Der Druck auf Sebastian Vettel steigt

Von Alexander Maack
Sebastian Vettel (l.) ließ sich beim Italien-GP in Monza mit einem Roller an die Box bringen
© spox

Der Grand Prix von Italien endete Red Bull ohne einen einzigen Punkt. In Monza überzeugten abermals die McLaren und die Ferrari. Für die Entwicklung der Autos von Sebastian Vettel und Mark Webber ist höchste Eile geboten. Den Anschluss an die Spitze haben die Red Bull aktuell verloren.

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Ganz glücklich war Fernando Alonso nach seinem dritten Platz beim Italien-GP nicht. "An diesem Wochenende hatten wir das schnellste Auto. Wir hatten die Geschwindigkeit, um wieder nach vorn zu gelangen", sagte der Spanier nach dem Rennen in Monza. Der Grund für die Unzufriedenheit war noch immer der Defekt am Stabilisator des Ferraris im Qualifying, durch den Alonso nur von Platz zehn ins Rennen startete.

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"Unsere WM-Situation hat sich hier verbessert, wenn man die beiden Red Bulls und Jenson betrachtet. Deshalb ist dieser Podiumsplatz ein gutes Ergebnis", resümierte der Ferrari-Pilot, der sich über das Abdrängen von Vettel echauffierte: "Ich war mit 350 auf der Wiese. Im vergangenen Jahr hatte er mehr Platz."

Anschließend schlug sich der Spanier mit Problemen an der Aufhängung herum. "Wir mussten wirklich jede Runde schauen, wie sich das Auto verhielt. Außerdem gab es noch gewisse Schwierigkeiten mit dem Antrieb", präzisierte Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali. Dennoch blickt die Scuderia wieder höchst optimistisch auf die restlichen Rennen. Zumal das Team für das nächste Rennen in Singapur ein großes Paket an Upgrades vorbereitet, die das Auto weiter verbessern dürften.

Die Hackordnung in der Fahrer-WM wurde in Italien abermals umgeworfen. Alonso führt wieder mit deutlichem Abstand. Der Spanier liegt mit 37 Punkten Vorsprung vor McLaren-Pilot Lewis Hamilton, der Platz zwei übernommen hat. "Hamilton und Vettel sind die Fahrer, auf die wir uns von Beginn an konzentriert haben", sagte Alonso schon vor dem Belgien-GP gegenüber "Totalrace" und fügte hinzu: "Diese beiden sind die größten Herausforderer."

Zumindest bei Hamilton hat sich diese Einschätzung bestätigt. Der Brite gewann das letzte Rennen vor der Sommerpause auf dem Hungaroring und konnte in Spa nur nicht mit der Spitze mithalten, weil er einen falschen Heckflügel wählte. In Monza meldete sich der McLaren-Pilot aber eindrucksvoll zurück.

"GP ohne Schwierigkeiten"

"Unser Auto war das ganze Wochenende über fantastisch und es war ein entspannter Grand Prix ohne Schwierigkeiten", resümierte Hamilton nach seinem Sieg. "Ich war den größten Teil des Rennens über allein und habe die Lücke hinter mir gemanagt." Die Pole Position und der ungefährdete Start-Ziel-Sieg waren mehr als ein Fingerzeig in Richtung der Konkurrenz.

Seit den großen Updates für das Wochenende in Hockenheim dominieren die McLaren das Feld. Nachdem in der ersten Saisonhälfte noch bei jedem Rennen das Siegerteam wechselte, holten die Briten drei Siege in Folge nach Woking.

So ist es kaum verwunderlich, wie entspannt die Stimmung bei McLaren ist. "Am Ende des Rennens war ich am Cruisen und musste nur nochmal pushen, als Sergio Perez Alonso überholt hat", sagte Hamilton.

Lücke zu Alonso schon zu groß?

Trotz der herausragenden Performance der McLaren stellt sich aber die Frage, ob die Lücke zu Fernando Alonso nicht schon zu groß ist, um dem Spanier die Fahrer-WM noch wegzuschnappen.

