahrzehnt gab es nur zwei wirklich kritische Punkte in der Entwicklung von Borussia Dortmund. Zunächst war da die finale Saison von Jürgen Klopp. Der BVB geriet in der Hinrunde in den Abstiegskampf und stand Ende Januar, Anfang Februar 2015 gar auf dem letzten Platz. Am Ende rettete man sich auf Rang sieben und in die Europa League.

Der Druck vor drei Jahren dagegen war ein anderer: Dortmund installierte Peter Stöger als Interimstrainer für den entlassenen Peter Bosz und kämpfte trotz der ordentlichen Bilanz des Österreichers bis zum Schluss mehr schlecht als recht um die Qualifikation zur Champions League. Erst am 34. Spieltag, mit viel Zittern und lediglich drei Toren Unterschied, war sie schließlich erreicht.

Die Situation im Hier und Heute hält für die Westfalen eine Mischung aus diesen beiden Episoden parat. Nach einer englischen Woche mit nur einem Punkt aus drei Spielen sowie dem Absturz auf Platz sieben ist für den Moment klar, in welche Richtung der intern wie extern als richtungsweisend proklamierte Januar weist.

Auch wenn die CL-Qualifikation "über allem stehen" muss, wie es Sportdirektor Michael Zorc kürzlich verkündete, und daher Parallelen zu Stögers Mission gezogen werden können, riecht es derzeit allerdings eher nach 2015 beim BVB. Denn: Es geht durchaus die Angst um, der momentane Trend ist besorgniserregender als der unter Stöger. Damals stand man nach 18 Spieltagen mit fünf Niederlagen schließlich noch auf Rang vier.

BVB: 50 Prozent aller Gegentore nach Standardsituationen

Der erste CL-Rang ist nach der schon siebten Saisonpleite in Gladbach bereits drei Zähler entfernt. Freilich ist dieser wankelmütigen BVB-Mannschaft zuzutrauen, in Bälde wieder Leistungen wie in der zweiten Halbzeit beim verdienten Sieg in Leipzig vor zweieinhalb Wochen zu zeigen. Doch wer 13 Gegentore nach Standardsituationen kassiert, was 50 Prozent aller Dortmunder Gegentreffer bedeutet, der kann nicht ausschließen, auch weiterhin "durch zu einfache Gegentore zurückgeworfen" (Zorc) zu werden.

Den Verantwortlichen scheint allmählich zu dämmern, dass es diesmal in einer Krisensituation nicht ausreichen könnte, vor allem auf die individuelle Klasse des Kaders zu vertrauen, um das Pflichtprogramm Königsklasse zu erreichen. Stöger hatte damals sein Team zwar so stabilisiert wie Klopp drei Jahre vor ihm, doch es war von den Individualisten vor allem in der Offensive abhängig - und das gilt heute gleichermaßen. Man erinnere sich nur an die zahnlosen Spiele im Dezember, als Torjäger Erling Haaland verletzt fehlte.

"Er hat viele gute Sachen angestoßen", sagt Zorc über Interimscoach Edin Terzic, bei dem wie einst bei Stöger von Beginn an feststand, dass er unter normalen Umständen keine Chance haben wird, auch nach dem Ende dieser "Reparatur-Saison" noch Cheftrainer zu sein. Unter Terzic hat der BVB die Basiselemente des Spiels wieder in den Vordergrund gerückt und arbeitet diese auch zumeist ordentlich ab: intensives Spiel gegen den Ball, höhere Emotion, Leidenschaft, Körperlichkeit.

BVB braucht die Champions League

Eine spielerische Entwicklung geht trotz des hochkarätig besetzten und enorm talentierten Kaders aber bislang nicht einher. Die teils grotesken Fehler, die das Team produziert, bekommt auch Terzic nicht in den Griff. Vielmehr bleibt es dabei: Unter Terzic spielte Dortmund nur in den zweiten 45 Minuten in Leipzig ansehnlichen Fußball, mit Abstrichen noch im ersten Abschnitt in Gladbach.

