Webber: "Habe Teamorder ignoriert"

Von Alexander Mey
Mark Webber wurde von Red Bull in den letzten Runden in Silverstone zurück gepfiffen
© xpb

Sebastian Vettel hat den Warnschuss beim Großbritannien-GP gehört und erkennt die Niederlage gegen Fernando Alonso an. Der Ferrari-Pilot und vor allem Red-Bull-Kollege Mark Webber gehen auf Konfrontationskurs zum Weltmeister.

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Mark Webber ist zu lange dabei, um sich noch von irgendjemandem an der Nase herumführen zu lassen. Und er ist ein Freund davon, auf Pressekonferenzen nach Vettel-Niederlagen ganz nebenbei kleine Bomben zu zünden.

Schon nach Sebastian Vettels Niederlage beim China-GP freute er sich unverhohlen darüber, dass Lewis Hamilton seinen Teamkollegen geschlagen hatte und stieß damit Red Bull vor den Kopf.

Webber wurde "vier oder fünf Mal" aufgefordert

Nun hat er in Silverstone noch einen drauf gesetzt. Auf die Frage nach der Anweisung seines Teamchefs, in den letzten Runden Vettel nicht mehr anzugreifen und Position drei zu halten, sagte Webber: "Ich habe die Teamorder natürlich ignoriert. Ich wollte schließlich einen Platz gut machen. Wenn Alonso in der letzten Runde noch ausgefallen wäre, dann hätte ich gewinnen können."

"Vier oder fünf Mal" habe das Team Webber aufgefordert, Vettel nicht anzugreifen, aber der Australier dachte gar nicht daran, sich in seine Rolle als Nummer zwei zu fügen. "Sebastian hat alles gegeben, ich habe alles gegeben." So einfach war das.

Für die Fahrer zumindest, denn auch Vettel betonte in der Pressekonferenz, dass er keine Probleme mit den Angriffen seines Teamkollegen hatte. "Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Wir sind gegeneinander Rennen gefahren und haben nichts Dummes versucht."

Horner nach Webbers Verweigerung konsterniert

Red-Bull-Teamchef Christian Horner sah Webbers Gehorsamsverweigerung nicht ganz so entspannt: "Ich bin überrascht, denn niemand ist größer als das Team. Das Team steht über allem. Mark hat sich entschieden, unsere Anordnung zu ignorieren. Darüber werde ich mit ihm hinter verschlossenen Türen reden."

Dicke Luft bei Red Bull. So ähnlich wie in der Türkei 2009, als Webber und Vettel bei einem direkten Zweikampf kollidierten. Und so ähnlich wie vor genau einem Jahr in Silverstone, als Webber nach seinem Sieg über Funk sagte: "Nicht schlecht für eine Nummer zwei."

Warum sollte Webber auch freiwillig aufstecken? Schließlich ist er auf dem Papier der härteste Verfolger von Vettel. Er belegt Platz zwei in der Fahrerwertung, hat mit 124 Punkten allerdings nun schon 80 Zähler Rückstand auf den Deutschen.

Vettel warnt vor aufholender Konkurrenz

Vettel hat kurz vor Halbzeit der Saison alles im Griff. Aber trotzdem ist er nach der Niederlage gegen Alonso gewarnt. "Ferrari hat uns fair geschlagen. Es gibt schon seit einigen Wochen den Trend, dass sie im Rennen sehr stark sind. Ferrari und andere Teams arbeiten hart und kommen nach vorne. Wir müssen auch weiter an uns arbeiten und das Auto verbessern, damit wir auch in den kommenden Rennen wieder in diesen Regionen ankommen", sagte er.

Gerade Alonso hat sich in den letzten beiden Rennen als größte Bedrohung für Vettel erwiesen. Ferrari hat einen deutlichen Entwicklungsschritt gemacht und McLaren überholt. In Silverstone hat zusätzlich das Zwischengas-Verbot geholfen, das Mercedes und Renault deutlich mehr geschwächt hat als Ferrari.

Alonso will "sehr aggressiv zu Werke gehen"

Dieser Vorteil wird nach dem jüngsten Kompromiss schon am Nürburgring wieder dahin sein, aber das hindert Alonso ebenso wenig an einer Kampfansage wie die Tatsache, dass er mit 112 Punkten stattliche 92 Zähler Rückstand auf Vettel hat.

"Unsere einzige Chance ist zu versuchen, jedes Rennen zu gewinnen und sehr aggressiv zu Werke zu gehen. Bei jedem Rennen, bei jedem Start, bei der Strategie werden wir ans Limit gehen", kündigte Alonso an, denn: "Der Titelkampf ist nicht einfach, wenn Sebastian immer Erster oder Zweiter wird."

Ferrari-Sieg auf ungeliebtem Terrain

Besonders viel Mut schöpft Ferrari aus der Tatsache, dass Alonso mit Silverstone auf einem Kurs gewonnen hat, dessen schnelle Kurven dem Auto eigentlich gar nicht hätten liegen sollen. Strecken wie in Monza oder Singapur sollten eigentlich eher für Siege der Italiener geeignet sein.

Sollte Ferrari das Problem der aerodynamischen Effizienz durch seine Updates am Auto gelöst haben, ließe sich auch der Verlust des kleinen Vorteils beim angeblasenen Diffusor, den die Aufhebung des Zwischengas-Verbots zur Folge haben wird, verschmerzen.

McLaren leidet am meisten unter Zwischengas-Verbot

Auf die Rückkehr des Zwischengases setzt McLaren all seine Hoffnungen. Denn obwohl der Speed im Rennen auch aufgrund der widrigen Wetter-Bedingungen in Silverstone überraschend gut war, nannte Lewis Hamilton das Dilemma beim Namen.

Er sagte: "Ferrari hat von der Regeländerung profitiert und Red Bull hat nichts verloren. Wir dagegen haben im Rennen jede Menge Abtrieb verloren. Es muss dringend ein Weg gefunden werden, der fair ist."

Zumindest das scheint durch den Kompromiss im Motorenstreit nun gewährleistet zu sein. Ob das aber reicht, um in der zweiten Saisonhälfte einen lupenreinen Dreikampf zwischen Red Bull, Ferrari und McLaren zu ermöglichen, muss in zwei Wochen Vettels Heimspiel auf dem Nürburgring zeigen.

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