Formel 1 - Erkenntnisse zum Brasilien-GP: Das Pendel schlägt in Richtung Mercedes

Von Christian Guinin
Lewis Hamilton, Max Verstappen
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2. Das Pendel schlägt in Richtung Mercedes

Lediglich eine Woche ist es her, da wurden von Mercedes noch äußerst leise Töne angestimmt. Die WM sei "so gut wie gelaufen" und nur "durch ein Wunder" könne man Verstappen noch einmal angreifen, analysierten Silberpfeil-Teamchef Toto Wolff und sein Schützling Lewis Hamilton nach der Machtdemonstration von Max Verstappen beim Mexiko-GP.

Nun, nach dem Großen Preis von Brasilien, könnte die Ausgangslage nicht gegensätzlicher sein. Mit einer Fabelfahrt auf dem Autodromo Jose Carlos Pace triumphierte Hamilton vor seinem niederländischen Kontrahenten und legte dabei eine Souveränität an den Tag, die den RB-Verantwortlichen die ein oder andere größere Sorgenfalte auf die Stirn zaubern wird.

Obwohl der Brite über das gesamte Wochenende gesehen 25 Plätze nach hinten strafversetzt worden war, war sein Sieg zu keinem Zeitpunkt wirklich in Gefahr. Von Rang zehn kommend brauchte Hamilton lediglich sechs Runden, um auf P3 vorzufahren. Wenige Umläufe später wurde dann Perez einkassiert und der Angriff auf Verstappen gestartet. Auch der Niederländer stellte - obwohl sich tapfer wehrend - kein wirkliches Hindernis dar, über zehn Sekunden Vorsprung hatte der Mercedes-Pilot letztlich im Ziel.

Der Grund für die beeindruckende Aufholjagd: Hamiltons neue Antriebseinheit, die er just für das Rennen in Sao Paulo neu eingebaut bekommen hatte. "Was wir befürchtet hatten, ist eingetreten", sagte RB-Motorsportchef Helmut Marko gegenüber dem ORF. "So einen Motor haben wir in den letzten Jahren nicht gesehen von Mercedes. Unglaublich! Ihnen ist da ein Meisterwerk gelungen, so eine Rakete noch in dieser entscheidenden Phase herbeizuzaubern."

Max Verstappen hatte gegen den Speed von Lewis Hamilton keine Chance.
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Max Verstappen hatte gegen den Speed von Lewis Hamilton keine Chance.

Marko: "Dann schaut es für die WM nicht mehr gut aus"

Auf Seiten der Österreicher könne man sich den plötzlichen Leistungsgewinn nicht erklären. "Da sitzen wir momentan und rätseln. Wir haben auch schon die Honda-Ingenieure zu uns berufen. Wie es geht, das würden wir gerne wissen. Wir können es nicht über den Honda-Motor ausgleichen", so Marko weiter. Zur Verdeutlichung: Im absoluten Top-Speed-Bereich war Hamiltons Auto 40 km/h schneller als das von Verstappen (344 km/h zu 304 km/h). Auf einer Highspeed-Strecke wie Interlagos eine andere Welt.

Bei Red Bull bereitet das große Sorgen, auch im Hinblick auf die Weltmeisterschaft. Marko glaubt nämlich, dass Brasilien keinesfalls eine Eintagsfliege war: "Wenn das so weitergeht, schaut es für die WM nicht mehr gut aus. Ich fürchte: Jetzt muss man schon hoffen, dass es bis ins letzte Rennen geht." Bei den restlichen Saisonläufen sei die Gefahr groß, dass man in die Defensive gerate. "Schauen wir mal, wie es in Doha ausschaut. Ganz arge Bedenken haben wir für Dschidda mit der langen Geraden, Abu Dhabi ist wieder neutral", so Marko.

Fakt ist: Kann Mercedes die von Hamilton gezeigte Motorenleistung bei den restlichen drei Rennen annähernd bestätigen, sieht es für Verstappen und Red Bull düster aus. Laut Mercedes-Teamchef Toto Wolff sei bei den Silberpfeilen in der Vergangenheit vor allem die Haltbarkeit das große Manko gewesen - nach 900-1000 Kilometer baue die Antriebseinheit stark ab. Das würde Verstappen dann aber nichts mehr nützen, dann wäre die 2021er Saison vorbei - und die WM wohl gelaufen.