In seiner dritten Saison ist Granit Xhaka für Borussia Mönchengladbach so wertvoll wie nie zuvor. Im SPOX-Interview spricht der 22-Jährige über seinen schweren Start am Niederrhein, die Nachfolge von Christoph Kramer und Fehler, die ihm heute nicht mehr passieren würden.
SPOX: Herr Xhaka, nach jetzt zweieinhalb Jahren scheinen Sie in Gladbach vollends angekommen zu sein, Ihr Standing im Verein und bei den Fans war nie besser. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Situation und Entwicklung?
Granit Xhaka: Sehr zufrieden. Es tut wahnsinnig gut, das Vertrauen des Trainers und der Fans zu spüren. Ich hatte einen schweren Start in Gladbach und habe viele Fehler gemacht, die mir heute nicht mehr passieren würden.
SPOX: Welche Fehler meinen Sie?
Xhaka: Ich bin als 19-Jähriger mit großen Erwartungen hierhergekommen und habe sofort gesagt, dass ich mit Gladbach erfolgreich sein und international spielen will. Ich kannte mich in der deutschen Medienlandschaft noch nicht aus und wusste nicht, mit wem ich offen reden kann und mit wem nicht. Meine Ehrlichkeit und Offenheit ist damals ausgenutzt worden.
SPOX: Auch sportlich verlief Ihr erstes Jahr nicht reibungslos. Warum fiel Ihnen die Eingewöhnung in Gladbach zunächst schwer?
Xhaka: Das war wie ein Domino-Effekt. Wenn man neben dem Platz in der Kritik steht, ist es auch auf dem Platz sehr schwer, gute Leistungen zu bringen. Dazu kam, dass ich viel zu viel wollte, um auch den Fans zu beweisen, dass ich der richtige Mann für die Position bin - das ist dann nach hinten losgegangen. Aber ich bin kein Mensch, der aufgibt oder wegrennt.
SPOX: Wie sehr verunsichert einen jungen Spielern, für den es in den vorherigen Jahren stets steil bergauf ging, diese Situation?
Xhaka: Das war natürlich ungewöhnlich für mich, aber es gehört zu unserem Sport. Als Fußballer muss man lernen, Rückschläge wegstecken zu können. Ich habe mir keine Selbstzweifel einreden lassen, habe weiter hart gearbeitet und mich durchgesetzt. Ich bin glücklich, dass ich da bin, wo ich heute stehe. Auch die Reaktionen der Fans, Mitspieler und des Vereins tun mir gut.
SPOX: Ihre Spielweise hat sich ebenfalls weiterentwickelt, kleine Fehler, die Ihnen anfangs unterliefen, bleiben fast gänzlich aus. Wie bemessen Sie Lucien Favres Anteil daran?
Xhaka: Der Anteil des Trainers ist enorm. Lucien Favre hat ein unfassbares Gespür für kleinste Details. Er erkennt die Probleme und arbeitet konsequent daran, sie zu lösen.
SPOX: Was bedeutet das in Ihrem Fall?
Xhaka: Ich habe in den vergangen Spielzeiten nicht genug nach vorne gemacht, kam zu selten in Abschlusssituationen. Lucien Favre hat mir dann Übungen aufgegeben, die ich zuletzt mit 14 Jahren gemacht habe. Man denkt, dass man das doch längst könne. Manchmal ist es aber wichtig, sich wieder auf die Basics zu besinnen. Seitdem klappt es in der Offensive auch viel besser, wie man in dieser Saison sehen kann.
SPOX: Wie ist Ihr Verhältnis zu Lucien Favre?
Xhaka: Sehr gut - und das ist es auch schon immer gewesen. Wir hatten nie Probleme miteinander, auch nicht in Zeiten, in denen ich nicht regelmäßig gespielt habe. Es ist toll, als junger Spieler unter ihm zu trainieren, er hilft einem enorm weiter.
Granit Xhaka im Steckbrief
SPOX: Gemeinsam mit Lucien Favre haben Sie auch an Ihrer Disziplin auf dem Feld gearbeitet. Sind die Zeiten, an denen Sie schon am 7. Spieltag gelbgesperrt waren, vorbei?
Xhaka: Auf jeden Fall. Damals lief es wie gesagt insgesamt nicht rund, da kassiert man viel eher eine Gelbe Karte. Aber ich bin älter und auch reifer geworden. Oft schaue ich mir Spiele im Nachhinein nochmal an und denke: 'Oh je, wieso hast du das denn gemacht?!'
SPOX: Ihren Ausrutscher gegen Frankfurt am 12. Spieltag dieser Saison, als Sie binnen weniger Minuten mit Gelb-Rot vom Platz flogen, ausgenommen?
Xhaka: Das war ein schrecklicher Tag. Wir hatten vorher einen super Lauf und haben dann vor den eigenen Fans auf einmal grottenschlecht gespielt. Natürlich war die Situation unnötig und ich habe meinem Team damit geschadet.
SPOX: Yann Sommer, mit dem Sie schon in Basel gemeinsam spielten, nahm Sie nach der Partie in Schutz und sagte, dass vielen Spielern Fehler unterlaufen seien, einschließlich ihm selbst. Hat auch er Anteil daran, dass Sie sich am Niederrhein immer wohler fühlen?
