"Das sind keine Fußball-Fachleute"

Oliver Baumann kam vor der Saison aus Freiburg in den Kraichgau
© getty

Begleitet von zahlreichen kritischen Stimmen verließ Oliver Baumann nach 14 Jahren im Sommer den SC Freiburg und heuerte bei 1899 Hoffenheim an. Bei SPOX blickt der Keeper auf die ersten Monate im Kraichgau zurück. Baumann über den medialen Gegenwind, das Vertrauen zu Christian Streich und das Image von Hoffenheim.

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SPOX: Herr Baumann, Sie haben nach 14 Jahren beim SC Freiburg den Schritt nach Hoffenheim gewagt. Wie war Ihr Gefühl in den ersten Monaten, das erste Mal weg von der Heimat?

Oliver Baumann: Gut! Ich habe ja schon in Freiburg auf diese Veränderung hingearbeitet, nachdem ich den Reiz verspürt hatte, den nächsten Schritt zu tun. Nachdem das alles geklappt hat, freut es mich natürlich umso mehr - es hat sich als richtige Entscheidung herausgestellt.

SPOX: Wie groß war denn die Umstellung - nicht nur sportlich, sondern auch vom Umfeld her? In Freiburg ist beispielsweise der mediale Druck sehr überschaubar. Hat sich da spürbar etwas verändert? Hoffenheim ist ja eigentlich noch kleiner...

Baumann: Der Mediendruck ist auch in Hoffenheim nicht allzu zu groß, das regelt der Verein sehr gut. Die Schwierigkeit ist, sich abseits des Platzes alles neu aufzubauen. Man muss Kontakte knüpfen und die Leute kennenlernen, die um das Team herum arbeiten. Das war beim Sport-Club natürlich einfacher, wo man bereits jahrelang im Verein war und viele Leute - sei es aus der Geschäftsstelle oder wo auch immer - schon kannte.

SPOX: Zwischen dem Einleben in der neuen Heimat und dem strammen Terminkalender eines Profifußballers: Bleibt da Zeit für Heimweh?

Baumann: Das ist überhaupt kein Thema. Das Gute ist, dass ich es nicht weit nach Freiburg habe - mit dem Auto ist man in nicht einmal zwei Stunden da. Aber es ist definitiv nicht so, dass ich an Wochenenden oder freien Tagen immer nach Freiburg fahren will oder muss. Das brauche ich nicht - ich fühle mich hier schon sehr, sehr wohl.

SPOX: Wie viel Kontakt gibt's denn dann noch zu den alten Kollegen?

Baumann: Das wird leider weniger, was aber auch logisch ist. Den einen oder anderen Kontakt versuche ich aber schon aufrecht zu erhalten. Hier und da mal eine SMS oder ein paar Anrufe, das passt ganz gut.

SPOX: Kommen wir zum Sportlichen. Wenn Sie nach dem ersten halben Jahr in Hoffenheim Bilanz ziehen: Sehen Sie sich bereits als Leader, obwohl sei relativ neu sind? So nimmt man Sie zumindest als Außenstehender wahr.

Baumann: Das kommt automatisch mit der Position als Torwart. Ich versuche generell, Verantwortung zu übernehmen, das ist als Keeper auch meine Aufgabe. Das habe ich in Freiburg gemacht und will ich auch hier weiterführen. Nicht, um mich persönlich großartig aufzuspielen, sondern für die Stabilität und den Erfolg der Mannschaft.

SPOX: Im Vorfeld Ihres Wechsels gab's viele, teils heftige, negative Stimmen. Sogar vom "Fehler Ihres Lebens" war wortwörtlich in einem Medium die Rede. Kann man das als Spieler komplett ausblenden?

Baumann: Das mit dem Fehler des Lebens habe ich so gar nicht gehört, aber natürlich bekommt man einiges von außen mit. Da bin ich aber von Anfang an drüber gestanden. Das sind vielleicht auch nicht unbedingt Fußball-Fachleute. Die geben ihre Meinung - oder auch die Meinungen anderer - in ihren Artikeln preis, das interessiert mich relativ wenig.

SPOX: Das bringt einen gar nicht ins Grübeln?

Baumann: Auf keinen Fall! Solche Leute haben keinen Einfluss auf meine Entscheidungen oder mein Leben. Das geht sie auch gar nichts an. Zumal ich dem ganzen Gerede nach dem Wechsel auch sehr deutlich widersprechen kann.

SPOX: Auch Ihr ehemaliger Trainer Christian Streich hat sich nicht begeistert von Ihrem Wechsel gezeigt.

Baumann: Das war mir von Anfang an klar, dass er das nicht gutheißen wird. Natürlich auch wegen des Derby-Faktors zwischen Freiburg und Hoffenheim.

SPOX: Wie sehr beeinflusst es einen, so etwas von seinem langjährigen und geschätzten Trainer gesagt zu bekommen? Sie kannten Herrn Streich ja schon seit der A-Jugend.

Baumann: Klar, es gab einige Gespräche unter vier Augen. Ich habe ihm recht klar meine Meinung gesagt, was ansteht und wie ich die ganze Situation sehe. Damit war das alles relativ schnell erledigt.

SPOX: Es gibt aber kein böses Blut?

Baumann: Nein. Also von meiner Seite aus definitiv nicht und von ihm aus - glaube ich - auch nicht. Natürlich war es ein schwerer Schritt für alle. Ich habe dem SC Freiburg und gerade Christian Streich sehr, sehr viel zu verdanken. Wenn man so lange zusammengearbeitet hat, baut sich eine starke Verbindung und ein großes Vertrauen auf. Das ist ja ganz normal. Zumal Christian Streich ein Coach ist, der sich viel um die privaten Dinge der Spieler kümmert, vor allem von den Jungs aus der Fußballschule. Dann wegzugehen, das ist natürlich etwas ganz anderes, als bei jemandem, der von extern kam und nicht lange in Freiburg war. Aber im Endeffekt ist es der Lauf der Dinge, dass man "seinen" Klub auch einmal verlässt.

Seite 1: Baumann über die Leader-Position als Torwart und medialen Gegenwind

Seite 2: Baumann über Hoffenheims Image und den Traum vom DFB-Team