"Nur Magath kann uns helfen"

Von Florian Bogner
Felix Magath kehrt nach knapp zwei Jahren zurück zum VfL Wolfsburg
© Getty

Der VfL Wolfsburg legt sein Schicksal in die Hände des eben erst bei Schalke entlassenen Felix Magath. Der versucht bei seiner Antritts-Pressekonferenz Aufbruchsstimmung zu vermitteln - trotz der sportlichen Schieflage. Spitzen in Richtung Schalke kann sich der neue, alte Macher beim VfL jedoch nicht verkneifen.

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Um 11.33 Uhr war Felix Magath zurück in seinem Königreich. Ein weißer Golf GTI mit Braunschweiger Kennzeichen bog auf das Gelände der Volkswagen Arena ein. Am Steuer: VfL-Aufsichtsratschef Francisco Garcia Sanz. Daneben: Felix Magath.

"Ich war sofort Feuer und Flamme", berichtet Magath knapp neunzig Minuten später auf der eiligst einberufenen Pressekonferenz und grinst. Garcia Sanz neben ihm sieht ebenfalls gelöst aus, trotz der angespannten sportlichen Lage. "Wir sind überzeugt, dass nur Felix Magath uns helfen kann", sagt er.

Der VW-Mann hatte Magath am Dienstagabend angerufen und ihn gefragt, ob er sich das Abenteuer Wolfsburg noch einmal vorstellen könnte.

"Hätte nie gedacht, dass sich der VfL noch mal meldet"

"Ich hätte nie gedacht, dass sich der VfL noch mal bei mir meldet", gibt Magath am Freitagmittag zu. "Aber ich habe mich hier immer wohl gefühlt und war erfolgreich. Daher habe ich keine Sekunde überlegt, nachdem das Interesse vom VfL da war. Deswegen ging das auch alles rasend schnell."

Nicht mal 48 Stunden nachdem Clemens Tönnies Magath in Gelsenkirchen von seinen Aufgaben entbunden hatte, ist der 57-Jährige in Wolfsburg wieder auf die Füße gefallen. "Ich hätte den einen oder anderen freien Tag gebrauchen können, aber die momentane Lage des Vereins hat es für mich notwendig erscheinen lassen, direkt anzufangen", sagt Magath.

Bei Schalke vom Hof gejagt und zumindest hinter vorgehaltener Hand als unlauterer Geschäftsmann gebrandmarkt, hätte es Magath so schnell gar nicht besser erwischen können. In Wolfsburg wird der Trainer seit dem Meistertitel 2009 nahezu vergöttert.

Hier hat Magath wieder uneingeschränkte Handlungsfreiheit und einen finanziellen Spielraum, von dem er auf Schalke nur träumen konnte. Aber erstmal muss er den Klub vor dem Abstieg retten.

Hoeneß muss sofort Platz machen

Obwohl Sanz nach Magaths Abgang 2009 und dem darauf folgenden Scheitern von Armin Veh eigentlich ausgeschlossen hatte, noch einmal einen Angestellten als Trainer und Geschäftsführer in Personalunion zu beschäftigen, bekommt Magath wieder dieselben Befugnisse wie in seiner ersten Amtszeit.

Wolfsburg setzt alles auf die Karte Magath. Sanz will von seiner früheren Haltung nichts mehr wissen: "Das ist personenabhängig und Magath kann das."

Für Magath muss der bisherige Geschäftsführer Dieter Hoeneß sofort seinen Schreibtisch räumen. Sanz sprach von sehr guten und offenen Gesprächen mit Hoeneß und der "einvernehmlichen Einsicht, dass eine Trennung besser sei". Hoeneß hörte sich gegenüber der "Bild" freilich anders an: "Ich bin nicht mehr im Amt. Ich habe jetzt einige Dinge zu regeln."

Wie auf Schalke gilt Magaths neuer Vertrag, den er am Freitagvormittag unterzeichnete, bis 2013. "Man gibt mir hier die Möglichkeit das zu machen, was mir am meisten Spaß macht: eine Mannschaft längerfristig aufzubauen", ist Magath zufrieden. Und trotz der misslichen Lage in der Liga versucht er, Aufbruchsstimmung zu erzeugen: "Das Thema ist nicht, wo wir in dieser Saison enden, sondern wo wir in zwei Jahren sind, wenn mein Vertrag mit dem VfL ausläuft."

