Der Puncher lauert auf seine Chance

Von Alexander Mey
Michael Schumacher und Nico Rosberg fahren im Mercedes den Erwartungen hinterher
© Getty
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Michael Schumacher (Mercedes): WM-Platz 10, 32 Punkte

Seine Saison hat eine gute und eine schlechte Seite. Die gute ist, dass er in den Rennen deutlich näher an Rosberg dran ist als 2010. Mehr als einmal war er sogar vom reinen Speed her schneller.

Die schlechte ist jedoch, dass er extrem viele Fehler macht. Allein in den letzten drei Rennen hat er sich zweimal den Frontflügel bei einem Crash abgefahren und sich zuletzt auf dem Nürburgring durch eigenes Verschulden heftig gedreht.

Im Qualifying will er oft zu viel und überfährt das Auto. Die Folge sind Rutscher und andere kleine Fehler, die zu oft dafür sorgen, dass er deutlich hinter Rosberg zurückliegt und sogar schon vier Mal Q3 verpasst hat.

Im Gegensatz zu Rosberg scheinen Schumacher gute Einzelergebnisse egal zu sein. Er blickt auf das große Ganze und versucht, das Auto in Richtung Podium zu entwickeln. Ob er auf dem Weg dorthin den einen oder anderen Fehler zu viel begeht, der WM-Punkte kostet, scheint ihn kaum zu interessieren.

Prognose: Schumacher hat vom Potenzial her nach wie vor den einen oder anderen großen Wurf in sich, wenn die Verhältnisse passen. Das hat man in Kanada deutlich gesehen. Ihm mangelnde Motivation oder fehlendes Können vorzuwerfen, ist absurd. Er erinnert an einen Puncher im Boxen, der zwar nicht konstant auf höchstem Niveau agiert, aber auf den einen Moment wartet, in dem er alles rauslässt. Mal sehen, ob dieser 2011 noch kommt.

Adrian Sutil (Force India): WM-Platz 12, 18 Punkte

Er hat lange Zeit gegen seinen Rookie-Teamkollegen Paul di Resta ganz schlecht ausgesehen. Im Quali-Duell liegt er nach zehn Rennen 3:7 hinten, kein Nachweis dafür, dass er immer noch zu Höherem berufen ist.

Aber Sutil hat die Qualität aus dem vergangenen Jahr mitgenommen, im Rennen die möglichen Punkte nach Hause zu fahren. Der siebte Platz in Monaco und der sechste am Nürburgring waren die Höhepunkte seiner Saison.

Das Team hat relativ lange gebraucht, um sich vom Abgang von Mastermind James Key zu Sauber zu erholen. Das Auto war nicht von Beginn an konkurrenzfähig. Aber seit einigen Rennen geht es stetig bergauf. "Wir sind auf einem guten Weg", sagte Sutil am Wochenende. Das gilt für ihn und für das Auto. Denn je besser der Force India wird, desto besser scheint er auch di Resta in den Griff zu bekommen.

Prognose: Sutil wird mit Force India noch das eine oder andere starke Ergebnis nach Hause fahren. Er fühlt sich im Auto deutlich wohler als zu Saisonbeginn und kommt noch auf genügend Strecken wie Spa oder Suzuka, die ihm sehr gut liegen. Den großen Sprung von Force India in ein Top-Auto wird er sich aber 2011 nicht mehr ermöglichen können. Er ist dort, wo er ist, gut aufgehoben.

Timo Glock (Virgin): WM-Platz 24, 0 Punkte

Glock war nach den ersten Rennen frustriert. Das hat man ihm angesehen. Das hat man aus seinen Aussagen deutlich herausgehört. Und man hat es zum ersten Mal auch auf der Rennstrecke gesehen, als er überraschend große Probleme gegen Teamkollege Jerome d'Ambrosio hatte.

Doch das alles ist Geschichte. Seit Technikchef Nick Wirth gefeuert wurde, wirkt Glock wie ausgewechselt. Die Motivation ist wieder da, die gute Laune ist auch zurück. Und er ist auf der Strecke wieder deutlich schneller als alle, die sich in seinen Regionen bewegen. Mit Ausnahme des ebenfalls enorm starken Heikki Kovalainen.

Grund für die gute Laune: Virgin hat mit Ex-Renault-Technikchef Pat Symonds im Hintergrund wieder einen starken Mann für die Entwicklung und zudem eine hoffentlich lohnende Kooperation mit McLaren. Diese Anzeichen für einen möglichen Angriff in Richtung Mittelfeld haben Glock bewogen, seinen Vertrag vorzeitig langfristig zu verlängern.

Prognose: Dieses Jahr wird so mager zu Ende gehen, wie es die meiste Zeit über verlaufen ist. Immerhin scheint nicht mehr die Gefahr zu bestehen, hinter HRT auf den letzten Platz zu rutschen.

Nico Hülkenberg (Force India): Testfahrer

Sein Job ist hochgradig undankbar. Er hat immer nur das erste Training am Freitag, um auf sich aufmerksam zu machen.

Und die Zeiten, in denen das ein Testfahrer mit Bestzeiten tun konnte, wie Vettel damals bei seinem ersten Einsatz, sind wegen des Reifenlimits vorbei.

Zu allem Überfluss hat Hülkenberg mit Sutil und di Resta auch noch zwei sehr schnelle Teamkollegen, die er ohne viel Übung nicht mal eben im Training abhängen kann.

Entsprechend schwierig wird es sein, bei anderen Teamchefs auf sich aufmerksam zu machen.

Prognose: So schade es ist, aber Hülkenberg scheint nicht auf dem Weg zu sein, ein richtig gutes Cockpit für 2012 zu bekommen. Vielleicht geht bei einem der neuen Teams etwas. Das wäre immer noch besser als ein weiteres Jahr auf der Ersatzbank.

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