Der Schumi-Effekt

Von Jan-Hendrik Böhmer
Michael Schumacher landete beim Bahrain-GP im Mercedes auf Rang sechs
© Getty

Mercedes will um den Titel kämpfen - fuhr beim Saisonstart aber hinterher. Besonders Schumi musste kämpfen. SPOX zeigt die Probleme und mögliche Lösungen auf.

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Mercedes will um den Titel fahren. So lautete die klare Ansage vor der Saison. In Bahrain landeten Nico Rosberg und Michael Schumacher dann auf den Plätzen fünf und sechs. Kein Grund zur Panik - das sagt auch das Team. Dennoch hatte besonders Rückkehrer Schumacher mit dem Handling seines MGP W01 zu kämpfen. SPOX erklärt, warum.

"Es war ein schwieriges Rennen", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug direkt nach dem Bahrain-GP. "Die Plätze fünf und sechs waren heute noch das bestmögliche Ergebnis für uns." Red Bull und Ferrari sind den Silberpfeilen einen Schritt voraus.

Nicht ganz überraschend, wie Nick Fry jetzt einräumt. "Wir hatten so etwas erwartet", sagt der Mercedes-GP-Geschäftsführer gegenüber "Autosport". "Unser Auto braucht definitiv noch Arbeit - und das nicht nur in einem Bereich. Es sind viele Kleinigkeiten."

Auch Schumi sagt: "Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Wir müssen einen Rückstand aufholen." Doch wo genau liegen die Probleme von Mercedes und speziell Schumacher?

Die Suche nach dem Grip

Problem 1: Durch die schmaleren Vorderreifen fehlt der Grip an der Vorderachse des MGP W01. Der Bolide neigt stark zum Untersteuern. "Schumacher braucht aber ein Auto, bei dem er die Vorderachse und die Reifen genau spürt", so der ehemalige Formel-1-Pilot Gerhard Berger gegenüber der Zeitung "tz". "Und das ist bei diesem Wagen nicht der Fall."

Die Folge: Der Mercedes rutscht über die Vorderräder, Schumacher findet seinen Rhythmus nicht. "Mein größtes Problem sind die kleinen Vorderreifen", sagt Schumi selbst. "Ich muss meinen Fahrstil so einstellen, dass das Auto so um die Kurve fährt, wie ich das will."

Schumacher will also seinen Fahrstil ändern. Doch das reicht nicht. "Auch wir müssen das Auto mehr in seine Richtung entwickeln. Nur dann können wir seine Probleme lösen", erklärt Teamchef Ross Brawn. "Erst dann kann er wieder Rennen gewinnen", meint auch Berger.

Das Problem: Im Gegensatz zu Schumi liegt Teamkollege Nico Rosberg das untersteuernde Auto gut. Stellt sich Mercedes also zu sehr auf die Bedürfnisse von Schumacher ein, schwächt man möglicherweise Rosberg. "Wir müssen einen Kompromiss finden", sagt Brawn.

Und der könnte folgendermaßen aussehen: Schumi bekommt einen speziellen Frontflügel für mehr Anpressdruck an der Vorderachse. Zudem verlagert man bei seinem Boliden zusätzlich das Gewicht nach vorne. So bliebe Rosbergs Fahrzeug unberührt und Schumachers Mercedes würde dennoch mehr Grip auf die Vorderachse bekommen. Ein erster Schritt.

Zusätzlicher Stopp bei Hitze-Rennen?

Problem 2: Die Reifen. Während Mercedes im kühleren Training noch verhältnismäßig gut unterwegs war, hatte man im Rennen erhebliche Probleme. "Bei niedrigeren Temperaturen sind wir sicherlich besser unterwegs", so Haug. "Im Rennen konnten wir die Reifen dann nicht gut nutzen. Erst nach dem Stopp sind wir vernünftige Zeiten gefahren. Aber zu kurz."

Mögliche Lösung: Ein Extra-Stopp. "Vielleicht wäre ein zweiter Stopp eine Überlegung wert gewesen", erklärt Haug. "Allerdings weiß man beim ersten Rennen noch nicht genau, ob man die 20 Sekunden wieder rausfahren kann." Bis zum nächsten Rennen soll das analysiert sein.

"Bei Mercedes fehlte noch der Speed"

Problem 3: Mangelnder Topspeed. In Bahrain war McLaren-Pilot Lewis Hamilton auf der Start- und Zielgeraden mehr als acht Stundenkilometer schneller als Schumacher. Mit dem gleichen Mercedes-Motor im Heck. Ein Grund: McLarens Heckflügel-Konstruktion.

Die verursacht durch das geschickt integrierte Schnorchel-System auf der Geraden weniger Luftwiderstand - und erlaubt damit eine höhere Geschwindigkeit. Bis zum Europa-Auftakt in Barcelona (6. bis 8. Mai) will Mercedes ein ähnliches System entwickeln. "Das werden alle Teams versuchen", so Haug. "Aber das kann drei Rennen dauern."

"Bei Mercedes fehlte noch der Speed", analysierte auch Ralf Schumacher nach dem Rennen auf "Bild.de". "Jetzt ist auch Michaels Stärke gefragt, ein Team nach vorne zu bringen."

"Wissen genau, was wir tun müssen"

Und damit hat der Rekordweltmeister bereits begonnen. "Er war sofort der Alte", verrät Fry. "Zusammen mit Ross und dem Rest des Teams saß er nach dem Rennen lange zusammen und hat eine Liste mit den Dingen erstellt, die wir jetzt tun können. Das sind alles Dinge, die wir beheben können. Wir wissen jetzt genau, was wir tun müssen."

Und dass diese Liste funktioniert, daran besteht kein Zweifel. Schließlich hat es Schumacher bereits zweimal vorgemacht. 1992 siegte er im Benetton bei seinem 17. Rennen, im Ferrari gelang ihm das Kunststück bereits beim sechsten Grand Prix. "Michael weiß genau, was er zu tun hat", sagt Haug. "Wir werden jetzt Schritt für Schritt nach vorn kommen."

Die Lücke zu Red Bull und Ferrari will man in den nächsten Rennen schließen. Langsam und ohne Panik. "Ich habe zu Saisonbeginn schon größere Abstände gehabt und am Ende doch um den Titel gekämpft. Ich weiß, wie schnell sich das Blatt wenden kann", beruhigt Schumacher.

"Und vielleicht sehen wir den ersten Sieg ja auch viel früher als viele denken", ergänzt Haug. "Von uns wird man noch hören. Wir können was und wir arbeiten hart."

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