Schweden eine Nummer zu groß

Von Florian Regelmann
Schweden steht nach dem Sieg gegen Deutschland zum elften Mal in Folge im WM-Halbfinale
© Getty

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft ist im Viertelfinale der WM in der Slowakei ausgeschieden. Gegen Schweden verlor das Team von Bundestrainer Uwe Krupp trotz einer streckenweise guten Vorstellung mit 2:5 (1:2, 1:2, 0:1). DEB-Keeper Dennis Endras erwischte keinen besonders guten Tag.

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Schon nach 27 Sekunden brachte Martin Thörnberg Schweden mit 1:0 in Führung, aber es dauert keine zwei Minuten, da hatte Alexander Barta (3.) die passende Antwort parat. Mitten in eine Drangphase des DEB-Teams schoss Patrik Berglund in der 16. Minute das 2:1 für die Schweden.

Im zweiten Drittel erhöhten die jetzt dominanten Tre Kronor durch Tore von Niklas Persson (25.) und Loui Eriksson (29.) auf 4:1. Deutschland fightete noch einmal zurück und kam durch Captain Michael Wolf (39.) zum Anschlusstreffer, aber mehr war für das Team von Uwe Krupp nicht mehr drin. Thörnberg machte in der 49. Minute mit seinem zweiten Tor des Tages den Sack zu.

Statistik: Die Topscorer der WM

Schweden trifft damit im Halbfinale am Freitag auf Titelverteidiger Tschechien. Für Deutschland steht trotz der vierten Niederlage in Folge das zweitbeste WM-Abschneiden seit 2003 zu Buche. Denn nach dem Aus der USA hat das Krupp-Team zumindest Platz sieben sicher.

Beim deutschen Team dreht sich nach dem Viertelfinal-Aus nun alles um die Frage, was mit Uwe Krupp passiert. Der DEB wird schnellstens klären müssen, ob Krupp ab der neuen Saison in einer Doppelfunktion neben seinem neuen Job bei den Kölner Haien Bundestrainer bleibt, oder ob es eine andere Lösung gibt.

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Reaktionen:

Uwe Krupp (Bundestrainer): "Natürlich bin ich enttäuscht, dass es am Ende nicht ganz gereicht hat. Wir haben hochkarätige Chancen gehabt, der schwedische Torwart ist nicht umsonst als bester Spieler ausgezeichnet worden. Wir haben nie aufgesteckt. Es war ein hartes Spiel für uns. Wir mussten gegen eine Mannschaft antreten, die über sehr viel Geschwindigkeit verfügt. Ich bin sehr zufrieden damit, wie das Team gekämpft hat. Aber die Gegentore haben uns immer wieder den Wind aus den Segeln genommen."

... über die Zukunft des Teams: "Es war ein gutes Turnier für uns. Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Dennoch sollten wir nicht denken, dass wir nun automatisch jedes Jahr das Viertelfinale erreichen. Dazu reicht die Normalform der Spieler nicht aus. Aber die Mannschaft ist jung und wird sich weiter verbessern."

... über seine Zukunft: "Das ist nicht der richtige Zeitpunkt. Wir werden jetzt zu den Spielern in die Kabine gehen und mit ihnen reden."

Uwe Harnos (DEB-Präsident) über das Thema Krupp: "Wir werden uns in den nächsten Tagen zusammensetzen und Gespräche führen. Wir werden alles genau analysieren und dann hoffentlich die richtige Entscheidung treffen."

Dennis Endras: "Wir haben wieder unglücklich ein frühes Gegentor kassiert, danach gerade im ersten Drittel aber viele Chancen gehabt. Wir haben auch heute gut gespielt und können stolz auf unsere Leistung sein. Letztlich hat uns einfach das Glück gefehlt."

John Tripp: "Schweden war am Ende einfach besser. Sie sind einfach ein gutes Team. Wir hatten zwar auch unsere Chancen, aber Schweden hat sie halt besser genutzt."

Kai Hospelt: "Es ist natürlich jetzt eine große Enttäuschung da. So oft hat man ja die Chance auf das Halbfinale bei einer WM nicht. Wenn bei Schweden in einem Siel gegen Deutschland der Torhüter zum besten Mann gewählt wird, dann sagt das schon einiges und es zeigt, dass wir nicht chancenlos waren. Wir haben hier gute Werbung für das deutsche Eishockey gemacht, was das Ergebnis harter Arbeit war. Aber wir sind uns auch bewusst, dass die Erwartungshaltung in der Presse und in der Öffentlichkeit steigt."

Patrick Reimer: "Wir können stolz auf dieses Turnier sein. Man ja gesehen, wie die internationale Presse reagiert hat und welche Euphorie auch in Deutschland entstanden ist. Wir haben ein gutes Turnier gespielt und greifen eben im nächsten Jahr wieder an. Schweden war einfach effektiver und hat mit Glück und Können verdient gewonnen. Wir können in jedem Fall erhobenen Hauptes abreisen."

