Formel 1 - Saudi-Arabien-GP: WM-Entscheidung vertragt! Hamilton gewinnt wildes Rennen in Dschidda

Von Christian Guinin
Max Verstappen war mit den Entscheidungen der Rennleitung nicht einverstanden.
© imago images

Lewis Hamilton hat den Großen Preis von Saudi-Arabien gewonnen. In einem chaotischen Rennen siegte der Mercedes-Pilot vor WM-Konkurrent Max Verstappen (Red Bull) und Teamkollege Valtteri Bottas. Der Brite vertagte die WM-Vorentscheidung damit auf das letzte Rennen in Abu Dhabi, wo er und Verstappen in der kommenden Woche um die F1-Krone kämpfen.

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Hier gibt es den Saudi-Arabien-GP im Liveticker zum Nachlesen.

Für Hamilton war es der 103. Sieg seiner Formel-1-Karriere und der achte der Saison. Der Brite zog in der Fahrerwertung nach Punkten mit Verstappen gleich. Für ein überhartes Manöver gegen Hamilton wurde er im Nachgang noch mit einer Zehn-Sekunden-Strafe belegt, am Ergebnis änderte dies aber nichts.

Aus deutscher Sicht musste Ex-Weltmeister Sebastian Vettel seinen Aston Martin nach zwei Kollisionen vorzeitig abstellen. Mick Schumacher (Haas) schied nach einem Unfall schon in der neunten Runde aus.

"Ich fahre schon lange Rennen, aber das war unglaublich hart", sagte Hamilton nach seiner Zieleinfahrt: "Ich habe nicht verstanden, was bei der Berührung passiert ist. Es war ein bisschen verwirrend."

Verstappen sprach von einem "ereignisreichen" Rennen und erlaubte sich einen Seitenhieb gegenüber der Rennleitung: "Für mich ist das nicht die Formel 1", ärgerte er sich nach dem Rennen. Es sei heute nur um Strafen und nicht ums Racing gegangen. "Es ist unglaublich, was heute passiert ist. Es ist viel passiert, mit dem ich nicht einverstanden bin. Ich habe versucht, auf der Strecke alles zu geben. Wenigstens haben die Fans es genossen", so der Niederländer.

Saudi-Arabien-GP: Die Analyse

Am Start verteidigte Hamilton problemlos seine Spitzenposition. Dahinter blieb Verstappen hinter Bottas, auch RB-Teamkollege Sergio Perez fand an Charles Leclerc im Ferrari zunächst keinen Weg vorbei.

In dieser Fünfer-Konstellation ging die Spitzengruppe auch in die ersten Runden. Hamilton fuhr vorneweg, dahinter folgte Bottas mit einem Abstand von etwa zwei Sekunden. Weitere 1,5 Sekunden dahinter lauerte Verstappen.

Das änderte sich mit der ersten Safety Car-Phase in Runde neun, für die Mick Schumacher nach einem heftigen Abflug in Kurve 22 sorgte. Hamilton und Bottas nutzten die vermeintliche Chance und kamen umgehend an die Box, Verstappen hingegen entschied sich draußen zu bleiben. Wegen der schwer zu reparierenden Bande am Schumacher-Einschlagort entschied sich die Rennleitung nach wenigen Runden hinter dem SC jedoch für eine Unterbrechung des Rennens.

Den Regularien entsprechend kehrte das gesamte Feld an die Boxengasse zurück, wobei Red Bull die Reifen von Verstappen wechseln durfte. Boxenstoppbereinigt übernahm der Niederländer somit an der Boxengasse die Führung vor Hamilton und dem durchgeschlüpften Esteban Ocon (Alpine).

Im Anschluss überschlugen sich die Ereignisse. Beim stehenden Restart kam Hamilton zunächst besser vom Fleck und schien innen an Verstappen vorbeigehen zu können. Der Niederländer hielt außen herum in Kurve eins allerdings die Kampflinie und behauptete - auch wenn er die Strecke dafür verließ - seine Führung. Weiter hinten im Feld kam es zum Crash zwischen Perez, Carlos Sainz (Ferrari), George Russell (Williams) und Nikita Mazepin (Haas), weshalb die Rennleitung ein zweites Mal die Rote Flagge schwenkte.

Diese Unterbrechung nutzte Mercedes für einen Einspruch gegen das Verstappen-Manöver, da der Niederländer Hamilton außerhalb der Streckenbegrenzung überholt hatte. Red Bull akzeptierte daraufhin den Vorschlag von Rennleiter Michael Masi, Verstappen beim zweiten Restart hinter Ocon - welcher das Duell der beiden Kontrahenten zuvor zu seinen Gunsten genutzt hatte und an Hamilton vorbeigegangen war - und Hamilton an Position drei zu setzen.

Saudi-Arabien-GP: Episches Duell zwischen Verstappen und Hamilton

Auch der zweite Restart sollte nicht ereignislos verlaufen. Mit frischen Medium-Reifen erwischte Verstappen einen guten Start, ging innen in Kurve eins an Hamilton und Ocon vorbei und übernahm die erneute Führung.

