FC Bayern München - Hansi Flick und das Abwehr-Puzzle: Rückkehrer, Neuling und eine Zwickmühle

Von Dennis Melzer
Kämpfen um einen Stammplatz im nächsten Jahr: Lucas Hernandez (l.), Niklas Süle (v.l.) und Jerome Boateng (r.).
© imago images / Philippe Ruiz

Hansi Flick hat in der kommenden Saison mit Blick auf seine Viererkette die Qual der Wahl. Noch zumindest, denn schon vor dem ersten Trainingstag hat er zumindest bis voraussichtlich November eine Option weniger. Zudem könnte der ein oder andere Spieler im Sommer sogar noch gehen. SPOX und Goal werfen einen Blick auf das Abwehr-Puzzle des FC Bayern.

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Die Triple-Helden sind zurück im Training, der wohlverdiente Urlaub Geschichte. Bereits am Dienstag bat Fitness-Coach Holger Broich zur Cyber-Einheit, am Freitag steht das erste Mannschaftstraining auf dem Programm.

Hansi Flick und seinem Trainerteam bleibt nicht viel Vorbereitungszeit, die Münchner eröffnen am 18. September gegen Schalke 04 die neue Saison. Dabei wird - neben Star-Neuzugang Leroy Sane - vor allem die Defensivreihe im Fokus stehen.

Der Grund: Quasi erstmals seit seiner Amtsübernahme Anfang November kann der Coach nahezu auf das komplette Abwehr-Ensemble zurückgreifen.

SPOX und Goal zeigen die zahlreichen Optionen und ordnen die Chancen der jeweiligen Protagonisten ein.

FC BAYERN MÜNCHEN - BENJAMIN PAVARD

Der französische Nationalspieler benötigte nach seinem Wechsel vom VfB Stuttgart keine großartige Anlaufzeit, um sich beim Rekordmeister zu etablieren. Ganz im Gegenteil: Pavard mauserte sich schnell zum unangefochtenen Rechtsverteidiger Nummer eins und hatte am Ende wettbewerbsübergreifend die viertmeisten Minuten aller Bayern-Spieler gesammelt.

Dass er im mannschaftsinternen Spielzeit-Ranking nicht noch weiter oben landete, lag vornehmlich daran, dass der 24-Jährige sich im Vorfeld des Champions-League-Turniers verletzte. Aufgrund einer Bandverletzung in der linken Fußwurzel musste Pavard im Achtelfinal-Rückspiel gegen Chelsea passen, auch für das Duell mit Barcelona reichte es noch nicht.

Erst einen Tag vor dem Schützenfest gegen die Blaugrana angereist, durfte Pavard immerhin im Halbfinale gegen Lyon einige Minuten mitwirken, lange wurde sogar über einen Startelf-Einsatz im Endspiel gemutmaßt. Flick, der Pavard eine "herausragende Saison" attestierte, ging das Risiko nicht ein und setzte auf Joshua Kimmich, der im Finalturnier bis dato als hochwertige "Aushilfe" fungiert hatte und im Finale dann sogar das Siegtor von Kingsley Coman vorbereitete.

In der kommenden Saison wird Pavard jedoch wieder die rechte defensive Außenbahn beackern. Zwar ist der Klub auf der Suche nach einem Konkurrenten - und hat dabei dem Vernehmen nach namhafte Spieler ins Visier genommen (Sergino Dest, Max Aarons, Hector Bellerin), wirklich konkret wurde es bislang allerdings bei keinem.

Ist Pavard fit, dürfte es für einen potenziellen Neuzugang ohnehin schwierig werden, den Weltmeister zu verdrängen. Pavard verbuchte in seiner ersten Bayern-Spielzeit ordentliche Zweikampfwerte (54,4 Prozent), blockte die meisten gegnerischen Abschlüsse (14), fing nach Thiago (82) die zweitmeisten Pässe ab (74) und trat darüber hinaus auch offensiv positiv in Erscheinung (vier Tore, sieben Vorlagen).