Beim Siebzehnten fällt das M-Wort

Der Kontrakt mit dem VfL gelte "selbstverständlich" auch für die zweite Liga. Die Abstiegsgefahr ist da, Magath vertraut jedoch auf seine Fähigkeiten. Auf seiner Antritts-Pressekonferenz fällt tatsächlich das M-Wort. Schalke hatte er ja schließlich auch bis 2013 zum Titel führen wollen.

"Innerhalb von zwei Jahren kann ich keine Meisterschaft versprechen", sagt Magath, der Trainer des Tabellen-Siebzehnten, beschwichtigend. "Wir streben maximalen Erfolg an, aber mehr kann ich nicht versprechen. Ich muss erst die Spieler kennenlernen und gucken, wo wir stehen." Und dann, immerhin: "Die Lage ist schwierig."

Was mit dem bisherigen Trainer Pierre Littbarski passieren soll, weiß noch niemand. Magath darf entscheiden, alles sieht nach einer Trennung aus. Der alte, neue mächtige Mann in Wolfsburg wird die Trainer Bernd Hollerbach und Werner Leuthard aus Schalke mitbringen, beide haben dort bereits gekündigt.

Seppo Eichkorn bleibt indes ein Knappe, er wird Assistent von Ralf Rangnick. Eichkorn ist offenbar auch nicht mehr sehr gut auf Magath zu sprechen. "Die Mannschaft hat keine klare Führungsstruktur", teilte er am Freitag mit. "Es gibt viele Spieler, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, es ist keine geschlossene Einheit. Es bedarf einer Menge Fingerspitzengefühl, diese vielen verschiedenen Spieler auf eine Aufgabe einzuschwören. Das hat bei einigen wichtigen Spielen geklappt, bei anderen nicht."

Littbarskis Co-Trainer, Jolly Sverrisson, wird nicht mehr zu Magaths Team gehören. "Er wird uns verlassen", sagt Magath.

Spitzen in Richtung Schalke

Und die Mannschaft? Die sah Magath am Freitag zum ersten Mal wieder. Immerhin zwölf Spieler kennt er noch aus der Meistersaison. Die Zeit bis zum Abstiegsgipfel beim VfB Stuttgart ist kurz. "Wir brauchen eine bessere Stimmung in der Mannschaft und einen neuen Motivationsschub, um mit Punkten aus Stuttgart zurückzukommen", sagt Magath, bevor er zum ersten Training bittet.

Die Scharmützel mit Schalke scheinen keine Spuren hinterlassen zu haben. Magath gibt sich selbstbewusst, fachmännisch, ein wenig eitel. "Ich bin mit meiner Art und Weise sehr erfolgreich in den letzten Jahren gewesen. Ich denke, wenn man auf so viele positive Erlebnisse zurückschauen kann, kann die Arbeit nicht so falsch sein."

Spitzen in Richtung Schalke kann er sich dennoch nicht verkneifen. "Ich weiß, dass ich mich auf die Herren hier hundertprozentig verlassen kann", sagt Magath. "Ich freue mich, endlich wieder mit Menschen auf diesem Niveau arbeiten zu können."

Wettbewerbsverzerrung? Magath wiegelt ab

Das Echo der Liga: geteilt. In Hannover hat man Jörg Schmadtke eben erst zum Geschäftsführer gemacht, dementsprechend skeptisch sieht man dort das Gebaren der anderen.

"Auffällig ist die unglaubliche Unruhe in der Liga in dieser Saison", sagt Hannovers Präsident Martin Kind. "Das ist eine ganz neue Qualität, die noch gar nicht richtig zu beurteilen ist."

Bayern-Trainer Louis van Gaal, selbst ein Opfer dieser Unruhe, sieht die Wechselspielchen mit Felix Magath und Ralf Rangnick in einem fahlen Licht.

"Diese Welt ist verrückt", sagte er am Freitag. "Das kann nicht sein, dass so etwas passieren kann. Es gibt auch ein Transferfenster für Spieler, ich denke, dass das auch für Trainer gelten müsste. Es ist nicht normal, dass Magath erst Schalke trainiert und jetzt Wolfsburg - innerhalb einer Saison. Das kann auch Wettbewerbsverzerrung sein."

Worte, die Magath nicht versteht. "Ich freue mich für ihn, dass er die Zeit hat, sich darüber Gedanken zu machen", lautet seine Antwort aus Wolfsburg.

Und: "Wenn das nicht möglich wäre, dürfte man auch keinen Trainer mehr unter der Saison entlassen." Am 9. April spielt Wolfsburg gegen Schalke.

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