"Bayern geht den Weg der Zukunft"

Von Interview: Haruka Gruber
Kippt die 50+1-Regelung? Martin Kind (l.) hofft auf den Einfluss von Uli Hoeneß
© Imago

Seit Jahren wird in der Bundesliga über eine Abschaffung diskutiert. Aber noch ist die 50+1-Regelung in Kraft, wonach ein Investor nicht mehr als die Hälfte der Anteile - sprich 50 Prozent plus eine Stimme - eines Vereins übernehmen kann. Hannover-96-Boss Martin Kind setzt sich als Vorreiter seit langem gegen diese Regel ein, da diese den Einstieg von Investoren in den deutschen Fußball verhindern würde - und bekommt plötzlich Unterstützung vom FC Bayern.

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Der Rekordmeister richtet sich strategisch neu aus - aber mit welchen Folgen? Und wieso verkaufen die Bayern zehn Prozent ihrer Anteile? Kind über die Tragweite des neuen Bayern-Paradigmas, den geplanten 100-Millionen-Deal mit "Audi" und einen "offenen" Uli Hoeneß.

SPOX: Seit Jahren kämpfen Sie für die Abschaffung der 50+1-Regelung, seit diesem Monat haben Sie mit Uli Hoeneß überraschend einen neuen Mitstreiter gefunden. Sind Sie vom Paradigmenwechsel des FC Bayern erstaunt?

Martin Kind: Nicht unbedingt. Offenbar haben die Bayern eine eingehende Analyse durchgeführt und sind zum einzig logischen Entschluss gekommen. Für die Aufhebung der 50+1-Regelung zu plädieren, ist von strategischer und wirtschaftlicher Vernunft geprägt. So hält sich der Klub zukünftig alle Optionen offen.

SPOX: Aber ist es nicht verwunderlich, welche Kehrtwende die Bayern vollzogen haben? Hoeneß brachte noch letztes Jahr im SPOX-Interview Großinvestoren wie Roman Abramowitsch mit der Öl-Mafia in Verbindung.

Kind: Das sind Alibi-Argumentationen, die nichts mit der Realität in Deutschland zu tun haben. In der Bundesliga gibt es mit Wolfsburg, Leverkusen und mit Hoffenheim drei absolute Positiv-Beispiele für das Zusammenwirken zwischen einem großen Investor und einem Fußball-Klub. Das ist der Weg in die Zukunft. Ich glaube daher auch nicht, dass Hoeneß generell gegen Investoren war. Er war die letzten Jahre vielleicht zurückhaltend, jetzt hat er sich dem Thema geöffnet.

SPOX: Woher kommt das Umdenken bei den Bayern?

Kind: Nach einer umfassenden Analyse kamen die Verantwortlichen sicherlich zum Schluss, dass für die Bundesliga kein Handlungsbedarf besteht. Auf europäischer Ebene gilt es aber nicht. Die Bayern haben gesehen, dass sie sich öffnen müssen, um mit Real Madrid, Manchester United oder dem FC Chelsea mithalten zu können.

SPOX: Welche Folgen hat das Umschwenken der Bayern für die 50+1-Regel?

Kind: Schwer zu beurteilen. Im Herbst lädt die DFL zu einer Gesellschafterversammlung und Hannover wird das Thema "Aufhebung der 50+1-Regelung" auf die Agenda setzen, um eine Abstimmung bitten. Aber es wird sehr schwer, die geforderte zweidrittel Mehrheit bei den 36 Profiklubs zu finden. Andererseits ist es sicherlich so, dass die Empfehlung der Bayern eine starke Wirkung hat und dadurch einiges leichter geworden ist.

SPOX: Bröckelt die Front der 50+1-Befürworter? Bayern hat die Seiten gewechselt und Schalke verhält sich im Zuge der Finanzkrise verdächtig still. Nur Dortmund setzt sich nach wie vor vehement für die Beibehaltung der Regel ein.

Kind: Den Schalkern kann ich nur empfehlen, über ihre getroffenen Entscheidungen noch mal nachzudenken und ihre Finanzierungsmodelle womöglich anzupassen. Generell lehne ich ab, wie die Befürworter argumentieren. Sie versuchen, das Thema zu emotionalisieren, indem sie Tradition und strategisch notwendige Entscheidungen eines Vereins in einen Topf werfen. Das ist der falsche Weg.

SPOX: Die Bayern richten sich strategisch neu aus, nicht nur beim Thema 50+1. Offenbar steht der FCB kurz davor, zehn Prozent seiner Anteile an "Audi" zu verkaufen. Wie bewerten Sie den geplanten Deal?

Kind: Wenn die kolportierten 100 Millionen Euro stimmen, muss man den Bayern hohen Respekt zollen. Der Klub wird offenbar sehr, sehr hoch bewertet.

SPOX: Warum haben die Bayern nicht früher ein solches Geschäft angestrebt?

Kind: Eine AG, wie es die Bayern sind, bietet anders als zum Beispiel eine GmbH viele wirtschaftlichen Möglichkeiten. Offenbar haben sich die Bayern darauf besonnen, umgedacht und wollen nun genau diese Möglichkeiten ausnutzen. Der Bau der Allianz-Arena bedeutet für die Bayern eine ernorme Belastung. Daher hat es wohl höchste Priorität, durch Sondertilgungen diese Kosten umzulegen.

SPOX: Warum?

Kind: Um zum Beispiel neue Spieler zu holen.

Medienbericht: Bayerns Audi-Deal fast perfekt