Pavard war auf der rechten Abwehrseite gesetzt.
© imago images
Pavard war auf der rechten Abwehrseite gesetzt.

FC BAYERN MÜNCHEN - JEROME BOATENG

Hansi Flick hat Boateng aus sportlicher Sicht neues Leben eingehaucht. Der lange Zeit so Schweigsame und Nachdenkliche lacht wieder, albert mit den Kollegen herum und meldet sich auch medial wieder zu Wort. Vor allem, um zu erklären, wie sehr er die Arbeit seines Coaches schätzt.

Ein persönliches Gespräch mit Flick vor der Winterpause habe zu seinem Verbleib geführt, verriet Boateng der Sport Bild. Der Innenverteidiger, dessen Arbeitspapier noch bis Sommer 2021 gültig ist, wurde darüber hinaus auch bezüglich seiner Zukunft deutlich: "Gespräche über meinen Vertrag hinaus gab es noch nicht. Für mich ist aber klar, dass ich den Weg unter Hansi Flick weitergehen werde."

Der 32-Jährige plant also, seinen Vertrag mindestens zu erfüllen. Selbst ein Engagement darüber hinaus sei für ihn denkbar, wie aus seinem Umfeld zu vernehmen ist. Boateng, der schon mehrfach beinahe weg war, fühlt sich wieder wohl in München. Das spiegelt sich vor allem in seinen Leistungen wider. Präsident Herbert Hainer adelte den Routinier jüngst in der Sport Bild als "Pfeiler in der Abwehr", der sich "hervorragend entwickelt" habe.

Boateng wäre gegen Schalke vermutlich Flicks erste Wahl für die halbrechte Position in der Kette gewesen. Allerdings zog sich der Weltmeister von 2014 im Champions-League-Finale gegen PSG früh einen Muskelfaserriss zu, der einen Einsatz zum Saisonauftakt unwahrscheinlich macht. Dennoch: Kehrt Boateng nach überstandener Verletzung ähnlich stark zurück, wird er sich mit Niklas Süle um die vakante Stelle duellieren.

FC BAYERN MÜNCHEN - NIKLAS SÜLE

Während Boateng sicherlich von Süles langer Abwesenheit aufgrund eines Kreuzbandrisses "profitierte", könnte der Rückkehrer nun wiederum zum Nutznießer der Boateng-Blessur avancieren. Bereits im Achtelfinal-Rückspiel gegen Chelsea ersetzte Süle seinen angeschlagenen Teamkollegen nach 63 Minuten, im Halbfinale stand für ihn erstmals wieder eine ganze Pflichtspiel-Halbzeit nach monatelanger Pause zu Buche.

Im Zuge des Boateng-Ausfalls im Finale gegen PSG trug Süle über 65 Minuten seinen Teil dazu bei, dass der FC Bayern sich zum Triple-Sieger krönte. Der ehemalige Hoffenheimer entschied in Lissabon durchschnittlich 87 Prozent seiner direkten Duelle für sich und machte insgesamt einen sehr stabilen Eindruck. Nicht unbedingt selbstverständlich, wenn man die lange Abstinenz Süles bedenkt.

Mittlerweile sieht sich der Nationalspieler auf einem guten Weg, wieder dauerhaft Fuß in Bayerns Innenverteidigung zu fassen. "Es war kein einfaches Jahr für mich", gab er zuletzt zu und schob nach: "Aber ich habe unglaublich hart an meinen Defiziten gearbeitet und viel in meinem Fitnessbereich getan. Ich bin einfach froh, dass mein Knie hält."

Süle ist langfristig das perfekte Puzzleteil für Flick, sofern er von weiteren Rückschlägen verschont bleibt. Mit 24 Jahren ist er gleichermaßen noch entwicklungsfähig, aber dennoch vor allem physisch bereits sehr gut ausgebildet. Boateng kann sicherlich noch auf hohem Niveau agieren, das hat er in der vergangenen Saison hinlänglich bewiesen. Süle hingegen ist der Mann, dem die Zukunft gehört.

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