Star-Fotograf Paul Ripke im Interview: Boateng? "Ich connecte mit der Bling-Bling-Generation"

Paul Ripke ist gut mit Bayern-Star Jerome Boateng befreundet.
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Wenn wir mal zum US-Sport wechseln, dort haben Sie auch schon einige Erfahrungen sammeln dürfen. Wie geht die Geschichte mit NFL-Superstar Odell Beckham Jr.?

Ripke: Erstmal muss man ja sagen, dass die Mechanismen im US-Sport ganz andere sind. Gerade in der NFL. Die NFL hat eine kurze, knackige Saison und außerhalb dieses Zeitfensters halten sich die Stars ja oft gar nicht in der Stadt auf, in der sie spielen. Das alleine ist ja schon mal verrückt. Zweitens ist die NFL, obwohl Football ein Mannschaftssport ist, sehr von den Persönlichkeiten der Stars getrieben. Da steht nicht unbedingt der Klub im Vordergrund, es geht um die Stars. Und drittens sind es halt Amerikaner. Das sind alles Angeber, die Bock auf Vermarktung haben. Die wollen ihr Auto zeigen. Mit Odell hatte ich bei seiner Europa-Tour zu tun und wir haben auch danach hier und da was gemacht. Und dann haben wir ziemlich schnell nichts mehr gemacht. Er hat sich einfach nicht mehr gemeldet.

Aber warum nicht?

Ripke: Man muss es so sehen: Der Junge hat eine Liste mit 400 Typen, die das alles genauso gut für ihn machen können wie ich. Da muss man ehrlich sein und darf sich nicht zu wichtig nehmen. Ich habe mal Lewis Hamilton und Justin Bieber zusammen fotografiert. Das Foto hatte 400 Milliarden Likes. Und warum? Weil beide es geteilt haben. Und sicher nicht, weil ich es geschossen habe. Es geht immer um die abgebildeten Menschen.

Paul Ripke fotografierte auch schon NBA-Legende Dirk Nowitzki.
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Paul Ripke fotografierte auch schon NBA-Legende Dirk Nowitzki.

Paul Ripke: "Dirk Nowitzki interessiert das einen Scheißdreck"

Wenn wir von der NFL zur NBA wechseln. Wie war es mit Kevin Durant in Berlin?

Ripke: Durant ist ein unglaublich schüchterner Kerl. Das Lustige an der Story war, dass ich einen großen Fehler gemacht habe. Eigentlich erkennt ja kein Mensch Kevin Durant, wenn ich mit ihm durch Berlin laufe. Vielleicht zwei von 100 Leuten. Das ist so und das wissen die Jungs auch. Dummerweise hatte ich mir als Ort für den Shoot etwas ausgesucht, was nur wenige Minuten von der Mercedes-Benz Arena entfernt war. Und dummerweise fand zu der Zeit die EM statt und an dem Tag spielte Deutschland. Es gab damals in ganz Deutschland sicher keinen Ort, an dem mehr Leute zusammen waren, die alle genau wussten, wer Kevin Durant ist. Die Aktion ist komplett schiefgegangen, ich konnte nur ein paar Fotos machen, dann mussten wir es abbrechen. Durant war sehr nett. Aber auch er hat sich nie wieder gemeldet. (lacht) Ich habe ihn aber noch mal getroffen und die US-Stars sind ja sehr gut darin, dann so zu tun, als ob sie sich noch genau an dich erinnern. "Ich bin der Typ, der damals in Berlin die Fotos gemacht hat." Und Durant so: "Great pictures. Loved it." Also so ganz kaufe ich das denen nicht ab, aber vielleicht tue ich ihnen auch unrecht.

Noch größer als Durant im deutschen Basketball ist natürlich Dirk Nowitzki. Was haben Sie aus den Begegnungen mit ihm mitgenommen? Es gibt ja auf der Welt niemanden, der nicht begeistert ist, wenn er ihn getroffen hat.

