Christian Pander im Interview: "Ich hatte noch nie etwas von einer Viererkette gehört"

Von Niklas Behrend
Im Konzert der ganz Großen: Schalkes Christian Pander (re.) im April 2008 in der Champions League im Duell gegen Gianluca Zambrotta vom FC Barcelona.
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Zurück zum Profifußball. Nach zehn Jahren Schalke mit vielen Verletzungen aber auch überragenden Freistößen haben Sie den Verein im Sommer 2011 verlassen. Wie ist ihr Fazit zu einem Jahrzehnt in Königsblau?

Pander: Eigentlich nur positiv. Wenn ich zurückblicke, schaue ich mir lieber nur die positiven Sachen an. Oft kennt man das ja von längeren Beziehungen: man schaut zurück und sieht nur das Schöne. Bei meiner Karriere halte ich es genauso, auch wenn grundsätzlich auch die Verletzungen dazu gehören. Insgesamt war es für mich eine geile Zeit.

Dabei war die Zeit vor Ihrem Abschied nicht die Allerschönste, oder?

Pander: Ja, Anfang des Jahres hatten wir uns mit Felix Magath auf eine Vertragsverlängerung um drei Jahre geeinigt. Felix Magath wurde dann entlassen und das Angebot vom damaligen Manager Horst Heldt erst mal zurückgezogen. Ich hatte mich vorher am Fuß verletzt und bin auch kein Träumer. Mir war auch klar, dass ich in den zehn Jahren auf Schalke aufgrund meiner Verletzungen sehr weit von der maximalen Anzahl an Spielen entfernt war. Dann wurde aber erst ein neuer Spieler verpflichtet und mir dann eine Art "Pseudoangebot" für ein weiteres Jahr vorgelegt, um in der Öffentlichkeit nicht schlecht dazustehen. Ich hätte es schön gefunden, wenn man offen und ehrlich mit mir gesprochen hätte. So fand ich es uncool nach zehn Jahren im Verein. Für mich hatte das aber nichts mit Schalke 04 zu tun, sondern ausschließlich mit den handelnden Personen. Deswegen ist dieser Verein auch immer noch ganz tief in meinem Herzen.

Nach Schalke waren Sie noch vier Jahre bei Hannover 96. Zwei davon waren sehr erfolgreich mit viel Spielzeit und europäischen Auftritten. Wie blicken Sie zurück?

Pander: Gerade das erste Jahr war für mich super erfolgreich. 44 Pflichtspiele in einer Saison habe ich vorher nie geschafft. Dementsprechend war das sehr schön. Ich war super fit zu diesem Zeitpunkt. Damals hatte ich immer nur kleine Blessuren, was sicher auch daran lag, dass ich bei 96 mit Mirko Slomka einen alten Trainer getroffen habe. Beide Seiten wussten von Anfang an, was sie voneinander erwarten können. Es war klar, dass ich in einigen Trainingseinheiten anders belastet werden muss als andere Spieler. Das war in den Jahren zuvor auf Schalke vielleicht etwas vergessen worden. Wenn wir da Trainer hatten, die gesagt haben, 'wir gehen jetzt ins Parkstadion und laufen die Treppen eine halbe Stunde rauf und runter´, dann war das für mich mit meinem Knie nicht optimal.

Christian Pander spielte beim FC Schalke unter anderem mit Kevin Kuranyi und Mesut Özil zusammen.
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Christian Pander spielte beim FC Schalke unter anderem mit Kevin Kuranyi und Mesut Özil zusammen.

Christian Pander: "Nicht nur Felix Magath macht Treppenläufe"

Da fällt einem natürlich direkt ein Trainer ein ...

Pander: Auf jeden Fall! (lacht)

Felix Magath.

Pander: Ja natürlich. Aber dann ist auch klar, dass ich einen Tag später Knieprobleme habe. Deswegen war es ganz cool, dass wir das in Hannover anders geregelt haben. Wenn wir solche Übungen dort gemacht haben - denn nicht nur Felix Magath macht Treppenläufe, sondern auch Mirko Slomka, weil das einfach gut für die Fitness ist - dann habe ich beispielsweise normale Läufe gemacht. Mirko Slomka war ein Trainer, der das verstanden hat.

2015 haben Sie Ihre Karriere nach zwei Jahren mit vielen Verletzungen schließlich beendet. Wie schwer ist Ihnen das gefallen?

Pander: Das war nicht so schwer. Mein Körper hat mir Zeichen gegeben, die ich nicht ignorieren durfte. Ich wollte immer meine Karriere so zu beenden, dass ich danach noch mit meinem Sohn im Garten Fußball spielen könnte. Ich hatte nicht die Ambitionen zu sagen, ich kicke jetzt so lange, bis mein Knie auseinanderfällt. Ich wusste um die Problematik, deswegen war es eine Entscheidung aus voller Überzeugung.

Heute arbeiten Sie als Mentaltrainer für Sportler. Darunter kann man sich sehr viel und gleichzeitig sehr wenig vorstellen. Was genau machen Sie da?

Pander: Ich habe zunächst eine Weiterbildung gemacht zum Mentaltrainer und Anfang 2019 mit einem guten Bekannten von mir eine Firma gegründet. Inhaltlich ist Mentaltraining Kopfsport. Mein Aufgabengebiet bei uns ist das Sportmentoring. Das heißt, ich bringe in den Gesprächen meine Erfahrungen mit ein, um auf die Probleme, die Sportler aus verschiedenen Disziplinen haben, einen Blick von außen zu werfen. Ich denke, Mentaltraining wird sich auch in Deutschland immer mehr durchsetzen. In den USA hatten die Chicago Bulls in ihren besten Zeiten ganze Mental-Trainingseinheiten. Dort ist es nicht mehr wegzudenken. Physisch sind Sportler schon perfekt ausgelastet. Mental ist da aber noch Potenzial.

Was für Techniken wendet ihr dabei beispielsweise an?

Pander: Da gibt es zum Beispiel 'wingwave´. Das ist ein Muskeltest, bei dem eine Person eine Aussage tätigt und man anhand der Muskelspannung sehen kann, ob diese Aussage Stress bereitet. Wenn man zum Beispiel lügt, hat man dabei nicht so viel Power, weil man weiß, dass man lügt und so unterbewusst gestresst ist. So kann man ganz viele Dinge herausfinden. Wir haben zum Beispiel bereits Spieler gehabt, die sich auf bestimmten Untergründen verletzt haben. Das haben sie in ihrem Unterbewusstsein gespeichert und fühlen sich 20 Kilogramm schwerer, wenn sie wieder auf diesem Untergrund trainieren. Solche Problematiken können wir bearbeiten. Das klingt verrückt und ein bisschen nach Hokuspokus, ist aber ganz einfach und wissenschaftlich erwiesen.