Was jedoch vor allem beachtlich ist: Sobald es bei der Borussia nicht in die gewünschte Richtung läuft, wirkt die Mannschaft, als sei sie keine. Dann gehen wie nicht nur bei der Niederlage in Leverkusen gesehen die Köpfe nach unten, die Verantwortung wird zur Seite geschoben, die Bereitschaft zu leiden entweicht. Momentan spielen zu viele Spieler unter ihrem Niveau, beinahe jeder ist für einen Patzer gut - substanzielle Lerneffekte sind nach den immer gleichen Fehler-Mustern nicht zu erkennen.

Deshalb rückt Zorc das für jedes Jahr geltende Minimum-Saisonziel nun so stark wieder in den Fokus. "Um am Ende unser Ziel zu erreichen, müssen wir alles tun. Und diesem Ziel alles unterordnen", sagt er. Dortmund braucht die Champions League, ansonsten wird auf den Sportdirektor in seinem vermeintlich letzten Jahr beim BVB noch einiges an Arbeit zukommen.

BVB-Sportdirektor Michael Zorc hat Alarm geschlagen.
© getty
BVB-Sportdirektor Michael Zorc hat Alarm geschlagen.

BVB-Zahlen sind wegen Corona "richtig schlecht"

Oder, um es noch anschaulicher zu machen: "Wenn die Einnahmen aus der Champions League nicht mehr da sind, kannst du dir einen Kader in der Größenordnung und Qualität, wie wir ihn haben, nicht mehr leisten. Dann musst du den Rotstift ansetzen. Und das vereinfacht die Situation nicht, wenn du eigentlich auf Expansionskurs bist", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kürzlich dem kicker.

Gerade einen eigentlich kerngesunden Klub wie den BVB mit dem europaweit höchsten Zuschauerschnitt von rund 80.000 Fans pro Heimspiel treffen die Geisterspiele hart, da die Menschen am Spieltag ja nicht nur Geld für die Eintrittskarten ausgeben. Bereits das Geschäftsjahr 2019/20 schlossen die Dortmunder mit einem Verlust von fast 44 Millionen Euro ab, weitere bis zu 75 Millionen kommen im laufenden Geschäftsjahr hinzu. Diese Zahlen sind "richtig schlecht", sagte Watzke deutlich.

Es kann sich daher jeder ausrechnen, was es bedeuten würde, sollten die rund 30 bis 40 Millionen Euro wegfallen, die eine Teilnahme an der Champions League garantieren. Dann ginge es auch in Dortmund ans Eingemachte. "Die wirtschaftliche Dimension der COVID-19-Pandemie wird erst sukzessive sichtbar werden in den nächsten Monaten und Jahren", sagte Watzke. "Die Bemühungen, an die noch größeren Klubs wirtschaftlich näher heranzurücken, die sind erst einmal passe."

Hat Dortmund kapiert, was die Stunde geschlagen hat?

Dem BVB wird im Sommer mit dem womöglich neuen Trainer Marco Rose ohnehin der nächste personelle Umbruch bevorstehen. Fiele dann die Königsklasse weg, wären die Westfalen verpflichtet, mindestens einen ihrer Spieler für viel Geld zu verkaufen. Ansonsten ließen sich die Verluste nur schwer kompensieren. Fraglich jedoch, ob der wahrscheinliche Wechsel von Jadon Sancho eine dreistellige Millionensumme einbringen könnte, die im vergangenen Sommer noch deutlich realistischer war.

Wichtiger für den Moment ist vielmehr die Frage: Hat die Mannschaft, die in der nächsten englischen Woche gegen Augsburg, Paderborn und Freiburg spielt und dabei einen Umschwung ins Positive zumindest einleiten kann, kapiert, was die Stunde geschlagen hat?

Würde die Antwort am Ende "Nein" heißen, erwartet den BVB ein noch heißerer Sommer als ohnehin schon.

BVB-Spielplan in den kommenden Wochen

DatumWettbewerbGegner
30. JanuarBundesligaFC Augsburg (H)
2. FebruarDFB-PokalSC Paderborn (H)
6. FebruarBundesligaSC Freiburg (A)