Ripke: Dirk ist real. Ich erinnere mich noch an das letzte Mal, als ich ihn getroffen habe. Das war im Januar bei einem Interview mit Johannes B. Kerner. Dirk kommt ins Büro reingelatscht, sagt allen Hallo und macht erst mal dumme Witze. Das ist typisch Dirk. Und ich mag es, wenn Leute genau wissen, was sie wollen. Dirk ist so jemand. Er ist sehr bestimmt, er kommt pünktlich, er ist hochprofessionell und er labert keinen Blödsinn. Wie besonders Dirk Nowitzki ist, habe ich bei seinem Abschiedsspiel gespürt. Da hast du in jeder Sekunde gefühlt, dass es heute um mehr geht als um Basketball. Das war sehr besonders.

Steve Nash ist ja einer seiner besten Kumpels, der zufällig in Ihrer Nähe wohnt.

Ripke: Ja, Steve Nash wohnt hier in Newport Beach nur 300 Meter von mir weg. Das habe ich Dirk natürlich auch erzählt. Ich habe jetzt nicht erwartet, dass er zum Grillen zu mir vorbeikommt, aber ich habe ihm angeboten, dass ich gerne ein paar Fotos oder Videos machen, wenn er Steve besucht, wenn sie Bock haben. Und dafür sollen sie mich auf einen Burger einladen, das passt dann schon.

Was hat Dirk zu Ihrem Angebot gesagt?

Ripke: Dirk Nowitzki interessiert das einen Scheißdreck. Der hat sich nur gedacht: Warum soll ich denn jemanden mitnehmen, der Fotos macht, wenn ich Steve besuche? Hä? Du hast an seiner ganzen Körpersprache gemerkt, dass er das überhaupt nicht versteht. Das war wie bei Miro Klose nach dem WM-Titel. Ich hatte mir damals die Mühe gemacht, für jeden Spieler und generell für alle aus dem Staff einen persönlichen Link mit ihren Fotos zu erstellen. Das war viel Arbeit. Alle haben sich ihre Fotos runtergeladen, nur Miro nicht. Als ich ihn beim Abschiedsspiel darauf angesprochen habe, ob er den Link nicht bekommen hätte, meinte er nur: Paul, ich habe es bekommen, aber das ist mir doch egal. Den hat es null interessiert, sich noch mal die Fotos anzuschauen.

Paul Ripke über einen Zielsprint in Paris gegen Joko Winterscheidt

Jetzt haben Sie so viel erlebt im Sport. Gibt es noch etwas, das Sie reizen würde?

Ripke: Ehrlich gesagt nein. Ich bin sehr glücklich mit allem, was ich machen durfte. Alles, was in meinem Leben noch so kommt, ist nur noch die Kirsche auf der Torte. Ich lebe ein großartiges Leben. Ich bin an einem wunderschönen Ort und ich habe eine sensationelle Familie - und ich habe im Fußball und in der Formel 1 Zeitgeschichte erlebt. Das hätte ich mir als 20-Jähriger nie vorstellen können. Dafür bin ich zutiefst dankbar. Ich bin auch ganz ehrlich: Ich habe nicht mehr den Drive wie am Anfang meiner Karriere. Ich bin ein bisschen satt und muss in meinem Leben jetzt nicht noch irgendeinen Handballtitel fotografieren. Ich plane auch nicht so langfristig. Im Moment mache ich die Sachen, die mir Spaß machen. Ein bisschen Kochen hier, ein bisschen Klamotten da - solange ich davon gut leben kann, ist alles wunderbar.

Und Sie machen gemeinsam mit Joko Winterscheidt einen preisgekrönten Podcast namens "Alle Wege führen nach Ruhm". Zuletzt ist der Podcast phasenweise zu einem Radsport-Podcast mutiert. Wer würde denn eine Ripke-Winterscheidt-Tour-de-France gewinnen?

Ripke: Auf den Flachetappen bin ich garantiert erheblich stärker. Ich bin in diesem Jahr schon 3.000 Kilometer gefahren. Joko vielleicht 16 Kilometer oder so. Das muss eine klare Sache für mich sein. Aber auf der anderen Seite bin ich auch sehr viel fetter. Joko hätte sicher Vorteile am Berg, sodass wir uns bei einer Tour de France ausgleichen würden und es zu einem Zielsprint auf den Champs-Elysées kommen würde. Mir macht das Radfahren einfach einen riesengroßen Spaß im Moment, gerade auch die soziale Facette. Ich wohne hier im amerikanischen Radsport-Mekka. Hier durch die wunderschönen Landschaften zu fahren und bei einem Bier den Sonnenuntergang zu genießen - das ist wirklich mega-geil.