Schock, Frust, Ratlosigkeit

Von Alexander Mey
Michael Schumacher gab nach einer Kollision beim Australien-GP in der 22. Runde auf
© xpb

Wo ist Mercedes? Beim Saisonauftakt der Formel 1 waren die Silberpfeile von Michael Schumacher und Nico Rosberg nirgendwo. Dem ersten Schock folgten Frust, Pech, Erklärungsversuche und Kampfansagen.

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Norbert Haug hat sich nach dem Australien-GP für eine ganze Menge Leute gefreut. Für Sieger Sebastian Vettel, für seinen ehemaligen Schützling Lewis Hamilton, für die Ex-Kollegen von McLaren.

Nur für sich und sein Team freute er sich nicht. "Wir können uns nur bei unseren Fahrern entschuldigen", sagte Haug nach dem Doppelausfall von Michael Schumacher und Nico Rosberg im Rennen. Wenn man so will der krönende Abschluss eines Wochenendes zwischen Schock, Frust und Ratlosigkeit. Oder wie Haug es formulierte: "Ein Satz mit X."

Mercedes war nach den starken letzten Testfahrten in Barcelona mit dem Anspruch in die Saison gegangen, mindestens um Podestplätze, am besten sogar um Siege zu fahren. Das große technische Update mit neuem Auspuff, Unterboden und Flügeln hatte Schumacher zur Wochenbestzeit gebracht. Warum sollte das nicht in Melbourne so weitergehen?

"Wir sind mit ganz anderen Erwartungen hierher gekommen", wiederholte Schumacher am Wochenende gebetsmühlenartig. Rosberg formulierte in seiner entwaffnend ehrlichen Art:  "Ich dachte, da geht was. Aber da geht nix." Beide wirkten vor allem nach dem Qualifying ehrlich geschockt über ihren Rückstand.

Große Probleme mit KERS

Aber warum war Mercedes so schlecht? Alle Beteiligten schieben den fehlenden Speed im Qualifying auf eine Unmenge an technischen Problemen am ganzen Wochenende. Immer wieder streikte KERS, dazu funktionierte der verstellbare Heckflügel nicht immer wie geplant. Die Folge: Viel zu wenige Testrunden, um das Auto abzustimmen und einen Rhythmus auf dem Stadtkurs zu finden.

Schumacher traf das KERS-Problem im Qualifying. Ohne die 82 Zusatz-PS scheiterte er um 89 Tausendstel an Q3. Rosberg schaute am Start des Rennens dumm aus der Wäsche, als sich beim Drücken auf den KERS-Knopf nichts tat. "Beim Start gehen die ganzen KERS-Autos schon ab, und ich steh da", sagte der 25-Jährige.

"Wir müssen sehen, ob das ein Installationsthema ist. Bei den Testfahrten ist es nicht aufgetreten. McLaren und Force India nutzen das gleiche System und bei ihnen funktionierte es", analysierte Haug.

Durchhalteparole: In Malaysia wird alles besser

Die Unfälle mit Jaime Alguersuari und Rubens Barrichello, die zum Totalausfall der Silberpfeile führten, waren das i-Tüpfelchen auf das verkorkste Wochenende, spielten aber für den Gesamteindruck nicht mehr die größte Rolle. "Es wäre auch ohne diese Zwischenfälle schwer geworden, unser Potenzial umzusetzen", resümierte Schumacher.

Was bleibt, ist die Hoffnung auf rapide Besserung. Am besten schon beim nächsten Rennen in Malaysia, einem Kurs, der mit seinen teilweise schnellen Kurven der Testsrecke in Barcelona deutlich ähnlicher ist als der Albert Park in Melbourne.

"Es ist das Heimrennen unseres Titelsponsors Petronas. Dort wird also richtig in die Hände gespuckt und Gas gegeben. Wir lassen uns ganz bestimmt nicht unterkriegen", packte Haug die klassische Durchhalteparole aus, nachdem er kurz zuvor noch zugegeben hatte, "das härteste Rennwochenende in der Geschichte von Mercedes-GP" erlebt zu haben.

Neuer Mercedes klar unter Wert geschlagen

Aber der Sportchef hat Recht, wenn er betont, dass nach einem Rennen noch keine Zeit für Panikmache ist. Der Kurs in Melbourne war noch nie bis ins letzte Detail ein Gradmesser für das Kräfteverhältnis der Teams.

Der neue Silberpfeil hat eine deutlich bessere Basis als das alte Auto und kann bei richtiger Abstimmung in einer Liga mit Lotus-Renault, Ferrari und McLaren fahren. Entscheidend wird sein, die technischen Probleme in den Griff zu bekommen und die Autos perfekt einzustellen.

"Das war hier nicht die wahre Geschichte. Ich glaube nicht, dass wir ganz so weit weg sind", sagte Rosberg. "Sepang ist eine komplett andere Strecke. Ich bin mir sicher: Dort werden wir viel besser dastehen."

 

Verbesserung: Ja - Siegfähigkeit: Nein

Die Frage ist nur, was "viel besser" genau bedeuten wird. Die Ansprüche sind nach Melbourne sicher etwas gesunken. "Viel besser" könnte schon heißen, in Qualifying und Rennen mit beiden Autos locker in die Top Ten zu kommen.

Von Siegen ist Mercedes angesichts der Dominanz von Red Bull und Sebastian Vettel erst einmal meilenweit entfernt. Das geht allerdings Ferrari, McLaren und Co. im Moment ähnlich. Wenigstens ein schwacher Trost.

Das Rennergebnis des Australien-GP

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