"Diese Meisterschaft ist so unberechenbar", spielte Hamilton am Sonntag den Rückstand herunter und gab die Marschroute für den Rest der Saison aus: "Wir haben noch sieben Rennen. Heute sollten wir den Tag genießen, aber der Sieg ist nur ein Schritt. Morgen werden wir wieder von vorn anfangen. Für Singapur."

Dabei wies der Monza-Sieger auch auf den Ausfall seines Teamkollegen hin. Jenson Button wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit als Zweiter über die Ziellinie gekommen und hätte die Lücke zu Fernando Alonso damit noch weiter schrumpfen lassen können. "Wir hätten einen Doppelsieg einfahren sollen", haderte Teamchef Martin Whitmarsh nach dem Rennen. "Das ist frustrierend für ihn und für uns, aber das Entscheidende ist, dass unser Auto ein Gewinner ist."

Zudem hat Whitmarsh einen weiteren Vorteil ausgemacht. "Das Momentum ist auf unserer Seite. Siege sind das, worum es bei McLaren-Mercedes geht. In Singapur planen wir, genau damit weiterzumachen."

Red Bull optimistisch: Weniger Geraden

Den Optimismus der Briten kann Red Bull kaum auf das eigene Team übertragen. "Die Pace war nicht ganz so schlecht, wenn man bedenkt, dass der Topspeed nicht da war", machte Sebastian Vettel sich selbst Hoffnung. "Auf den anstehenden Strecken gibt es keine solch langen Geraden. Wir sollten dort nicht so viel verlieren wie hier."

Der Grund für die fehlende Höchstgeschwindigkeit soll der Renault-Motor sein. Allerdings überraschten die Lotus-Fahrer, die mit den gleichen Aggregaten fahren, in Monza mit Spitzenwerten an der schnellsten Stelle des Kurses.

Eitel Sonnenschein herrschte bei den Franzosen trotz des guten fünften Platzes von Kimi Räikkönen dennoch nicht. "Wir haben ein paar Punkte auf Fernando verloren, was nicht ideal ist", ärgerte sich Räikkönen.

Etwas mehr freute sich der Finne darüber, dass er in der Fahrerwertung ebenfalls an Vettel vorbeizog. "Seine Leistung war außergewöhnlich und das auf einer Strecke, von der wir wussten, dass wir nicht sehr konkurrenzfähig sind", lobte Lotus-Renndirektor Alan Permane seinen Fahrer.

Qualifikation und technische Defekte kosten Erfolg

Das Problem von Weltmeister Vettel ist aber keineswegs nur die oftmals bemängelte fehlende Höchstgeschwindigkeit. Die Situation des Vorjahres, als er und Mark Webber die Qualifikationen zumeist dominierten und im Rennen Probleme hatten, kehrt sich aktuell um.

"Die anderen Teams sind eben an Samstagen einfach schneller als im Rennen, wir hingegen nicht", bilanzierte Webber. "Es sind dann nur noch ungefähr drei Zehntelsekunden. Im Qualifying sind wir derzeit eine Sekunde weg."

Ohne die entsprechende Höchstgeschwindigkeit sind im Qualifying verlorene Startplätze nur schwer wieder gutzumachen Überholmanöver aber nur schwer zu realisieren. Zumal mit Singapur und Japan zwei Rennen anstehen, bei denen Positionswechsel-Orgien unwahrscheinlich sind.

Zu viele Ausfälle für die WM

Zudem muss Red Bull dringend an der Zuverlässigkeit der Autos arbeiten. Nachdem die Lichtmaschine des Renaults schon in Valencia versagte, wiederholte sich der Defekt sowohl im Monza-Training als auch im Rennen. "Wir können es uns nicht mehr leisten, weitere Ausfälle zu kassieren", konstatierte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Wir müssen mit Renault als Team daran arbeiten, damit sie die Probleme besser verstehen. In Singapur müssen wir zurückschlagen."

Bis zum Rennen in zwei Wochen ist deshalb viel Arbeit nötig. Die Entwicklung des Autos stagnierte zuletzt. Singapur könnte schon die letzte Chance sein, um den Anschluss in der Fahrerwertung nicht vollends zu verlieren.

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