Alex Barta: "Gegen Schweden hätte alles klappen müssen, damit es erneut für eine Sensation gereicht hätte. Das war leider nicht der Fall. Aber wir können stolz auf uns sein, wir haben ein gutes Turnier gespielt. Wir waren im letzten Jahr im Halbfinale, in diesem Jahr im Viertelfinale. Das ist eine gute Bilanz, wir haben den Anschluss zur Weltspitze geschafft."

Korbinian Holzer: "Der Frust ist sehr groß. Wir haben in den letzten vier Spielen sechs Gegentore kassiert, von denen du sonst eines pro Jahr bekommst. Wir haben alles versucht und viel Pech gehabt. Wir können aber stolz auf das Erreichen des Viertelfinals sein."

Per Märts (Trainer Schweden): "Ich bin sehr glücklich. Wir haben uns gegen eine Mannschaft durchgesetzt, die schwer zu spielen ist. Offensiv waren wir heute sehr gut. Aber die vielen Scheibenverluste haben mir nicht gefallen. Da müssen wir uns verbessern."

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Vor dem Spiel: Dennis Endras steht erneut zwischen den Pfosten. Das war klar. Im Vergleich zum Tschechien-Spiel müssen Daniel Kreutzer und Thomas Greilinger auf die Tribüne, dafür kehren Marcus Kink und Frank Mauer ins Team zurück und bilden mit Alex Barta die vierte Reihe. Die deutsche Mannschaft startet wieder mit Robert Dietrich und Justin Krueger in der Abwehr. Die erste Sturmreihe bilden wie im gesamten Turnier Andre Rankel, Kai Hospelt und Michael Wolf. Die Schweden beginnen mit Viktor Fasth im Tor, Carl Gunnarsson und David Petrasek in der Abwehr sowie Martin Thörnberg, Patrik Berglund und Magnus Pääjärvi im Sturm.

1.: TOR FÜR SCHWEDEN! Schon wieder Scheibenpech! Berglund legt die Scheibe durch gefühlte zehn Männer an die blaue Linie zurück. Thörnberg ist der Abnehmer und knallt die Scheibe Richtung Tor. Erst fälscht Wolf ab, dann Dietrich mit dem Körper. Keine Chance für Endras.

3.: TOR FÜR DEUTSCHLAND! Remember 2010: Alex Barta mit dem Ausgleich wie bei der Heim-WM! Mauer lupft die Scheibe an der Mittellinie auf geniale Weise durch drei Schweden auf die linke Seite, wo Barta auf und davon zieht. Alleine vor Fasth behält er die Ruhe und haut die Scheibe ins rechte Kreuzeck.

16.: TOR FÜR SCHWEDEN! Mehr als bitter: Tripp zündet bei einem Break den Turbo und sieht in der Mitte zwei Kollegen. Der Pass kommt aber nicht an. Fasth bringt die Scheibe aber so schnell wieder ins Spiel, dass es sozusagen einen Break vom Break gibt, alle schwedischen Stürmer noch im deutschen Drittel sind und Berglund aus fünf Metern einnetzen kann.

25.: TOR FÜR SCHWEDEN! Wieder war das DEB-Team zu offensiv. Die Schweden lassen die Scheibe schnell durch die neutrale Zone zirkulieren. Auf der rechten Seite ist Nilsson frei, der in der Mitte Persson sieht. Persson fälscht die Scheibe aufs Tor ab. Endras hat das Glück auch nicht gepachtet und bekommt die Scheibe durch die Hosenträger. Den hätte er haben dürfen.

28.: TOR FÜR SCHWEDEN! War's das? An der blauen Linie schieben sich die Schweden die Scheibe hin und her. Rundblad nimmt sich dann ein Herz und haut einfach mal drauf per Handgelenksschuss. Endras lässt den Puck zur Seite abprallen, wo Eriksson steht und einschiebt.

39.: TOR FÜR DEUTSCHLAND! Rankel mit gefühlten 1000 Schussversuchen. Als er es dann mal mit einem Pass probiert, sieht er Wolf genau vor dem Kasten von Fasth. Schläger hinhalten, Puck nachschauen, feiern lassen. So einfach kann es gehen. Deutschland ist wieder im Spiel.

43.: Der Puck ist im deutschen Kasten, aber ist es auch ein Tor? Nein, ein Ref hat davor schon abgepfiffen. Endras hatte die Pranke schon auf der Scheibe. Das wäre wohl der letzte Nagel in den Sarg gewesen.

49.: TOR FÜR SCHWEDEN! Wieder geht das Tor auf die Kappe von Berglund und Thörnberg. Erst versucht's Berglund selber. Sein Schuss wird aber abgewehrt. Beim zweiten Mal sieht er den besser positionierten Thörnberg, der die Scheibe aus kurzer Distanz in den Kasten bugsiert.