Xhaka: Ich habe mich sehr gefreut, als der Wechsel fix war. Yann ist ein super Kerl und ein ausgezeichneter Torhüter. Es macht Spaß, sich auch hier ab und an auf Schweizerdeutsch zu unterhalten.
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SPOX: In Xherdan Shaqiri hat ein anderer Schweizer Nationalspieler die Liga hingegen verlassen. Haben Sie mit ihm über den Wechsel gesprochen?
Xhaka: Nein, wir haben nicht direkt über seinen Transfer geredet, so eine Entscheidung würde ich auch niemals beeinflussen wollen. Xherdan hatte kein einfaches Jahr in München und hat einen für ihn sehr guten und wichtigen Schritt gemacht. Ich wünsche ihm alles Gute. So wie ich ihn kenne, wird er sich durchsetzen.
SPOX: Auch bei Ihnen gab es in der Vergangenheit immer wieder Wechselgerüchte. Wie konkret war das Interesse von Inter Mailand?
Xhaka: Das ist ein typisches Gerücht, wie es sie zu hunderten gibt. Oft reicht ein gutes Spiel, schon gibt es vermeintliche Interessenten. Ich hatte nie den Gedanken, Gladbach zu verlassen. Ich bin hier sehr glücklich und habe inzwischen auch mein Umfeld gefunden. Alles andere interessiert mich nicht.
SPOX: Entsprechend positiv sind auch Ihre Signale eine vorzeitige Vertragsverlängerung betreffend...
Xhaka: Ja, wir haben bereits letzte Woche die ersten Gespräche geführt, die enorm gut verlaufen sind. Es ist das Ziel beider Seiten, den Vertrag vorzeitig bis 2019 zu verlängern. Ich bin sehr glücklich in Gladbach und sehe kein Hindernis, hier länger zu bleiben.
SPOX: Sie sind sehr ehrgeizig und wollen dauerhaft international spielen. Hängt Ihre Entscheidung auch damit zusammen, dass Gladbach inzwischen dauerhaft um die internationalen Plätze spielt?
Xhaka: Ich bin ja nicht alleine ehrgeizig. Jeder Fußballer, der nicht international spielen will, soll die Sportart wechseln. Es gibt doch nichts Schöneres, als sich mit den Top-Teams der anderen Ligen zu messen, egal ob in der Champions League oder der Europa League. Klar ist es mein Traum, mit Borussia in der Königsklasse zu spielen, aber davon mache ich doch nicht abhängig, ob ich meinen Vertrag verlängere.
SPOX: Es gibt auch immer wieder Spieler, die vor ihrer Unterschrift zunächst abwarten, ob und wie sich der Verein verstärkt.
Xhaka: Das ist doch Quatsch, unser Kader ist ausgezeichnet. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit dieser tollen Truppe alle Chancen haben, die Champions League zu erreichen.
SPOX: Christoph Kramer, Ihr Partner auf der Doppelsechs, wird im nächsten Jahr hingegen nicht mehr für Gladbach spielen. Bedauern Sie seine Entscheidung?
Xhaka: Auf jeden Fall. Christoph ist ein Hammer-Typ, ich habe mich im Mittelfeld sehr gut mit ihm verstanden. Es ist schade, dass er im nächsten Jahr für Leverkusen auflaufen wird. Aber auch wenn es für den ganzen Verein ein großer Verlust ist, darf man nicht vergessen, dass er nur ausgeliehen war.
SPOX: Welchen Spielertypen wünschen Sie sich als Partner in der kommenden Saison? Eher einen defensiver ausgerichteten Spieler, der Ihnen den Rücken frei hält?
Xhaka: Nein, ich wünsche mir viel mehr eine gute Mischung, so wie es aktuell mit Christoph ist. Aber das ist bei Howie (Havard Nordtveit Anm. d. Red.) nicht anders. Er ist ein richtig guter Mann für die Position, mit dem ich blendend harmoniere. Deshalb weiß ich auch nicht, ob man zwingend noch jemanden holen muss. Diese Entscheidung liegt aber natürlich nicht bei mir, sondern bei den Verantwortlichen.
SPOX: Ein weiterer Kandidat ist der junge Mahmoud Dahoud. Glauben Sie, dass er in der kommenden Saison schon so weit sein wird? Wie sind Ihre Eindrücke von ihm im Training?
Xhaka: Mahmoud ist ein guter Junger, ein echter Straßenfußballer, das sieht man sofort. Er ist noch jung und wird seine Zeit brauchen, ich bin aber vollkommen überzeugt, dass er in diese Rolle hineinwachsen kann.
SPOX: Vor Ihnen liegt eine anstrengende Rückrunde, die Borussia ist noch in allen drei Wettbewerben vertreten. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Xhaka: Fangen wir beim DFB-Pokal an. Da gibt es keine Ausreden, bei allem Respekt vor den Kickers Offenbach, die nächste Runde ist Pflicht. In der Europa League haben wir mit Sevilla ein ganz schweres Los gezogen. Aber ich schätze sie auch nicht viel stärker ein als Villareal. Wenn wir 100 Prozent konzentriert sind, können wir sie auf jeden Fall schlagen. In der Bundesliga kann noch alles passieren, aber wir wollen so weit nach oben, wie möglich.
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