Formel 1 - Erkenntnisse zum Mexiko-GP: Darum wird die Reglement-Reform so dringend gebraucht

Von Christian Guinin
Perez (r.) verbrachte große Teile des Rennens in Hamiltons (l.) Windschatten.
© getty

Während Lewis Hamilton nach dem zweiten Platz beim Großen Preis von Mexiko für den Saisonendspurt keine andere Wahl hat, als volles Risiko zu gehen, wird Red Bull zu Unrecht für die Strategie von Sergio Perez kritisiert. Der Autodromo Hermanos Rodriguez zeigt indes, warum die Formel 1 die Reglement-Reform so dringend braucht. Die Erkenntnisse zum Mexiko-GP.

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1. Lewis Hamilton muss jetzt alles riskieren

Bei der Podiumszeremonie nach dem Rennen hätten die jeweiligen Körpersprachen der zwei Erstplatzierten kaum unterschiedlicher sein können. Während Triumphator Max Verstappen sichtlich gut gelaunt via Hebebühne aufs Podest gefahren wurde und unter tosendem Applaus der mexikanischen Fans seinen Sieg feierte, schlich sein Kontrahent Lewis Hamilton nach dessen Ankündigungs-Aufruf beinahe laut- und gestenlos auf seinen Platz.

Und das nicht grundlos. Bei Hamilton, der normalerweise auch in der Niederlage stets gute Miene zum bösen Spiel machen kann, sitzt der Stachel nach der neuerlichen Machtdemonstration seines niederländischen Rivalen tief. Eigentlich hatte man sich bei Mercedes nach der Doppelpole am Samstag leise Hoffnungen auf einen Turnaround im WM-Kampf gemacht, daraus wurde aber nichts.

Vielmehr distanzierte Verstappen den Briten um weitere sieben Zähler. Der Rückstand von Hamilton beträgt nun, vier Rennen vor dem Saisonende, schon 19 Punkte. Und während Experten die Leistung des RB-Piloten nach Rennende in den Himmel lobten (RB-Motorsportchef Helmut Marko: "Das war jenseits von Gut und Böse. Es war ein perfekter Tag, einfach unglaublich von Max."), verlässt Hamilton Mexiko mit einer gehörigen Portion Druck und einer für ihn völlig ungewohnten Situation.

Zum ersten Mal seit langer Zeit ist der Brite gezwungen, ins Risiko zu gehen. Mit der Leichtigkeit der vergangenen Saisons, in denen Hamilton stets mit dem besten Gesamtpaket und der nötigen Portion Abgeklärtheit seine Konkurrenz besiegte, dabei aber nie wirklich an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit gehen musste, ist es vorbei. Vom 36-Jährigen müssen für den Saisonendspurt nun 110 Prozent kommen.

Hamilton: Red Bull "war übermächtig"

Legt er seinen gewohnten, souverän-kontrollierten und auf Fehlerlosigkeit bedachten Fahrstil nicht schleunigst ab, wird er - da sind sich mittlerweile viele Experten und Fans sicher - aus diesem WM-Kampf als Verlierer hervorgehen. Zu gut performt Verstappen in diesem Jahr, zu reif und abgebrüht ist der Niederländer mittlerweile, zu fehlerlos fährt er seinen Stiefel runter und zu stark präsentiert sich der RB-Bolide.

Dementsprechend besorgt und ratlos war Hamilton nach der Zieleinkunft. "Dieses Auto (Red Bull; Anm. d. Red.) war einfach übermächtig. Ich konnte nichts dagegen machen", rätselte er. "Die Pace von Max war einfach unglaublich." Sein Teamchef blies in ein ähnliches Horn: "Unser Auto war definitiv nicht gut genug für Platz eins. Die Stimmung ist jetzt natürlich nicht großartig", meinte Toto Wolff.

Die gute Nachricht: Noch ist alles offen. Bei vier Siegen in den abschließenden vier Rennen wäre Hamilton, völlig unabhängig von Verstappens Ergebnissen, Weltmeister. Dass der RB-Pilot es ihm aber derart leicht machen wird, davon ist nicht auszugehen.

Im Umkehrschluss bedeutet das nämlich auch, dass Mexiko der letzte Ausrutscher gewesen sein muss. Siegen Red Bull und Verstappen auch kommende Woche beim Großen Preis in Brasilien (aufgrund des Layouts eher eine RB-freundliche Strecke), könnte der siebenfache Weltmeister den Titel aus eigener Kraft nicht mehr holen. Dann wäre Titel Nummer acht und die endgültige Alleinstellung als Rekordweltmeister in weite Ferne gerückt.