Der Star des Spiels: Patrik Berglund. Die erste Sturmreihe der Schweden ist im gesamten Turnierverlauf schon der Motor ihres Spiels. Center Berglund führt die Linie mit Thörnberg und Pääjärvi an und war auch gegen Deutschland richtig stark. Fünf WM-Tore hatte der Mann der St. Louis Blues (22 Saisontore in der NHL) schon vor dem Deutschland-Spiel auf dem Konto. Im Viertelfinale legte er Turniertor Nummer sechs noch nach und bereitete das 1:0 und 5:2 durch Thörnberg vor. Neben Berglund und Goalie Viktor Fasth auch stark: Verteidiger David Petrasek. Ganz erfahrener Mann, der brutal viel Eiszeit erhält und das junge schwedische Team aus der Defensive heraus führt.

Der Flop des Spiels: Dennis Endras. Bei vielen Gegentoren war auch jede Menge Pech im Spiel. Das fing schon gegen Tschechien an. Und das war auch gegen Schweden so. Endras sah oft unglücklich aus, ohne wirklich die Schuld am Gegentor zu tragen. Dennoch: Wenn Deutschland Sensationen schaffen will, geht das nur, wenn Endras absolut überragend hält. Und das war gegen Schweden nicht der Fall. Das 1:3 darf er nicht bekommen, auch sonst war Endras diesmal nicht in der Lage, sein Team mit Big Saves im Spiel zu halten. Ganz im Gegensatz zu Fasth (35 Saves). Schweden hatte den besseren Keeper. Das war nicht allein entscheidend, aber ein ganz wichtiger Aspekt. Gar keinen guten Tag hatte auch Dietrich.

Analyse: Gegen Finnland kassierte das DEB-Team in der ersten Minute ein Tor. Gegen Tschechien kassierte das DEB-Team in der ersten Minute ein Tor. Und gegen Schweden passierte es schon wieder. Und schon wieder war es ein "Eigentor" - was das anbelangt, ist Deutschland ohne Frage Weltmeister in der Slowakei.

Aber das Krupp-Team bewies einmal mehr Moral und schlug durch ein überragend herausgespieltes Tor der neu formierten vierten Reihe sofort zurück. Der Schachzug, den Speed von Mauer und die körperlichen Vorzüge von Kink zu Barta zu stellen, ging perfekt auf. Angetrieben von der Barta-Reihe kam Deutschland im ersten Drittel immer besser ins Spiel. In der Defensive fuhr man sehr gute Checks und ließ die Schweden ihr "Cycle"-Spiel, das auf viel Puck-Kontrolle basiert, nicht aufziehen.

Das DEB-Team wurde immer stärker und erspielte sich sogar ein Übergewicht. Klare Chancen zur Führung waren da, aber als die deutsche Führung fast schon in der Luft lag, lief die Mannschaft etwas zu ungestüm in einen Konter. Für einmal wollte man in der Offensiv zu viel - und sofort wurde es von den Schweden bestraft. So lag man trotz eines famosen Drittels (18:14-Schüsse) nach 20 Minuten in Rückstand.

Im zweiten Drittel bekamen die Tre Kronor das Spiel besser in den Griff. Auch wenn sie in dieser Phase dominierten, half ihnen die DEB-Auswahl, weil sie erneut zu offensiv war und sich auskontern ließ. Die Schweden zeigten sich jetzt unglaublich abgezockt vor dem Tor und nützten ihre Chancen eiskalt aus. Nach dem 4:1 durch NHL-Star Eriksson schien die Partie schon nach 28 Minuten entschieden. Schweden war jetzt überlegen (zwischenzeitlich 12:2-Schüsse im 2. Drittel), aber Deutschland biss sich in der zweiten Hälfte des Drittels noch einmal stark ins Spiel rein.

Lange war es eine Mischung aus schlechter Chancenverwertung (erneut schwaches Power Play) und fehlendem Glück, die den zweiten Treffer verhinderte. Dann wurde die harte Arbeit aber durch das Tor von Wolf doch noch belohnt. Deutschland war wieder im Spiel, am großen Comeback schnupperte man im letzten Drittel aber nicht mehr.

Dafür war Schweden eindeutig zu stark und - so ehrlich muss man sein - qualitativ auch einfach auf einem anderen Level. Gerade in Sachen Torabschluss. Dennoch hat das deutsche Team eine hervorragende WM mit einer zumindest phasenweise hervorragenden Leistung abgeschlossen und kann stolz auf sich sein. Ein Viertelfinale ist für Deutschland aller Ehren wert. Das sollte man nie vergessen.

Der Spielplan der Eishockey-WM in der Slowakei

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