Im letzten Stint lief alles auf einen Zweikampf zwischen Verstappen und Hamilton hinaus. Letzterer holte auf seinen harten Reifen vor allem im Mittelsektor immer wieder auf, für einen Angriff auf der Start- und Zielgeraden reichte es aber knapp nicht. Erst als aufgrund eines VSCs Hamilton im letzten Sektor den etwas besseren Ausgang erwischte, setzte er zum Angriff an.

In Kurve eins versuchte der Brite außen herum ein Manöver gegen den RB-Piloten, dieser hielt jedoch, ähnlich wie bereits zuvor, hart dagegen und drängte beide Fahrzeuge von der Strecke. Als Verstappen im Anschluss von seiner Boxencrew gebeten wurde, seine Position am Hamilton abzugeben, wurde es wild: Unmittelbar vor der Start-und-Zielgeraden ging er vom Gas, Hamilton näherte sich mit Vollgas von hinten. Der sichtlich verwirrte Hamilton rechnete nicht mit einem Abbremsen des Red Bulls, konnte nicht mehr ausweichen und krachte ins Heck von Verstappen.

Mercedes beschwerte sich im Anschluss ein weiteres Mal bei Rennleiter Masi. Die Argumentation: Man habe von einem Vorbeilassen nichts gewusst, Verstappen habe vorsätzlich gefährlich gehandelt. Nach einem energiegeladenen Funkaustausch beider Seiten musste Verstappen seine Position schließlich abgeben.

Hamilton siegte somit vor seinem Wm-Konkurrenten und Teamkollege Bottas, der in der letzten Runde noch an Ocon vorbei ging und P3 für Mercedes absicherte. Die Top Ten komplettierten Daniel Ricciardo (5./McLaren), Pierre Gasly (6./AlphaTauri), Charles Leclerc (7./Ferrari), Sainz (8.), Antonio Giovinazzi (9./Alfa Romeo) und Lando Norris (10./McLaren).

Saudi-Arabien-GP: Die Reifenstrategie

Die vielen Safety-Car-Phasen und Rennabbrüche machten strategische Optionen eines Undercuts bzw. Overcuts früh zunichte.

Lediglich Red Bulls Entscheidung, trotz der frühen Roten Flagge auf den Startreifen zu bleiben, ist positiv hervorzuheben. Dadurch hievte man Verstappen an beiden Mercedes-Piloten vorbei.

Im weiteren Verlauf stellte sich das als enormer Vorteil heraus, hatte Verstappen von da an nur noch mit Hamilton und nicht mit beiden Silberpfeilen zu kämpfen.

Highlight des Rennens: Verstappen-Manöver beim zweiten Restart

Beim zweiten Restart kam der Niederländer gut vom Fleck, sog sich im Windschatten von Hamilton heran und bremste sich frech - auch zur sichtlichen Überraschung des Mercedes-Piloten - innen am Briten und Ocon vorbei. Ebenfalls äußerst spektakulär: Der Hamilton-Ausritt ins Heck von Verstappen.

Top des Rennens: Red-Bull-Strategen

Nicht wenige Teams (beispielsweise Mercedes) hätten die Chance eines Boxenstopps unter Safety Car ungenutzt gelassen. Bei den Chefstrategen von Red Bull blieb man nach dem Schumacher-Crash allerdings cool, spekulierte auf eine Rennunterbrechung und brachte somit Verstappen an beiden Mercedes-Piloten vorbei. Auch wenn es letztlich nicht mehr zum Sieg reichte: Sehr stark!

Flop des Rennens: Mick Schumacher

Ja, Schumacher ist in seiner Rookie-Saison. Und ja, der Jeddah Street Circuit ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für junge Fahrer. Dennoch flog Schumi Jr. nicht zum ersten Mal in dieser Saison unnötig ab. Noch problematischer als das versaute Rennen ist jedoch die Tatsache, dass sein Rennstall Haas sich eigentlich keine weiteren Ersatzteile mehr leisten kann.

Formel 1: Die WM-Wertung nach 21 von 22 Rennen

  • Fahrerwertung:
PlatzFahrerTeamPunkte
1Max VerstappenRed Bull369,5*
2Lewis HamiltonMercedes369,5*
3Valtteri BottasMercedes218
4Sergio PerezRed Bull190
5Charles LeclercFerrari158
6Lando NorrisMcLaren154
7Carlos SainzFerrari149,5*
8Daniel RicciardoMcLaren115
9Pierre GaslyAlphaTauri100
10Fernando AlonsoAlpine77
  • Konstrukteurswertung:
PlatzTeamPunkte
1Mercedes587,5*
2Red Bull559,5*
3Ferrari307,5*
4McLaren269
5Alpine149
6AlphaTauri120
7Aston Martin77
8Williams23
9Alfa Romeo13
10Haas0

*Beim 12. WM-Lauf in Belgien wurden aufgrund der nicht vollständig absolvierten Renndistanz nur halbe Punkte vergeben.

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